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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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2. Heft
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Rose, Walther: Römisch-germanische Panzerhemden, [2]: Altertum - Zeitalter der Völkerwanderung - Frühes Mittelalter bis zur Karolingerzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0055

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Kostbarkeit zunächst nur das Waffengewand der
vornehmsten Edlen bilden konnte, wie bereits
aus Tacitus (Germania 6) hervorgeht: . paucis
loricae . .
Bei den zahlreichen germanischen Geschichts-
schreibern wird dieses Panzerhemd sowohl mit
-„lorica“ und „thorax“, als auch namentlich in den
Heldengesängen mit„brunia“, der altgermanischen
„Brünne“, bezeichnet (got. brunjö, althochdeutsch
pruniä, angelsächsisch byrne, altnordisch brynja).
Von den verschiedenen Ableitungen dieses
Wortes dürfte diejenige von J. Grimm wohl am
richtigsten erscheinen, wonach die Wurzel in dem
deutschen „brinnan“— brennen, leuchten, zu suchen
ist, gleichlautend mit dem Worte „braun“- leuch-
tend, glänzend, so dafs also diese Schutzwaffe
nach ihrem funkelnden Glanze benannt ist4).
Einen gewissen Anhalt für die allgemeiner
werdende Verbreitung des germanischen Panzer-
hemdes kann man darin finden, dafs, während die
Lex Salica (zwischen 486 und 496) Helm und Brünne
noch nicht besonders erwähnt, letztere dagegen
in der Lex Ripuariorum (zweiten Hälfte des 6. Jahr-
hunderts), sowie später in der Lex Wisigothorum
(641 — 682) wiederholt genannt wird, und zwar
sowohl unter dem Namen „brunia“, als auch ,,zaba“
oder „zava“. So heifst es in Lex Wisigothorum
IX, 2, 9: „Partem aliquam zavis vel loricis muni-
tam5). Diese ungefähre Zeitangabe stimmt auch mit
den Berichten der verschiedenen germanischen

4) Mit dem Ausdruck „brün“ wird insbesondere der
Metallglanz bezeichnet. Deshalb heifst es im Beowulfliede
2619: „Dem Sippen er raubte den braunschönen Helm“.
Athis E. 102: „sin heim brünlühir“. B. 57: „einen Helm von
spiegelbrünin stäle mit manigem goltmäle“. — Ruolandslied
16 x, 4: „Di Christen haten da gefrumt Manigen heim prünen
Bleich und verhourren“. Sowie ebendort: 97,17 und 119, 6.
Siehe auch Jähns a. a. O. S. 430 Anm. **.
5) Ebenso auch Papias: „Zaba, munimentum in proelio
virorum fortium“. Julian Antecessor cap. 304: „Zabas sive
loricas“. Lexic. Gr. MS. Reg. cod. 2062: „Zaßa, ro XwpLoi“.


Abb. 14a. Vorderseite eines römischen genieteten Maschen- und
gleichzeitig auch Schuppenpanzers (Verbindung einer lorica
hamata mit einer lorica plumata) in Originalgröfse (vgl. den
Text in Heft 1 S. 8). Sammlung des Alten Museums in Berlin.


Abb. 14b. Rückseite von Abb. 14a in Originalgröfse.

Geschichtsschreiber überein, nach deren Angaben
das von ihnen stets mit „lorica“ bezeichnete Panzer-
hemd bereits im 5. Jahrhundert, insbesondere
aber im 6. Jahrhundert allgemein zur Aus-
rüstung gehört haben mufs.
Schon der um die Mitte des 5. Jahrhunderts
lebende Dichter Sidonius Apollinaris6) beschreibt
in seinem Panegyricus auf den Sieg des Kaisers
Valerius Maiorianus (457—461) über die Vandalen,
wie sich vandalische Seeräuber mit eisernen
Panzerhemden zum Kampfe rüsten7). Dafs aber
in der Tat unter dem Ausdruck „lorica“ der Ring-
panzer gemeint ist, geht aus einem Briefe des-
selben Schriftstellers an seinen SchwagerEcdicius8)
mit Deutlichkeit hervor, woselbst sehr anschaulich
geschildert wird, wie die franco-romanischen
Krieger nach einem siegreichen Gefecht mit den
Westgoten gelegentlich der Belagerung von Ar-
vern9) (im Jahre 479) ihre von Hieben und Stichen
zertrümmerten Panzerringe untersuchen10).
6) Cajus Sollius Apollinaris Modestus Sidonius, christ-
licher romanischer Schriftsteller, geb. 430 n. Chr. zu Lyon,
Schwiegersohn des römischen Kaisers Avitus, wurde 472
Bischof von Clermont, gest. 487. Von ihm sind erhalten
24 Gedichte und 9 Bücher Briefe.
7) Sidon. Apoll.: Panegyricus Domino Imperatori Caesari
Julio Valerio Maioriano Augusto. Carmen V, Vers 399/400:
„Pars ferrea texta concolor induitur“. (Ausgabe von
Paul Mohr, Leipzig 1895, S. 269.)
8) Ecdicius war der Sohn des römischen Kaisers
Avitus und der Schwager des Sidonius Apollinaris.
9) Diese im Burgunderlande gelegene Stadt war
damals noch romanisch.
10) Sidon. Apoll.: Liber III epist. III: Alii caesirn
atque punctim foraminatos circulos loricarum digitis
livescentibus metiuntur“ (Mohr a. a. O. S 56). Die-
selbe Erzählung findet sich auch in der späteren
Historia Francorum des Gregor von Tours, über II,
cap. 24. Der überaus charakteristische Ausdruck „digi-
tis livescentibus“ erinnert, wie bereits Lindenschmit
in seinem „Handbuch der deutschen Altertumskunde“
(Braunschweig 1880/89) S. 269 Anm. * hervorhebt,
an die mittelalterliche Bezeichnung „harnaschvar“ -
harnischfarben, also an die Eisenfarbe, welche der Ge-
brauch des Panzerhemdes dem Körper mitteilt. Über
letzten Punkt s. die Ausführungen im Text weiter unten
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