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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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11. Heft
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Diener von Schönberg, Alfons: Das Fürstliche Zeughaus zu Schwarzburg: Festschrift zur Hauptversammlung des Vereins für historische Waffenkunde in Blankenburg 24. bis 26. Juni 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0386

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11. HEFT

A. DIENER-SCHÖNBERG, DAS FÜRSTLICHE ZEUGHAUS ZU SCHWARZBURG

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RVDOLSTAT, letztere die Nürnberger Beschau und auf dem Schlofs eine Marke in Scherenform
mit den Buchstaben C. S.
Wenden wir uns nunmehr dem grofsen Gebiete der Steinschlofsgewehre zu.
Da fällt zunächst die Büchse Nr. 989 auf (siehe Abb.). Der achtkantige Lauf von 98,5 cm
Längre mit 8 Zünen und einem Kaliber von 10 mm hat nichts Besonderes an sich. Wohl aber ist
die Form des Kolbens bemerkenswert, der noch ganz an die kurzen deutschen Kolben der Rad-
schlofsbüchsen erinnert; auch der Abzugsbügel mit der markierten Fingeranlage stimmt hierzu.
Verziert ist der Kolben durch Einlagen von gravierten Eisenplatten, der Vorderschaft durch einen
geschnitzten Tierkopf. Das Schlofs ist ein Schnappschlofs mit Stecher. Die Federn des Hahnes,
der eine ganz eigentümlich langgestreckte, primitive Form hat, liegen auf der Innenseite des
Schlofsbleches. Ossbahr vermutet für diese Büchse eine schwedische Herkunft und sagt, dafs „Form
und Ornierung charakteristisch für die in Schweden unter holländischem Einflufs von der Mitte des
17. Jahrhunderts verfertigten Jagdgewehre“ sei. Diese Vermutung wird aber zur Gewifsheit durch
das Inventar der Rudolstädter Rüstkammer von 1686, das „eine Braungeschäffte und mit Eisen
eingelegte gezogene Schwedische Flinde“ anführt. Denn dieser Eintrag ist wohl mit Sicherheit auf
das vorliegende Stück zu beziehen. — Die Flinte Nr. 992 (siehe Abb.) hat einen 1,085 m langen,
achtkantigen Lauf, der die Bezeichnung ZEGIDI GSEL ARTZBRG 1651 trägt, und ein Kaliber von
10 mm. Der braune Schaft, der in einem wuchtig ausladenden Kolben nach französischer Art
endet, ist mit eingestanzten Ornamenten und eingeschlagenen Eisenstiften geschmackvoll verziert.
An dem Hahne des mit M. G. 1651 bezeichneten Steinschlosses sehen wir die sogenannte Fall-
sicherung — die sich in der Praxis wenig bewährte — angebracht: Eine hinter dem Hahne an-
gebrachte schmale eiserne „Klappe“ stemmt sich mit ihrer Stirnseite gegen einen nasenartigen
Ansatz an der unteren Seite des Flahnes und verhindert so das Niederschlagen desselben. Der
Abzugbügel ist löffelförmig verbreitert. — Sehr schon ist der 75,5 cm lange, gebläute Lauf der
Flinte Nr. 996 (siehe Abb.), der in seiner erst gerippten, dann runden Form einigermafsen an Com-
minazzoläufe erinnert. Der Hahn des Steinschlosses, das GIO BOTTI bezeichnet ist, und ebenso
die rückwärtige Spitze des Schlofsbleches sind schön in Eisen geschnitten. Der Schaft trägt Be-
schläge von geschnittenem und vergoldetem Messing, das die gleichen Motive — Blumen und
Drachen — aufweist. Jedenfalls ist das Stück eine italienische Arbeit vom Ausgange des 17. Jahr-
hunderts. — Einen ganz eigentümlich derben, um nicht zu sagen rohen Eisenschnitt zeigt der 50,5 cm
lange Lauf der Flinte Nr. 998 (siehe Abb.), der sich in der Mitte etwas verjüngt und nach der
Mündung zu wieder verstärkt. Eine Fülle von figürlichen Darstellungen ist darauf angebracht:
Ein Kruzifixus, daneben ein auf einem Totenkopf knieender Mann und ein nacktes Weib, musizierende
Engel, Krieger, Mann und Weib usw. Das .Schlofs weist etwas Gravierung auf, der Schaft nur
eiserne Beschläge. Mährend die beiden letzteren Teile dem Anfänge des 18. Jahrhunderts ange-
hören, dürfte der Lauf um etwa 100 Jahre früher anzusetzen sein. — Einen tiefen, aber nicht
sonderlich feinen Eisenschnitt zeigt auch der hintere Teil des 111,5 cm langen Laufes der Flinte
Nr. 1002 (siehe Abb.). Dargestellt sind hier Reiterfiguren in Medaillons und ein Frauenkopf, dazu
noch etwas rein dekoratives Beiwerk. Bezeichnet ist der Lauf mit C R und I R, das etwas gravierte
Schlofs mit A SEDAN. Der Schaft mit französischem Kolben weist nichts Besonderes auf. —
Ebenso einfach ist der helle Schaft der Flinte Nr. 1007 (siehe Abb*). Aber der sehr tiefe Eisen-
schnitt des 1,13 m langen Laufes ist bedeutend besser; er zeigt einen Heiligen Georg, sowie einen
Herrn mit einer Dame. Das Schlofsblech ist an seinem Ende in Form eines Tierkopfes ausge-
schnitten und etwas mit Blumen graviert. Ende 17. Jahrhundert. — Ein interessantes, hübsch
graviertes Schnapphahnschlofs spanischer Art besitzt die italienische Flinte Nr. 1025 (siehe Abb.),
die bereits dem 18. Jahrhundert angehört. Der vordere runde Teil des 98 cm langen Laufes wächst
aus einer (in Eisen geschnittenen) Krone, die den Abschlufs des achtkantigen Teiles bildet. Die
verschiedenen auf dem Lauf befindlichen Marken bildet Ossbahr ab. Aufser ihnen zeigt derselbe
noch die Inschrift: TORCHIO, was Ossbahr dem häufigeren Canna a torcione gleichsetzt. Der
Nufsbaumschaft geht nur bis knapp an das Ende des kantigen Laufteiles, der Kolben trägt einfache
Messingbeschläge. Auch der Abzugbügel ist hier von Holz. — Zwei zusammengehörige Pracht-
stücke des Rokoko — zu denen auch noch ein Paar Pistolen (siehe unten) gehört — sind die Flinte
Nr. 1071 und die Büchse Nr. 1072 (siehe Abb.). Der Lauf der Flinte ist 99,5 cm lang, von sehr
eleganter t orm und auf der Oberseite leicht abgeflacht. Der hintere Teil ist mit sehr feinen und
schönen Ornamenten in Gold geschmückt, das durch verschiedene Legierungen verschiedenfarbig
erscheint. Der Lauf der Büchse ist kräftiger, achtkantig und nur 67,5 cm lang, dabei in gleicher

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