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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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12. Heft
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Reimer, Paul: Vom Schwarzpulver
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0407

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378

PAUL REIMER, VOM SCHWARZPULVER

IV. BAND


Abb. ii. Siebkörnmaschine von Lefevre.

Aufserdem wurde der erfolgreiche Versuch ge-
macht, die Holzkohle in geheizten, gufseisernen
Retorten zu erzeugen, wobei die Destillations-
produkte später in einer Kühlanlage kondensiert
wurden (Holzteer) und willige Abnehmer fanden.
Noch immer wurde nur eine Pulversorte her-
gestellt, deren Dosierung 74 Teile Salpeter,
16 Teile Kohle und 10 Teile Schwefel war, und
deren gröbere Körner das „Ordinärpulver“ (für
Geschütze), die feineren das „Feinpulver“ (für
Musketen) bildeten. Daneben wurde für die Jäger-
Bataillone noch ein „Pirschpulver“ aus besonders
harten Kuchenstücken hergestellt, deren Satz
schon mehrmals durch die Läufer gegangen war.
Zu einem weiteren bedeutenden Fortschritt
gelangte die Pulverfabrikation auf einem eigen-
tümlichen Umwege. Ein Baron Champy, Mitglied
der öffentlichen Verwaltung des Pulvers und Sal-
peters in Paris, hatte 1795 ein Verfahren aus-
findig gemacht, das Pulver auf einem durchaus
anderen Wege zu körnen. Er hatte bemerkt,
dafs sich bereits etwas verdichteter Pulversatz

von einem gewissen Feuchtigkeitsgehalt beim
Rollieren in Fässern zu rundlichen Körnern zu-
sammenballte, welche, gehörig getrocknet, ein
sehr festes rundes Pulver gaben. Er baute dieses
Verfahren weiter dahin aus, dafs er die Stoffe
überhaupt nicht in der Stampf- oder Läufermühle
kleinte und mengte, sondern hierzu eine Trommel
und bronzene Kugeln benutzte. Bei gehöriger
Befeuchtung dieses Satzes bildeten sich beim
weiteren Drehen der Trommel bis faustgrofse
Klumpen, welche, wieder zerschlagen und durch
ein Körnsieb gelassen, beim weiteren Rollieren
und Anfeuchten in der Trommel die gewünschten
rundlichen Körner ergaben, indem sich an die
härteren Teilchen (Kerne) der Pulverstaub infolge
der Feuchtigkeit ansetzte und jedes Korn ver-
gröfserte. Beim Trocknen der so erhaltenen
runden Körner schwitzte natürlich der Salpeter
aus, die Körner wurden fest, aber weniger ent-
zündlich. Eine besondere ballistische Überlegen-
heit dem bisherigen Pulver gegenüber hatte dieses
„runde Pulver“ indessen keineswegs, und so fand
es in Frankreich nur vorübergehend Eingang,
als während der Revolutions-Kriege viel Pulver
gebraucht wurde, denn das Verfahren war erheb-
lich kürzer als das sonst übliche. Trotzdem ge-
lang es dem Sohne des Erfinders, durchzusetzen,
dafs im Jahre 1827 ein Versuch mit dem neuen
Verfahren in der Berliner Fabrik gemacht wurde,
den er persönlich leitete. Nach den Berichten
scheint er die Sache etwas genial aufgefafst zu
haben, er erzielte auch hier keine greifbaren Er-
folge, auch brannte die ganze mit erheblichen
Kosten hergestellte Anlage im Jahre 1831 nieder.
Trotzdem waren durch diesen anscheinend
völlig mifslungenen Versuch neue befruchtende
Ideen in die Pulverfabrikation getragen worden,
die zu einer völligen Umgestaltung des bisherigen
Verfahrens führten, nämlich:
1. Das Kleinen und Mengen der Bestandteile
in Trommeln hatte sich ausgezeichnet bewährt
und wurde beibehalten, später sogar auf das
Polieren und Entstauben ausgedehnt.
2. Der jüngere Champy hatte sich zur Her-
stellung d'er Kuchen für die Kerne einer Hebel-
presse bedient, dieselbe wurde für die Folge auch
zur Herstellung der Kuchen für das eckige Pulver
benutzt und verdrängte die Läufer.
Aufserdem gaben die Champyschen Versuche
Gelegenheit, die einzelnen Stadien der Pulver-
bereitung genau zu prüfen und in langen Ver-
suchsreihen den Einflufs verschiedener Abände-
rungen auf das fertige Pulver und seine Eigen-
schaften festzustellen. So entstand als Endergeb-
nis ein erheblich verbessertes Pulver, welches den
 
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