492 Der Zug nach Verſailles in den Oktobertagen 1789.
begleitet von den Gardes du Corps, wieder mit dem Kronprinzen
zurück.
Bis dahin hatte ſich das Feſt noch innerhalb der Grenzen
der Dezenz bewegt. Der im reichſten Maße geſpendete feurige
Wein, die Muſik und die Anweſenheit der ſchönſten Damen von
Hof und Stadt begeiſtern die Verſammelten zu immer geſteigertem,
frenetiſchem Jubel. Plötzlich erhebt ſich die durch das bereits früher
vorgetragene und auch während der Anweſenheit der Majeſtäten
wiederholte Lied:!
O Richard! ö mon roi!
L’univers t’abandonne,
begeiſterte Feſttafel und begibt ſich mit der Muſik in den Marmor—
ſaal vor den Balkon des Königs, wo man zu tanzen und zu
ſingen beginnt und wiederum in Hochrufe auf den König aus—
bricht. Dazwiſchen öffnet ſich der königliche Balkon, und Soldaten
verſchiedener Art, worunter auch Perceval, der Adjutant des Kom—
mandanten der Nationalgarde von Verſailles, erklettern denſelben.
Als man am wenigſten daran denkt, erſcheinen der König und die
Königin inmitten dieſer Gruppe und werden von Freudenrufen
begrüßt. Nachdem ſich die Majeſtäten entfernt haben, begibt man
ſich auf die Terraſſe, wo man bis ſpät in die Nacht hinein unter
Muſik, Tanz und mutwilligen Scherzen zubringt.
So hätte das Feſt, harmlos in ſeiner Tendenz, die Treue
gegen das Königshaus zu befeſtigen, vielleicht keinen beſonderen
Anſtoß erregt, wenn nicht ein Vorfall während desſelben verhängnis—
volle Folgen veranlaßt hätte.
Während des Bankettes hatten ſich, und zwar, wenn das
Organ von Gorſass recht berichtet, auf den Ruf eines Offiziers:
1Me. Campan, II, S. 70 und 71.
Ich habe von der Mitteilung der von Ferrières (, S. 279 - 281) aus-
führlich erzählten, von Bertrand de Molleville und anderen in etwas verſchiedener
Faſſung dargeſtellten, von anderer Seite entweder für unwahr erklärten oder
doch angezweifelten Epiſode abgeſehen. Man wird dem Autor von Webers
Memoiren darin zuſtimmen, daß die Sache nicht eben beſondere pſychologiſche
Wahrſcheinlichkeit für ſich hat; wenn er dagegen behauptet, daß die Erzählung
bloß von den Jakobinern erdichtet worden ſei, ſo ſteht dem das von Frau Campan
.S. 72) Mitgeteilte entgegen. Nach Frau Campan wäre es allerdings 'ein
Soldat des flandriſchen Regimentes gewefen, der ſich aus Reue darüber, daß er
ſich von der orleaniſtiſchen Partei“beſtechen ließ, den Tod gegeben hätte,
während Ferrieres von einem Jäger der drei Bistümer ſpricht. Beruht aber
die Erzählung tiberhaupt auf Wahrheit, ſo würde wohl die von beiden erwähnte
Perſönlichkeit als identiſch zu betrachten fein.
Gorſas' Bericht über das Feſt, deſſen große Exaktheit „bis auf die Ko—
begleitet von den Gardes du Corps, wieder mit dem Kronprinzen
zurück.
Bis dahin hatte ſich das Feſt noch innerhalb der Grenzen
der Dezenz bewegt. Der im reichſten Maße geſpendete feurige
Wein, die Muſik und die Anweſenheit der ſchönſten Damen von
Hof und Stadt begeiſtern die Verſammelten zu immer geſteigertem,
frenetiſchem Jubel. Plötzlich erhebt ſich die durch das bereits früher
vorgetragene und auch während der Anweſenheit der Majeſtäten
wiederholte Lied:!
O Richard! ö mon roi!
L’univers t’abandonne,
begeiſterte Feſttafel und begibt ſich mit der Muſik in den Marmor—
ſaal vor den Balkon des Königs, wo man zu tanzen und zu
ſingen beginnt und wiederum in Hochrufe auf den König aus—
bricht. Dazwiſchen öffnet ſich der königliche Balkon, und Soldaten
verſchiedener Art, worunter auch Perceval, der Adjutant des Kom—
mandanten der Nationalgarde von Verſailles, erklettern denſelben.
Als man am wenigſten daran denkt, erſcheinen der König und die
Königin inmitten dieſer Gruppe und werden von Freudenrufen
begrüßt. Nachdem ſich die Majeſtäten entfernt haben, begibt man
ſich auf die Terraſſe, wo man bis ſpät in die Nacht hinein unter
Muſik, Tanz und mutwilligen Scherzen zubringt.
So hätte das Feſt, harmlos in ſeiner Tendenz, die Treue
gegen das Königshaus zu befeſtigen, vielleicht keinen beſonderen
Anſtoß erregt, wenn nicht ein Vorfall während desſelben verhängnis—
volle Folgen veranlaßt hätte.
Während des Bankettes hatten ſich, und zwar, wenn das
Organ von Gorſass recht berichtet, auf den Ruf eines Offiziers:
1Me. Campan, II, S. 70 und 71.
Ich habe von der Mitteilung der von Ferrières (, S. 279 - 281) aus-
führlich erzählten, von Bertrand de Molleville und anderen in etwas verſchiedener
Faſſung dargeſtellten, von anderer Seite entweder für unwahr erklärten oder
doch angezweifelten Epiſode abgeſehen. Man wird dem Autor von Webers
Memoiren darin zuſtimmen, daß die Sache nicht eben beſondere pſychologiſche
Wahrſcheinlichkeit für ſich hat; wenn er dagegen behauptet, daß die Erzählung
bloß von den Jakobinern erdichtet worden ſei, ſo ſteht dem das von Frau Campan
.S. 72) Mitgeteilte entgegen. Nach Frau Campan wäre es allerdings 'ein
Soldat des flandriſchen Regimentes gewefen, der ſich aus Reue darüber, daß er
ſich von der orleaniſtiſchen Partei“beſtechen ließ, den Tod gegeben hätte,
während Ferrieres von einem Jäger der drei Bistümer ſpricht. Beruht aber
die Erzählung tiberhaupt auf Wahrheit, ſo würde wohl die von beiden erwähnte
Perſönlichkeit als identiſch zu betrachten fein.
Gorſas' Bericht über das Feſt, deſſen große Exaktheit „bis auf die Ko—