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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Gebhardt, Bruno: Johann Sleidan
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0556

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546 ; Johann Sleidan.

Johann Sleidan.

Das hiſtoriſche Urteil über die Bedeutung einer Perſönlichkeit wird ſich, nicht
in letzter Reihe, nach der Beantwortung der Frage bilden: Was war der Mann
ſeiner Zeit, und wie hat er in der Nachwelt fortgewirkt?“ Es gibt ephemere
Größen, die ihren Zeitgenoſſen ſehr glänzend erſchienen, deren Glanz aber vor
dem kritiſchen Auge der Nachwelt erbleicht; es gibt andererſeits ſtillwirkende
Männer, die zu ihren Lebzeiten unerkannt in ihrer Größe unter den Menſchen
wandelten und denen erſt von den Epigonen der gebührende Platz angewieſen,
deren weittragender Einfluß auf die Geſamtheit erſt ſpäter erkannt wird.
Die echte Größe verbindet beides: Ihr ſpenden Zeitgenoſſen und Nachlebende den
Ruhm und Dank, den ſie verdient, weil ihr Schaffen für beide von Einfluß
und Wert war.

Johann Sleidan, der Hiſtoriker der Reformation, muß zu den letzteren ge—
rechnet werden, wenn des beſten Kenners! ſeines Lebens und Wirkens Worte
wahr ſind: „Von dem Augenblicke an, wo Sleidans Kommentare erſchienen, bis
tief ins 18. Jahrhundert hinein iſt die Bildung, wenigſtens die hiſtoriſche Bildung,
nicht nur des proteſtantiſchen Deutſchlands, ſondern der proteſtantiſchen Welt, in
einem Umfange von den Schriften dieſes Mannes beſtimmt worden, den man
ſich kaum zu groß denken kann. Bereits im 16. Jahrhundert begann man an
den Univerſitäten Vorleſungen über ihn zu halten und noch gegen das Ende
des 18. Jahrhunderts finden wir deutſche und franzöſiſche Gelehrte mit neuen
Ausgaben und Ueberſetzungen beſchäftigt.“

Trotz ſeiner Bedeutung war die Forſchung über ihn ganz brachliegend, bis an
einige Bemerkungen Rankes ſich eine Kontroverſe ſchloß, die zu kritiſchen Unter—
ſuchungen über ſein Hauptwerk hinführten. Nachdem Baumgarten alles, was
aus der Korreſpondenz Sleidans noch zuſammenzubringen war, geſammelt hat,
konnte mit Benutzung dieſes Materials folgende Skizze entworfen werden.

Johann Sleidan wurde, nach den Mitteilungen älterer Biographen, im
Jahre 1506 zu Sleiden in der Eifel, dem Stammſitz der Grafen von Mander—
ſcheid, geboren. Ueber ſeine Jugendentwickelung und erſte Mannsthätigkeit ſind
wir nur mit geringer Sicherheit informiert. Er ſoll mit ſeinem Landsmann
Johann Sturm gemeinſchaftlich die Schule der Vaterſtadt beſucht haben, im Alter
von dreizehn Jahren nach Lüttich gegangen ſein und nach einem dreijährigen
Aufenthalt daſelbſt die Univerſität zu Köln bezogen haben. In der Matrikel
der Univerſität findet ſich allerdings weder der Name Sleidan, noch Philippſon,
wie der Vatername gelautet haben ſoll, ſo daß ein ſicherer Beweis für einen
Aufenthalt in Köln ſich nicht geben läßt, dagegen bezeugt ein Brief an den Profeſſor
der griechiſchen Sprache in Löwen, Rutgerus Rescius — der früheſte Brief, der
von ihm überhaupt exiſtiert — daß er daſelbſt ſeinen Studien obgelegen habe.

Hermann Baumgarten, Ueber Sleidans Leben und Briefwechſel, Straßburg 1878 und
Sleidans Briefwechſel, Straßburg 1881. Die Unterſuchung ſeiner Kommentare von Ranke, Paur,
Kampſchulte, Senden und Weiſe.
 
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