Ein Stillleben vor dem Sturme. 867
früheren Faſſung zu erkennen und ergänzte den Plan, wie die Pläne zur Nau—
ſikaa, Iphigenie zu Delphi und Prometheus. Den Anteil Goethes an den
Frankfurter Gelehrten Anzeigen (1772) legte er dar und ſchrieb zu dem von
Seuffert beſorgten Neudruck eine wichtige leſenswerte Einleitung (1889.
Ueberall entzückt er durch die Klarheit und Eleganz ſeiner Darſtellung, durch
das Originelle ſeiner Auffaſſung und nötigt auch dem Gegner Achtung vor
ſeinem Scharfſinn und ſeiner Gelehrſamkeit ab. Sein Tod reißt eine weit—
klaffende Lücke in die deutſche Philologie und die moderne Litteraturgeſchichte,
ſein Verluſt iſt unerſetzlich. Er war einer der erſten, welcher die Wichtigkeit von
Arbeiten über die neuere deutſche Litteratur betonte und die Errichtung von Lehr—
kanzeln für dieſelbe verlangte. So hat er weſentlich zu einer Erweiterung der
Germaniſtik beigetragen und theoretiſch wie praktiſch für dieſelbe gewirkt. Sein
beredter Mund iſt geſchloſſen für ewig, aber ſein Andenken lebt fort in ſeinen
Werken und ſeiner Lehre, welche weiterwirken werden zum Segen der Wiſſenſchaft.
St. Gilgen, Goethes Geburtstag 1886. SE er nn
Ein Stillleben vor dem Sturme.
Sonnige Tage aus dem Leben der Königin Luiſe von Preußen.
„Sie wär' in Hütten Königin der Herzen,
Sie iſt der Anmut Göttin auf dem Thron.“
In keiner der mir zur Hand gekommenen Darſtellungen des kurz bemeſſenen
Erdendaſeins der unvergeßlichen Königin Luiſe iſt des Verweilens derſelben an
der Seite ihres königlichen Gemahls im Fichtelgebirge — Sommer 1805 —
eingehender gedacht. An ſich iſt das in keinem Falle zu verwundern. Was
bedeutet eine „Sommerfriſche“, ſelbſt wenn ſie dem Biographen bekannt geworden.
ſein ſollte, der Flucht der kranken Königin nach Memel, der Tilſiter Demütigung,
der heroiſchen Größe der Dulderin im Unglück gegenüber? — Und doch bildet
jene Idylle thatſächlich eines der anmutigſten Blätter in dieſer leider auch ſolcher
tiefſchmerzlichen Züge nicht entbehrenden Lebensgeſchichte.
Das königliche Paar hatte von Baireuth aus in Alexandersbad, im Schoße
des Fichtelgebirgs, Aufenthalt genommen. Das ſchlichte, biedere Gebirgsvolk
war — der Ausdruck iſt kaum übertrieben — trunken von dem ihm zu teil
gewordenen Glücke, Landesvater und Landesmutter in ſeiner Mitte ſehen zu
können. Dazu die Leutſeligkeit des Königs, der Liebreiz, die Milde und das
Wohlwollen, das in der hoheitvollen Erſcheinung der geliebten Königin zum
Ausdruck kam! — „Es iſt nur eine Stimme für den König — und die Königin
vorzüglich. Die der Königin eigene Anmut und Freundlichkeit gewinnt alle für
ſie. Jeder geht zufrieden von dannen, wenn er die Königin freundlich lächeln
früheren Faſſung zu erkennen und ergänzte den Plan, wie die Pläne zur Nau—
ſikaa, Iphigenie zu Delphi und Prometheus. Den Anteil Goethes an den
Frankfurter Gelehrten Anzeigen (1772) legte er dar und ſchrieb zu dem von
Seuffert beſorgten Neudruck eine wichtige leſenswerte Einleitung (1889.
Ueberall entzückt er durch die Klarheit und Eleganz ſeiner Darſtellung, durch
das Originelle ſeiner Auffaſſung und nötigt auch dem Gegner Achtung vor
ſeinem Scharfſinn und ſeiner Gelehrſamkeit ab. Sein Tod reißt eine weit—
klaffende Lücke in die deutſche Philologie und die moderne Litteraturgeſchichte,
ſein Verluſt iſt unerſetzlich. Er war einer der erſten, welcher die Wichtigkeit von
Arbeiten über die neuere deutſche Litteratur betonte und die Errichtung von Lehr—
kanzeln für dieſelbe verlangte. So hat er weſentlich zu einer Erweiterung der
Germaniſtik beigetragen und theoretiſch wie praktiſch für dieſelbe gewirkt. Sein
beredter Mund iſt geſchloſſen für ewig, aber ſein Andenken lebt fort in ſeinen
Werken und ſeiner Lehre, welche weiterwirken werden zum Segen der Wiſſenſchaft.
St. Gilgen, Goethes Geburtstag 1886. SE er nn
Ein Stillleben vor dem Sturme.
Sonnige Tage aus dem Leben der Königin Luiſe von Preußen.
„Sie wär' in Hütten Königin der Herzen,
Sie iſt der Anmut Göttin auf dem Thron.“
In keiner der mir zur Hand gekommenen Darſtellungen des kurz bemeſſenen
Erdendaſeins der unvergeßlichen Königin Luiſe iſt des Verweilens derſelben an
der Seite ihres königlichen Gemahls im Fichtelgebirge — Sommer 1805 —
eingehender gedacht. An ſich iſt das in keinem Falle zu verwundern. Was
bedeutet eine „Sommerfriſche“, ſelbſt wenn ſie dem Biographen bekannt geworden.
ſein ſollte, der Flucht der kranken Königin nach Memel, der Tilſiter Demütigung,
der heroiſchen Größe der Dulderin im Unglück gegenüber? — Und doch bildet
jene Idylle thatſächlich eines der anmutigſten Blätter in dieſer leider auch ſolcher
tiefſchmerzlichen Züge nicht entbehrenden Lebensgeſchichte.
Das königliche Paar hatte von Baireuth aus in Alexandersbad, im Schoße
des Fichtelgebirgs, Aufenthalt genommen. Das ſchlichte, biedere Gebirgsvolk
war — der Ausdruck iſt kaum übertrieben — trunken von dem ihm zu teil
gewordenen Glücke, Landesvater und Landesmutter in ſeiner Mitte ſehen zu
können. Dazu die Leutſeligkeit des Königs, der Liebreiz, die Milde und das
Wohlwollen, das in der hoheitvollen Erſcheinung der geliebten Königin zum
Ausdruck kam! — „Es iſt nur eine Stimme für den König — und die Königin
vorzüglich. Die der Königin eigene Anmut und Freundlichkeit gewinnt alle für
ſie. Jeder geht zufrieden von dannen, wenn er die Königin freundlich lächeln