Mittelalterliches Banditenweſen. 469
wahrhaft Ehrfurcht einflößende Erſcheinung dieſes Nordlandſohnes (er war aus
Flensburg) vor ſeiner letzten Reiſe nach Italien geſehen hatte, konnte nicht ahnen,
wie bald dieſe Eiche gefällt ſein würde. Auf ſeinen Abgang war die hiſtoriſche
Welt Deutſchlands noch lange nicht gefaßt und ſie wird ſeinen Verluſt ſchwerer
verwinden als den Rankes. Denn Waitz war mit dem jungen Geſchlechte
rüſtiger Förderer der Forſchung in der alten und mittleren deutſchen Geſchichte.
aufs innigſte verbunden, ſein Anſehen auf dieſem Gebiete blieb unerreicht, ſo
weit die deutſche Zunge klingt, und befähigte ihn zu einer Fithrer- und Feld—
herrenſtellung, die nicht ſo bald wieder eingenommen werden wird. Es hieß
etwas und wird noch lange eine gute Empfehlung für jeden Kandidaten des
hiſtoriſchen Lehramtes ſein, bei Waitz gehört zu haben, noch mehr aber, von
Waitz zu den Arbeiten der, „Monumentiſten“ herangezogen worden zu ſein.
Sein ſtrammes Regiment hat ſegensreich über dem größten geſchichtlichen Unter—
nehmen unſeres Jahrhunderts gewaltet, er war ein würdiger Nachfolger des edlen
Pertz geweſen; mit gerechter Sorge um Erſatz wird die Redaktion der „Forſchungen
zur deutſchen Geſchichte,“ die Berliner Akademie, die Münchener hiſtoriſche Kom—
miſſion die friſche Thatkraft des Dahingeſchiedenen vermiſſen!
Mittelalterliches Banditenweſen.
Im erſten Bande ſeines „Deutſchen Geſellſchaftslebens im endenden Mittel—
alter“t erzählt Guſtav von Buchwald mit Berufung auf glaubwürdige Quellen
einige Begebenheiten, welche den Beweis liefern, daß das Banditenweſen jener
Zeit nicht nur mit dem Raubrittertum in Verbindung ſtand, ſondern ſeinen
Halt auch bei Bürgern und geiſtlichen Würdenträgern fand, die nicht durch Armut
und Not, wie meiſtens die herabgekommenen Junker, auf den Weg des Ver—
brechens gedrängt worden waren. Die Lübecker Chronik des Rufus teilt die Er—
lebniſſe eines Kaufmannes aus Speier mit, der im Jahre 1419 in Geſchäften
nach Straßburg reiſte. Unterwegs kam er an ein Holz, da verrannte ihm ein
Räuber den Weg. Die beiden ſchauten ſich an, und der Räuber brach in die
Worte aus: „O, mein Schwiegerſohn, dich führt dein Unglück hierher, ich muß
dich morden aus Not!“ Der Kaufmann ſchlug ein Gelächter auf und meinte,
das wäre nur Spaß. „Was ſagſt du, lieber Schwiegervater?“ „Schwiegerſohn,“
lautete die Antwort, „das iſt mir kein Scherz, du mußt ſterben von meiner
Hand!“ Da fiel der Kaufmann, der keine Waffe bei ſich hatte, dem Mörder zu
Füßen und rief: „Schone meiner, lieber Schwiegervater, um deiner Tochter
willen und ihrer kleinen Kinder, und laß mir das Leben! Was du von mir
begehrſt, will ich thun!“ Von dieſer Rede ward der Mörder bewegt und ſagte
Das Buch iſt durch ſeine Beziehung auf viele ſekten benützte Quellen ſehr lehrreich und
durch die gerundete Form der Darſtellung für jeden Leſer anregend und unterhaltend. Eine
innerlich zuſammenhängende und gegliederte Behandlung des gewiß ſehr bedeutungsvollen Gegen—
ſtandes wird man darin nicht zu ſuchen haben, wir finden ziemlich loſe aneinandergereihte Bilder,
keine tief gehenden Erörterungen, zahlreiche Beiſpiele und Belege für kurz ausgeſprochene Anſichten
über häusliche Einrichtung, Familienleben, Erziehung, Schule, Handwerk, Adel, heidniſchen und
chriſtlichen Gottesdienſt, Volksglauben, Zauberer, Heilige, Buchdrucker, Studenten und noch alle
möglichen anderen ſocialen Elemente in ziemlich bunter Reihe. Ein zweiter Band ſoll ſich vor—
wiegend mit dem Wirtſchaftsleben derſelben Zeit befaſſen.
wahrhaft Ehrfurcht einflößende Erſcheinung dieſes Nordlandſohnes (er war aus
Flensburg) vor ſeiner letzten Reiſe nach Italien geſehen hatte, konnte nicht ahnen,
wie bald dieſe Eiche gefällt ſein würde. Auf ſeinen Abgang war die hiſtoriſche
Welt Deutſchlands noch lange nicht gefaßt und ſie wird ſeinen Verluſt ſchwerer
verwinden als den Rankes. Denn Waitz war mit dem jungen Geſchlechte
rüſtiger Förderer der Forſchung in der alten und mittleren deutſchen Geſchichte.
aufs innigſte verbunden, ſein Anſehen auf dieſem Gebiete blieb unerreicht, ſo
weit die deutſche Zunge klingt, und befähigte ihn zu einer Fithrer- und Feld—
herrenſtellung, die nicht ſo bald wieder eingenommen werden wird. Es hieß
etwas und wird noch lange eine gute Empfehlung für jeden Kandidaten des
hiſtoriſchen Lehramtes ſein, bei Waitz gehört zu haben, noch mehr aber, von
Waitz zu den Arbeiten der, „Monumentiſten“ herangezogen worden zu ſein.
Sein ſtrammes Regiment hat ſegensreich über dem größten geſchichtlichen Unter—
nehmen unſeres Jahrhunderts gewaltet, er war ein würdiger Nachfolger des edlen
Pertz geweſen; mit gerechter Sorge um Erſatz wird die Redaktion der „Forſchungen
zur deutſchen Geſchichte,“ die Berliner Akademie, die Münchener hiſtoriſche Kom—
miſſion die friſche Thatkraft des Dahingeſchiedenen vermiſſen!
Mittelalterliches Banditenweſen.
Im erſten Bande ſeines „Deutſchen Geſellſchaftslebens im endenden Mittel—
alter“t erzählt Guſtav von Buchwald mit Berufung auf glaubwürdige Quellen
einige Begebenheiten, welche den Beweis liefern, daß das Banditenweſen jener
Zeit nicht nur mit dem Raubrittertum in Verbindung ſtand, ſondern ſeinen
Halt auch bei Bürgern und geiſtlichen Würdenträgern fand, die nicht durch Armut
und Not, wie meiſtens die herabgekommenen Junker, auf den Weg des Ver—
brechens gedrängt worden waren. Die Lübecker Chronik des Rufus teilt die Er—
lebniſſe eines Kaufmannes aus Speier mit, der im Jahre 1419 in Geſchäften
nach Straßburg reiſte. Unterwegs kam er an ein Holz, da verrannte ihm ein
Räuber den Weg. Die beiden ſchauten ſich an, und der Räuber brach in die
Worte aus: „O, mein Schwiegerſohn, dich führt dein Unglück hierher, ich muß
dich morden aus Not!“ Der Kaufmann ſchlug ein Gelächter auf und meinte,
das wäre nur Spaß. „Was ſagſt du, lieber Schwiegervater?“ „Schwiegerſohn,“
lautete die Antwort, „das iſt mir kein Scherz, du mußt ſterben von meiner
Hand!“ Da fiel der Kaufmann, der keine Waffe bei ſich hatte, dem Mörder zu
Füßen und rief: „Schone meiner, lieber Schwiegervater, um deiner Tochter
willen und ihrer kleinen Kinder, und laß mir das Leben! Was du von mir
begehrſt, will ich thun!“ Von dieſer Rede ward der Mörder bewegt und ſagte
Das Buch iſt durch ſeine Beziehung auf viele ſekten benützte Quellen ſehr lehrreich und
durch die gerundete Form der Darſtellung für jeden Leſer anregend und unterhaltend. Eine
innerlich zuſammenhängende und gegliederte Behandlung des gewiß ſehr bedeutungsvollen Gegen—
ſtandes wird man darin nicht zu ſuchen haben, wir finden ziemlich loſe aneinandergereihte Bilder,
keine tief gehenden Erörterungen, zahlreiche Beiſpiele und Belege für kurz ausgeſprochene Anſichten
über häusliche Einrichtung, Familienleben, Erziehung, Schule, Handwerk, Adel, heidniſchen und
chriſtlichen Gottesdienſt, Volksglauben, Zauberer, Heilige, Buchdrucker, Studenten und noch alle
möglichen anderen ſocialen Elemente in ziemlich bunter Reihe. Ein zweiter Band ſoll ſich vor—
wiegend mit dem Wirtſchaftsleben derſelben Zeit befaſſen.