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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Sauer, August: Joseph Viktor von Scheffel: eine Gedenkrede
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0379

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Sofeph Biktor von Scheffel.'
Eine Gedenkrede

von
Auguſt Hauer.

Als im erſten Dezennium des 13. Jahrhunderts der weithin
berühmte deutſche Minneſänger Reinmar von Hagenau, auch
Reinmar der Alte genannt, vorſchnell aus dem Leben ſchied, da
rief ihm ſein größerer Schüler Walter von der Vogelweide die
wehmütigen und dankerfüllten Worte ins Grab nach:

ich Elage din edelen Rkunst, daz sist verdorben.

da kundest al der werlte fröide mèren,

s duz ze guoten dingen woltes kèren.

mich riuwet din wol redender munt und din vil süezer sane,
daz die verdorben sint bi minen ziten.

da dü niht eine wile mohtest biten!

sö leiste ich dir geselleschaft: min singen ist niht lanc.

din sele müeze wol gevarn, und habe din zunge danc,

Es iſt keine weithergeholte und müßige Spielerei, an mittel—
hochdeutſche Verſe zu erinnern, wenn es das Andenken des Dichters
zu feiern gilt, der die Muſe der mittelhochdeutſchen Poeſie, „die
einſt vielgekannte und vielgenannte Freundin ſtreitbarer und minne—
freudiger Jugend“, die Frau Aventiure, aus dem Dunkel der
Vergeſſenheit wieder heraufgeführt hat zu Licht und Ruhm. Mit
allen Faſern ſeines Weſens wurzelt der Dichter des „Ekkehard“
in der Vergangenheit des deutſchen Volkes; als ausdauernder
ſorgſamer Forſcher hat er ſich in die Denkmale der Vorzeit liebe—

Geſt. am 9. April 1886.
 
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