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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Köhler, Richard: Der Zug nach Versailles in den Oktobertagen 1789
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0076

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66 Der Zug nach Verſailles in den Oktobertagen 1789.

zu zeigen und dieſen nach dem Zimmer der Gardes du Corps der
Königin hinzuweiſen.!

Nicht minder wie in ihrem Verhalten gegen die Königin *
die Menge den Leibgardiſten gegenüber, wie neu das alte Woͤrt
über die Gallier geblieben war: „Raſch auflodernd in Liebe und
Haß . . . veränderlich in ihren Neigungen.“ Als die Gardes du
Corps ihre Bandeliere zum Zeichen der Ergebung abgeworfen,
einige derſelben ſich mit der Nationalkokarde geſchmückt und andere
ihre Hüte mit den Mützen der Grenadiere vertauſcht hatten, wurde
dieſelbe Truppe, die man vorher auf den Tod verfolgt hatte, ein
Gegenſtand der Liebkoſungen; man ließ ſie hochleben und um—
armte ſie.

Die Anzahl der getöteten Gardes du Korps überhaupt, die
ſich während der Tumulte auch nicht annähernd abſchätzen ließ,
wurde ſpäter von Offizieren, welche Augenzeugen geweſen waren,
auf 14 bis 17 angeſchlagen.?

Die Sitzung der Nationalverſammlung für den Vormittag
des 6. war auf 9 Uhr angeſagt; jedoch kamen die Abgeordneten,
was nach den obwaltenden Umſtänden nicht zu verwundern war,
erſt gegen 11 Uhr zuſammen.

Mounier bemerkte, der König ſcheine zu wünſchen, daß ſich
die Abgeordneten zu ihm begäben und daß die Nationalverſamm—
lung im Herkulesſaale tage. Mirabeau erwiderte, daß ſich dies
nicht mit der Würde der Nationalverſammlung vertrage; im Schloſſe
könne ſie nicht frei beraten. Es genüge, eine Deputation zu ſchicken
und eine unmittelbare und ununterbrochene Verbindung zwiſchen
dem Monarchen und der Nation herzuſtellen. Barnave bemerkte
im Einklange mit dem von Mirabeau Vorgeſchlagenen, die Depu—
tation würde den König über ſeine Ueberſiedelung zu befragen
haben. Auf jeden Fall aber dürften ſich der König und die
Nationalverſammlung nicht trennen. Hierauf wurde ein Beſchluß
im Sinne der Vorſchläge Mirabeaus und Barnaves abgefaßt und
dem Könige durch eine Deputation übermittelt. „Mit warmer Em—
pfindung,“ antwortete der König derſelben, „empfange ich die
neuen Beweiſe der Anhänglichkeit der Nationalverſammlung. Mein
Herzenswunſch iſt, wie Sie wiſſen, mich niemals von ihr zu trennen.
Ich werde mich mit der Königin und meinen Kindern nach Paris
begeben. Ich werde die nötigen Anweiſungen erteilen, damit die
Nationalverſammlung ihre Arbeiten fortſetzen kann.“

Nach dem Prozeſſe vor dem Chätelet (Ducoin, S. 71).
2 Clermont-Gallerande J., S. A24.
 
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