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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Ein Hexenprozeß in Osnabrück
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0078

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68 Ein Hexenprozeß in Osnabrück.

ſuche bei Verwandten auf der Schaumburg, dem dortigen Amt—
mann und Amtsſchreiber, aufgehalten. In luſtiger Geſellſchaft
hatte man da beim Zechen, um den Osnaͤbrücker zu necken, zur
Kurzweil erzählt, im Amte Schaumburg ſeien einige Hexen ver—
brannt, welche bekannt haben, daß ſie mit Münſterſchen, Min—
denſchen und Osnabrückſchen Weibern bei Eſſen, da, wo die drei
Stecken ſtehen, zum Tanze zuſammengekommen. Münſter habe
Wein, Minden gute Koſt zu dem Hexengelage geliefert; von Osna—
brück aber ſei das Konfekt aus einer Apothekerbüchſe, gezeichnet
mit H. A., zum beſten gegeben worden.

Der Gaſt von der Schaumburg, leichtgläubig und ſchwatzhaft
zugleich, hatte es ſich angelegen ſein laſſen! die ihm aufgehängte
Geſchichte als Neuigkeit in Minden, Lübbecke und anderen Orten
auf ſeiner Rückreiſe nach Osnabrück auszuplaudern und dann in
Osnabrück ſelbſt ſeine Neuigkeit auf den Markt zu bringen. Der
Eine oder der Andere hatte die neue Kunde kopfſchüttelnd ange—
hört, die eine oder die andere Schwätzerin hatte die mit Neugierde
angehörte Erzählung des von der Reiſe heimgekehrten Stadtkindes
weitergetragen und mit lebendiger Einbildunhskraft und boshafter
Zunge durch andere Einzelheiten ausgeſchmückt; kurz, das Gerede,
die Konfektbüchſe aus der Ameldungſchen Apotheke möge nicht ohne
Zuthun der Frau Apothekerin weghekommen ſein, verbreitete ſich
unter den Leuten. Ameldung, dem ſolches zur Kunde gekommen,
ſetzte ſeinen Vetter Rutger Vortkamp über ſein Geſchwätz zur
Rede. „Er führe keine Büchſen mit Konfekt in ſeinem Geſchäfte
und habe keine ſolche in ſeiner Apotheke vermißt.“ Der Vetter
forderte den Apotheker auf, er möge ſelbſt nach der Schaumburg
ſchreiben. „Für das Wal nicht“ ſagt Ameldung und fügt ſpöttiſch
hinzu, „wenn man auf dem Amte zu Schaumburg die Büchſe aus
ſeiner Apotheke bewahre, ſo möge er ſolche ihm nächſtens mit—
bringen; bis dahin aber möge er ſeinen böfen Mund halten.“

Der einfältige Vetter nimmt aber die ſpöttiſche Rede ernſt—
haft auf, denn als er, ein gewohnter Jahresgaſt, ſeinen Beſuch
auf der Schaumburg wiederholt, bringt er das Geſpräch auf die
Konfektdoſe der Hexen und äußert, daß der Apotheker Ameldung
ihn aufgefordert, die Büchſe mitzubringen. Auf der Schaumburg
denkt man hieraufhin das Narkenwerk mit dem Schwager und
Jetter aus Osnabrück weiterzuſpinnen und erſinnt folgenden, den
Sitten der damaligen Zeit vielleicht entſprechenden Scherz. Man
holt einen alten Krug herbei, füllt ihn heimlich mit einer übel:
riechenden Maſſe aus dem Kuhſtalle, hüllt den Krug in Papier
ein, umſchnürt das Paket mit Siegelgarn und verſieht es mit
 
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