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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Erdmannsdörffer, Bernhard: Bittorio Alfieri
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0144

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134 Vittorio Alfieri.

Ein Buch voll leidenſchaftlichen Haſſes und ingrimmiger Ver—
achtung gegen „den Schwarm aufgeblaſener Pygmäen, der ſich
die große Nation nennt“, und da der Ausdruck ſolcher Stim—
mungen der heißblütigen Muſe Alfieris ganz beſonders nach dem
Herzen iſt, ſo gehören manche dieſer zornerfüllten Rhapſodien zu
dem Wirkungsvollſten, was er geſchrieben hat. Schritt für Schritt
folgt er den Ereigniſſen mit ſeinen erbitterten Verſen. Mit höh—
niſchen Epigrammen feiert er die Kunde von den erſten franzöſiſchen
Niederlagen an der belgiſchen Grenze im Sommer 1792: man
kann ohnmächtig und dabei beſcheiden ſein, oder auch ſtark und
dabei anmaßend —

ma Vesser fiacchi e iwpertinenti à un tratto,
dote rara e novella è vostra affatto.!

Die beginnenden Siege der Franzoſen ſteigern nur ſeinen Haß.
Schon früh hat er ein Vorgefühl davon, daß das Ganze in dem
monarchiſchen Ende eines Säbelregimentes ſeinen Abſchluß finden
werde. Aber als Bonaparte ſeinen Siegeslauf in der Lombardei
beginnt, ſieht er in ihm zunächſt nur den lumpigen „Capitan
Pitocco“, der nach Italien alles ſchleppt, was Frankreich von Spitz—
buben hat, um das begonnene Raubſyſtem im großen weiter zu führen.
Mit erregten Hoffnungen verfolgt er die Kämpfe um Mantua.
Aber nach dem Frieden von Campoformio erkennt er reſigniert,
daß der Himmel gegen Italien iſt und gegen die Sache der Frei—
heit; die Gegenwart iſt verloren, nur die Hoffnung auf eine beſſere
Zukunft bleibt. Aber dieſe ſteht ihm feſt; der Tag wird kommen,
an welchem das italieniſche Volk, erweckt und neu belebt, die
Waffen erhebt gegen die verhaßten Zwingherren, und dann wird
der Geiſt des Dichters mit ſeinem Volke ſein —

al forte fianco sproni ardenti dui,
lor virtà prisca ed i miei carmi, avranno.

Und erſt von dieſem Zeitalter der Erhebung erwartet Alfieri auch
die allgemeine Anerkennung für das, was er dem Vaterlande ge—

1 Doch frech zugleich und kraftlos ſich zu zeigen,

Die edle Gabe iſt nur euch zu eigen.
Misogallo, S. 55, vom 1. Juni 1792. Beſonders charakteriſtiſch ſind dann
im folgenden die zahlreichen Sonette vom September und Oktober 1792 auf die
Mordſcenen in Paris; desgleichen S. 53 das Gedicht auf den Tod Mirxabeaus,
S. 73 ff. eine fingierte Rede Ludwigs XVI. vor dem Convent, S. 125 ff. ein
Geſpräch zwiſchen dem König und Robespierre in der Unterwelt. Intereſſant.
ſind auch die vielfältigen ergrimmten Auslaſſungen des * über die
Aſſignatenwirtſchaft.
 
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