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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Kaemmel, Otto: Aus dem Salbuche eines österreichischen Klosters
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0268

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258 Aus dem Salbuche eines öſterreichiſchen Kloſters.

die Blüte der öſterreichiſchen Ritterſchaft gegen die Böhmen
gefallen war, da ſtiftete Graf Ulrich von Rattelnberg, der Vogt
von Göttweih, dorthin eine Hufe pro suis militibus, qui Mau—
ribergensi bello succubuere, zur Abhaltung von Seelenmeſſen.
Von der Kreuzzugsbegeiſterung wurde vielleicht keine deutſche
Landſchaft ſo früh und ſo tief ergriffen, wie Oeſterreich. Schon
an dem großen deutſch-talieniſchen Zuge vom Jahr 1100 nahm
Markgräfin Ida von Oeſterreich, die Mutter Leopolds III., teil
und ging mit ihm zu Grunde. Eben die Gefährlichkeit der weiten
Fahrt trieb ſolche, die ſie unternahmen, zu frommen Stiftungen,
ſo den Burggrafen von Regensburg, der 1102 in Jeruſalem ſtarb,
oder Ortwin von Kamp, der um 1140 Göttweih zum Erben ſeiner
Habe einſetzte und im heiligen Lande ſtarb. Kam einer glücklich
zurück, wie etwa der Edle Adalbert von Werth um dieſelbe Zeit,
ſo blieb ihm wohl als Ehrenname die Bezeichnung des „Mannes
von Jeruſalem“ (Hierosolymitanus). Auch wer dem Heere des
Kaiſers nach Italien folgte gegen die trotzigen Bürger der Lom—
bardenſtädte, der that gut, für ſein Seelenheil durch eine fromme
Stiftung zu ſorgen. So ſchenkte Graf Eckbert (III.) von Pütten—
Formbach im Jahre 1158, cum TFriderico rege in expeditionem
iturus, ſein Gut in Krottendorf (Frohsdorf) nach Göttweih. Noch
in demſelben Jahre, am 24. Juli, iſt er, als er nach dem Ueber—
gange über die Adda, dem kaiſerlichen Heere weit voran, eigen—
mächtig mit ſeinen Reitern bis an die Thore von Mailand vor—
drang, im heftigen Kampfe, wie ein Löwe fechtend, gefallen, der
letzte männliche Sproß ſeines einſt blühenden Geſchlechts, in ſeiner
kirchlichen Geſinnung und ſeiner ritterlichen Tapferkeit ſo recht
der Typus jenes öſterreichiſchen Adels, der die Grenzwacht gegen
die wilden Ungarn hielt.

Eben dieſe Ungarnkämpfe, die freilich zu der Zeit, als
Göttweih gegründet wurde, ſchon beendet waren, aber mehr als
anderthalb Jahrhunderte hindurch die Oſtmark in Spannung ge—
halten hatten, und aus denen ſie hervorgegangen war, haben das
meiſte dazu beigetragen, in ihrer Bevölkerung das beſte Erbe der
heidniſchen Vergangenheit lebendig zu erhalten und weiter zu bilden,
gegen deſſen Pflege die Kirche ſeit ihrer Begründung in Deutſchland
vergebens ankämpfte, die deutſche Heldenſage, vornehmlich denjenigen
ihrer Kreiſe, deren Geſtalten und Ereigniſſe in den Ungarn—
kämpfen ihre Anklänge zu finden ſchienen, den oſtgotiſch-hunniſchen.
Selbſt der ſehr kirchlich geſinnte Göttweiher Mönch, der um 1130
das Leben des Biſchofs Altmann beſchrieb, berichtet von jenem
Schwerte Attilas, das, auf geheimnisvolle Weiſe gefunden, ihm
 
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