Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

DOI Artikel:
Heide, Gustav: Kurfürstin Adelheid von Bayern
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0335

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kurfürſtin Adelheid von Bayern. 325

ſo iſt es die Pflicht der Spätergeborenen, dieſelben, wenn ſie es
können, dieſes Vorwurfs zu entlaſten. Und ſo läßt ſich denn mit
Beſtimmtheit ſagen, daß das treffende Wort eines jener bayeriſchen
Bevollmächtigten zum Frankfurter Wahltag, des Geheimen Rates
Oexle: es ſei auf die Kurfürſten bei ihrer Proteusnatur nicht der
geringſte Verlaß, durch den Gang der Wahlverhandlungen glänzend
beſtätigt, und es außer Zweifel geſtellt iſt, daß der Kurfürſt die
Krone niemals bekommen haben würde. Im Gegenteil hat die
Politik des Grafen Kurz, dem die Geſchichte wohl noch einſt das
Prädikat eines ebenſo wackeren Patrioten als treuen und weiſen
Dieners ſeiner Dynaſtie zuerkennen wird, ſeinen Herrn damals
vor dem Loſe bewahrt, das faſt hundert Jahre ſpäter ſeinem
weniger gut beratenen Enkel Karl Albert zu teil ward, der am
Tage nach ſeiner Kaiſerkrönung ſich „krank, ohne Land und ohne
Geld“, wie er war, mit Hiob, dem Mann der Schmerzen, ver—
gleichen konnte.

Die Vorkommniſſe in der verfloſſenen Wahlperiode zogen aber
allerlei Folgen für Adelheid nach ſich. Zunächſt mußte ihr Beicht—
vater P. Montonaro „aus Geſundheitsrückſichten“ den Abſchied
nehmen. Sein Anteil an der heimlichen politiſchen Korreſpondenz
ſeiner Herrin hatte ihm den Unwillen des Grafen Kurz zugezogen.
Betrübender mußte für ihn ſein, daß ihn auch die Kurfürſtin fallen
ließ. Die ungeſchminkte Wahrheitsliebe in den ihm zur Pflicht
gemachten Berichten an die Herzogin Chriſtine, in denen er die
Schattenſeiten im Charakter und Leben der ſeiner geiſtlichen Obhut
anbefohlenen Prinzeſſin ſchonungslos aufdeckte, und aus denen die
Herzogin wiederholt Veranlaſſung nahm, der Tochter nachdrückliche
Vorhalte zu machen, hatte ihm nach und nach die Gunſt Adel—
heids entzogen; dazu kam, daß er ſich über unnötige und hohe
Ausgaben derſelben dann und wann ein mißbilligendes Wort er—
laubte und ihre Berufung auf die im Hauſe Savoyen traditionelle
Generoſität und Freigebigkeit nicht gelten ließ. Vielleicht zu ſtreng
war es von ihm, wenn er ihre Freude am Singen, Muſizieren
und Tanzen rügte. „Was mich betrifft,“ rechtfertigte ſie ſich einmal
der Mutter gegenüber, „ſo geſchieht von mir alles, was mir für
die Ehre Gottes und meinen Ruf zu thun obliegt; ebenſo folge
ich in politiſchen Dingen ſeinem Rate. Aber wenn er zürnt, daß
die Damen ihre Reitbeinkleider vergeſſen, ſo kann ich darüber nur
lachen.“ Die Kurfürſtin empfahl ihn übrigens noch angelegentlich
der Huld der Herzogin Chriſtine, als er in ſeine piemonteſiſche
Heimat abreiſte.

Die ohnehin ſchon geſpannten Beziehungen zwiſchen der Kur—
 
Annotationen