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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Der Feldzug nach Rußland: aus der Selbstbiographiw des Malers Adam, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0376

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366 Der Feldzug nach Rußland.

mich legitimiert hatte, fuhr er fort: „Sie treffen den Prinzen in
Willenberg; wenn Sie ſich nicht verweilen und mit Poſtpferden
die Nacht hindurch reiſen, können Sie morgen dort ſein. Hier
haben Sie vier Louisd'or, ſchreiben Sie darüber eine Quittung
und geben Sie dieſelbe meinem Adjutanten. Reiſen Sie glücklich!“
Mit dieſen Worten legte er das Geld auf den Tiſch und entfernte
ſich. Wie nun Glück und Zufall oft im Leben ein wunderliches
Spiel mit uns treiben, ſo wurde mir innerhalb einer Stunde eine
doppelte Hilfe. Als ich von Plauſon wegging, mußte ich über
einen großen Platz, um nach meiner Wohnung zu gelangen. Schon
von ferne ſah ich einen italieniſchen Kurier gerade auf mich zu—
eilen. Ich blieb wie gefeſſelt ſtehen, und als er mich erkannte,
ſchrie er laut auf vor Freude. Ich war das erſte Geſicht vom
Hofe, welches ihm nach einem Wege von 450 Stunden begegnete,
und ſolche Begegnungen unter ſolchen Umſtänden in einem wild—
fremden Lande machen immer Freude. Lambert (ſo hieß der
Kurier) kam direkt von Mailand. „Sie müſſen mich mitnehmen,“
ſagte ich, „in einer Viertelſtunde bin ich mit meinem Gepäcke an
der Poſt.“ — „Abgemacht!“ Gerne hätte ich nun dem General
Plauſon ſein Geld zurückgeſtellt, aber es hätte nur Zeitverluſt mit
fich gebracht. In raſchem Laufe ging es nun ohne Aufenthalt in
das Hauptquartier des Prinzen. Lambert war ungemein vergnügt,
einen Geſellſchafter zu haben, es gab gegenſeitig viel zu erzählen,
und ſo ſchien uns dieſe letzte Strecke gar nicht lange, obſchon
wir mit Kurierpferden noch einige 20 Stunden brauchten, ſie
zurückzulegen.

Am 10. Juni gegen 11 Uhr vormittags kamen wir zu
Willenberg in Oſtpreußen an und trafen dort das Hauptquartier
des vierten Armeekorps, welches Eugen befehligte, und die Bayern,
welche zu demſelben gehörten.

Meine Ankunft wurde freudig aufgenommen, Oberſt Bataille
ſagte mir: „Der Prinz hat gerade vor einigen Stunden den
Auftrag gegeben, ein Schreiben an alle Kommandantſchaften auf
der ganzen Militärroute ergehen zu laſſen, damit dieſe Sie auf—
forderten, Ihre Reiſe zu beſchleunigen.“ Daß ich ſelbſt dieſem
Befehle zuvorgekommen bin, konnte daher nicht verfehlen, einen
guten Eindruck zu machen. Jetzt erfuhr ich auch, daß Mr. Méjean
beauftragt war, mich in ſeinem Wagen von München aus mit—
zunehmen. Dies ſchien ihm übrigens nicht bequem, und ſo ließ
er mich mit dem Pferdetransport reiſen. Prinz Eugen empfing
mich ungemein liebreich; er übergab mir ein ſchönes Portefeuille
in rotes Saffianleder gebunden, das in Gold ſeinen Namen trug
 
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