578 Die unüberwindliche Armada 1588.
vor Anker, etwa zwei engliſche Meilen, eine halbe Wegſtunde, von
ihnen entfernt. Eine Stunde nach ihm traf auch Seymour mit
dem Kanalgeſchwader auf direkte Weiſung des Staatsrats ein.
140 engliſche Schiffe waren vereinigt. Derweilen marſchierten die
engliſchen Landtruppen gegen Dover, und Eliſabeth ſelber rüſtete
ſich, ins Lager abzugehen, um die Gefahr zu teilen; nur Leiceſters
dringende Bitte hielt ſie davon ab. Kein Zweifel, ſelbſt wenn die
Spanier hätten landen können, ſie hätten auf ihrem Wege nach
London bereits ſtarke Truppenmaſſen gefunden. Ob dieſe raſch
geſammelten Aufgebote freilich dem Stoße der ſchlachtgewohnten
Regimenter Parmas und Leyvas geſtanden haben würden, iſt eine
andere Frage. Leiceſter wenigſtens ſchrieb in dieſen Tagen an
Walſingham: „Wenn die Flotte nicht ſtark genug geweſen wäre,
in welche Gefahr würde England geraten ſein!“ Doch eben die
Flotte war ſich bewußt, daß auf ihr die Sicherheit des Landes
beruhe. Am Abend des 28. Juli, Sonntags, traten bei Lord
Howard die Geſchwaderchefs zum Kriegsrate zuſammen. Es waren
die beſten Namen der engliſchen Marine, die ſich hier in der engen,
niederen Kajüte ſeines Admiralsſchiffes ſammelten; an dem Ent—
ſchluſſe dieſer wetterharten, rauhen Männer hing in dieſem Augen—
blicke das Geſchick Englands, ja der Welt. Da die Armada in
der Stellung, die ſie eingenommen hatte, nicht anzugreifen war,
ſo beſchloſſen ſie auf Winters Rat, mit Brandern ſie in der
nächſten Nacht in die offene See hinauszujagen und dort zu faſſen.
An Bord der ſpaniſchen Schiffe lag alles in tiefem Schlafe,
nur einzelne Laternen ſchimmerten von den ſchweigenden Koloſſen
über die dunkle Waſſerfläche herüber; dann und wann unterbrachen
heulende Windſtöße, auf nahen Sturm deutend, die Stille, und
der eintönige Klang der ſpaniſchen Schiffsglocken, welche die
Stunden ſchlugen. Da, als ſie eben die Mitternacht verkündet
hatten, flammten auf der Windſeite der Spanier plötzlich geſpen—
ſtiſch feurige Pyramiden auf, und mit dem Veſtwinde und der
ſteigenden Flut flogen acht Brander in die überraſchte Flotte. Jäh
aufgeſchreckt, nimmt die Beſatzung der Schiffe ſich nicht die Zeit,
ihre Anker aufzunehmen; in überſtürzter Haſt werden die Taue
gekappt, die Segel geſetzt, die Fahrzeuge ſchwanken in die Nacht
hinaus. — Als die Sonne des 29. Juli (8. Auguſt), eines Mon—
tags, aufſtieg, ging die See hoch; ſo weit das Auge reichte, ſah es
nach Oſten hin den flachen Strand mit ſeinen hohen Dünen, an
1 Das ſagt Winter ausdrücklich in einem Schreiben an Walſingham vom
1. Auguſt (State Papers S. 521). Camden S. 531 ſchreibt den Gedanken der
Königin ſelber zu.
vor Anker, etwa zwei engliſche Meilen, eine halbe Wegſtunde, von
ihnen entfernt. Eine Stunde nach ihm traf auch Seymour mit
dem Kanalgeſchwader auf direkte Weiſung des Staatsrats ein.
140 engliſche Schiffe waren vereinigt. Derweilen marſchierten die
engliſchen Landtruppen gegen Dover, und Eliſabeth ſelber rüſtete
ſich, ins Lager abzugehen, um die Gefahr zu teilen; nur Leiceſters
dringende Bitte hielt ſie davon ab. Kein Zweifel, ſelbſt wenn die
Spanier hätten landen können, ſie hätten auf ihrem Wege nach
London bereits ſtarke Truppenmaſſen gefunden. Ob dieſe raſch
geſammelten Aufgebote freilich dem Stoße der ſchlachtgewohnten
Regimenter Parmas und Leyvas geſtanden haben würden, iſt eine
andere Frage. Leiceſter wenigſtens ſchrieb in dieſen Tagen an
Walſingham: „Wenn die Flotte nicht ſtark genug geweſen wäre,
in welche Gefahr würde England geraten ſein!“ Doch eben die
Flotte war ſich bewußt, daß auf ihr die Sicherheit des Landes
beruhe. Am Abend des 28. Juli, Sonntags, traten bei Lord
Howard die Geſchwaderchefs zum Kriegsrate zuſammen. Es waren
die beſten Namen der engliſchen Marine, die ſich hier in der engen,
niederen Kajüte ſeines Admiralsſchiffes ſammelten; an dem Ent—
ſchluſſe dieſer wetterharten, rauhen Männer hing in dieſem Augen—
blicke das Geſchick Englands, ja der Welt. Da die Armada in
der Stellung, die ſie eingenommen hatte, nicht anzugreifen war,
ſo beſchloſſen ſie auf Winters Rat, mit Brandern ſie in der
nächſten Nacht in die offene See hinauszujagen und dort zu faſſen.
An Bord der ſpaniſchen Schiffe lag alles in tiefem Schlafe,
nur einzelne Laternen ſchimmerten von den ſchweigenden Koloſſen
über die dunkle Waſſerfläche herüber; dann und wann unterbrachen
heulende Windſtöße, auf nahen Sturm deutend, die Stille, und
der eintönige Klang der ſpaniſchen Schiffsglocken, welche die
Stunden ſchlugen. Da, als ſie eben die Mitternacht verkündet
hatten, flammten auf der Windſeite der Spanier plötzlich geſpen—
ſtiſch feurige Pyramiden auf, und mit dem Veſtwinde und der
ſteigenden Flut flogen acht Brander in die überraſchte Flotte. Jäh
aufgeſchreckt, nimmt die Beſatzung der Schiffe ſich nicht die Zeit,
ihre Anker aufzunehmen; in überſtürzter Haſt werden die Taue
gekappt, die Segel geſetzt, die Fahrzeuge ſchwanken in die Nacht
hinaus. — Als die Sonne des 29. Juli (8. Auguſt), eines Mon—
tags, aufſtieg, ging die See hoch; ſo weit das Auge reichte, ſah es
nach Oſten hin den flachen Strand mit ſeinen hohen Dünen, an
1 Das ſagt Winter ausdrücklich in einem Schreiben an Walſingham vom
1. Auguſt (State Papers S. 521). Camden S. 531 ſchreibt den Gedanken der
Königin ſelber zu.