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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Brückner, Alexander: Russen und Franzosen, 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0768

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758 Ruſſen und Franzoſen.

hunderts, oder einer Anzahl von Freimaurern und Illuminaten
während der Regierungszeit Katharinas u. ſ. f.

Unmittelbar vor der Revolution kam eine Reihe von franzö—
ſiſchen Militärs nach Rußland, um in dem Türkenkriege (1787)
Dienſte zu leiſten. Das fünfte Kapitel des Pingaudſchen Buches
iſt der Darſtellung dieſer ſehr beachtenswerten Gruppe franzöſiſcher
Einwanderer gewidmet. Es ſind Männer, deren Bravour und
Ritterlichkeit, verbunden mit Leichtlebigkeit und perſönlicher Liebens—
würdigkeit im ganzen anmutend wirken. Dieſe Volontairs,
Naſſau-Siegen, Dillon, Lameth, Roger de Damas u. a. er—
langten eine gewiſſe Berühmtheit und erfreuten ſich der Gunſt der
Kaiſerin und ihres Günſtlings, des Fürſten Potemkin; auf dem
Schwarzen Meere, wie an der Donau, insbeſondere bei Otſchakow
und Jsmail haben ſie mit Todesverachtung gefochten; in Finnland
wirkten um dieſelbe Zeit Prévot als Ingenieur, Traverſay als
Seemann, Varage und Verbois als Offiziere. Die Schilderung
ihrer Erlebniſſe, namentlich der Geſchichte Roger de Damas' ge—
hört zu den anziehendſten Partien des Pingaudſchen Buches, der
Verfaſſer benützle die noch nicht herausgegebenen Memoiren dieſes
fahrenden Ritters, und dieſe Quelle enthält eine Fülle von Zügen,
welche das Bild jener Zeit Rußlands, Sſuworows, Potemkins
u. ſ. w. ſehr glücklich ergänzen.

Für die Geſchichte der franzöſiſchen Emigranten in Rußland
während der Regierungen Katharinas, Pauls und Alexanders
finden ſich in Pingauds Werke ſehr wertvolle Angaben, obgleich,
auch hier, wie in anderen Partien des Buches, die Behandlung
eine ungleiche und zum Teil nur ſtkizzenhafte iſt. Wir wiſſen
aus anderen Werken, welche Stellung Katharina der franzöſiſchen
Revolution gegenüber einnahm, wie die letzten Jahre ihres Lebens
und ihrer Regierung verdüſtert wurden durch die Beſorgnis vor
dem Liberalismus und Radikalismus Frankreichs, wie ein Um—
ſchlag erfolgte in den Grundanſchauungen der Kaiſerin, und wie
ſie den Zuſammenhang zwiſchen der Litteratur der Aufklärung und
den Vorhängen des Jahres 1789 nicht erkannte. Wir haben an einer
anderen Stelle auf dieſe Inkonſequenzen aufmerkſam gemacht und
gezeigt, wie auffallend es erſcheint, daß der Republikaner Laharpe
als Erzieher der Enkel Katharinas an demſelben Hofe verbleiben
durfte, wo die Emigranten als Royaliſten und Ariſtokraten eine
maßgebende Rolle fpielten. Während manche Ruſſen mit der
Revolution ſympathiſierten, während ruſſiſche Reiſende in Paris,

1S. mein Buch tiber Katharine II. den Anfang des fünften Buches.
 
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