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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Schwemer, Richard: Der Kampf Ludwigs des Bayern mit der Kurie, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0856

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846 Der Kampf Ludwigs des Bayern mit der Kurie.

ſo wenig hat das Jahrhundert ſelbſt dieſen Glauben gehegt. Die
Theorie von der Berechtigung und Notwendigkeit des Imperiums
hat ſich im Gegenteil in dieſer Zeit erſt recht ausgebildet. Es
galt noch unerſchüttert die Auffaſſung, daß die Einheit der Chriſten—
heit auch durch ein höchſtes weltliches Haupt dargeſtellt werden
müſſe. Zu dieſer Forderung drängte auch gerade jene weltliche
Bildung, welche neben der überwiegenden kirchlichen ſich damals
am nachdrücklichſten geltend machte: das Studium des römiſchen
Rechts.“! Der eigentliche Sitz dieſes Studiums war Italien, wo
man das römiſche Recht als das eigentlich nationale auffaßte.
Dementſprechend war denn auch nirgends die kaiſerliche Idee
lebendiger als eben in Italien. — Seit dem Untergange der Hohen—
ſtaufen war dieſes Land zerriſſener denn je. Guelfen und Ghi—
bellinen lagen in erbittertem Streite, jede Stadt war ein Kampf⸗
platz. Die Zuſtände waren unerträglich und wurden von den
Beſten des Landes tief empfunden. Nur die Wiederaufrichtung des
Kaiſertums ſchien dem unglücklichen Lande den Frieden wieder
geben zu können. Nur ein Kaiſer ſchien der Retter ſein zu können,
und mit namenloſer Sehnſucht ſchaute man nach dieſem Retter
aus. Ein großer Teil des italieniſchen Volkes war in einem Zu—
ſtande fieberhafter nationaler Erregung. Man braucht nur an
Dante zu erinnern, um eine deutliche Vorſtellung von dieſer ge—
waltigen Leidenſchaft zu geben, die damals den beſten Teil Dder
Nation durchſchauerte:

„Wie durftet ihr,“ ruft er,? „du (Albrecht) und der Vater dulden,
„Nur weil die Habſucht Euch dort jenſeits feſthielt,

„Daß Eures Reiches Garten gar verwildre; — —

„Sieh deine Roma, die in heißen Thränen

„Verwitwet und allein, bei Nacht und Tage,

„Mein Cäſar, ruft, warum biſt du mir fern?“

Sein Wunſch wurde erfüllt. Die Erneuerung des Kaiſertums
ſchien eine Forderung der Zeit, und ſo bot denn die Kurie, welche ſich
dieſem Zuge der Zeit nicht entziehen wollte und auch Hoffnungen
an die Erneuerung der Kreuzzüge daran knüpfte, ſelbſt die Hand,
dieſe Forderung zu erfüllen, — ſchien es doch das einzige Mittel, um
wiéder geſetzmäßige Zuſtände in Italien herzuſtellen. Mit aus—
drücklicher Zuſtimmung des päpſtlichen Stuhles zog Heinrich VII.,
kaum gewählt, über die Alpen und empfing in Mailand unter

Riezler, Die litter. Widerſacher d. Päpſte. S. 10.
2 Burgat. VI, 103—105 u. 112—114.
 
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