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Instytut Sztuki (Warschau) [Hrsg.]; Państwowy Instytut Sztuki (bis 1959) [Hrsg.]; Stowarzyszenie Historyków Sztuki [Hrsg.]
Biuletyn Historii Sztuki — 47.1985

DOI Artikel:
Gumiński, Samuel: O ideowej koncepcji późnobarokowego ołtarza głownego w toruńskim kościele NP Marii
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https://doi.org/10.11588/diglit.48708#0052

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SAMUEL GUMIŃSKI

dergrund nach der Form des Buchstabens „M” ges-
tellte sieben-saulige Domus Sapientżae (dem Text
Prover. 9,1 entnommen) und die Bundeslade. Der
historische Augenblick der Inkarnation — die Ver-
kiindigung, die iiber der Bundeslade dargestellt wur-
de, kann vor allem ais ein Hinweis auf die aktuelle
Anwesenheit von Christus in der Eucharistie ver-
standen werden. Einerseits deutet auf solch eine
Auslegung die Bundeslade selbst, die einen Archetyp
des eucharistischen Tabernakels darstellt, anderer-
seits der Strahlenkreis, der sowohl seiner Form nach
ais auch durch seine Anbringung unmittelbar iiber
der Decke der Bundeslade die Anwesenheit Gottes
versinnlicht. Eine gleiche Bedeutung hat die Kom-
position in der Breslauer Kurfiirstenkapelle und in
Monstranzen aus dem 18. Jh. (in Weiden, Garsten,
Krakau), die auf gleiche Weise den solaren Kreis
iiber der Bundeslade zeigen sowie in dem sog.
Versóhnungsdenkmal in Raab (Gyor) aus den Jahren
1729—1731 (nach dem Entwurf von J. E. Fischer von
Erlach). Der nach dem Breslauer Vorbild geschaffene
Kreis in Thorn stellt auch die Sonne dar. Dafiir
spricht die Tatsache, dass er mit Wolken umgeben
wurde, und das Abbild der unter den Wolken an-
gebrachten Sonne ist ein Symbol der schwangeren
Maria. Das Schneeweisse der Wolken bedeutet die
Reinheit der Jungfrau und deshalb wurden die Wol-
ken in Thorn mit silberner Farbę von iibrigen gol-
denen Altarelementen unterschieden.

Eine gewisse Ahnlichkeit der ikonographischen
Motive in der Kurfiirstenkapelle und im Breslauer
Epitaph des Benedikt Distler (1576) aus der evange-
lischen Maria-Magdalenenkirche lasst vermuten, dass
dazwischen eine bewusste, folgerichtige, ideelle Bezie-
hung besteht. Aber eine viel mehr wesentliche Be-
deutung fur die Kompostion des Altars in der Kur-
fiirstenkapelle hat die schon in manchen mittelal-
terlichen Werken bemerkbare Tradition (die roma-
nische architektonisch-malerische Gestaltung des Al-
tars in Berze-la-Ville) und solare Visionen Gottes,
die aus den Schriften des hl. Ignatius Loyola bekannt
sind. Die den Breslauer ahnlichen Solarformen kann
man u.a. im Projekt des Ignatius-Altars aus dem
Jahre 1696 von Sebastian Cipriani fur die Kirche del
Gesu in Rom und im Altar in der Chapelle Royale
in Versailles aus dem Jahre 1709 (der Entwurf von
J. Haroudin Mansart und R. de Cotte) sehen.
Die Popularitat des aus dem Strahlenkreis und
der Bundeslade bestehenden Bildprogramms in 18.
Jh. bezeugen ahnliche Beispiele im Altar der Kirche
S. Maria del Priorato in Aventino in Rom aus den
Jahren 1764—1767 (G.B. Piranesi) und auf dem Dec-
kenfresko in der Bibliothek des Pramonstratenser-
klosters am Strahov in Prag aus dem Jahre 1794
(F. A. Maulbertsch).
Die Thorner Komposition findet nahe Analogien

im Altar der Schlosskirche zu Briihl aus dem Jahre
1745 (der Entwurf von Baltasar von Neumann), wo
die Verkiindigungsszene mit dem die Anwesenheit
Gottes symbolisierenden Strahlenkreis, der aus Spie-
gel gemacht wurde, zusammengestellt ist. In beiden
Altaren, in Thorn und Briihl, spielt das Licht eine
wesentliche Rolle, sowohl in formaler ais auch in
ideeller Hinsicht. Beide Kirchen sind gotische, orien-
tierte Bauten, dereń Wandę von zahlreichen Fenstern
durchbrochen sind, so dafi die Sonnenstrahlen die
diaphane Struktur der Altare durchdringen. Die
Wirkung der Sonnenstrahlen, die in der Natur das
Leben wecken, verglich man mit der Wirkung Gottes,
die zur Empfangnis im Schoss Mariens fiihrte. Die
Darstellung der iiber der Erde schwebenden Sonne
war ein Sinnbild der Inkarnation. In den durchs
Glas — ohne ihm zu schaden — dringenden Strahlen
sah man die bildhafte Analogie zur Tatigkeit Gottes,
der Maria zur Mutter machte, ohne dass sie ihre
Jungfernschaft verlor. Maria wurde ais Spiegel be-
zeichnet, in dem sich Christus widerspiegelte, der
beinahe ein Spiegel-bild des Gottvaters ist. Der
Spiegel war auch ein Symbol der Hostie, weil so wie
ihre Teilung ihr Wesen nicht andert, so auch der
kleinste Bruchteil des Spiegels die Sonnenstrahlen
widerspiegelt.
Das aus sieben Saulen gebaute Haus der Weisheit
Domus Sapientżae versinnbildlicht nicht nur Maria,
sondern auch die von Salomo gegriindete Akademie.
Solch eine Interpretation, die vom Jesuiten Juan de
Pineda (De rebus Salomonis, Lyon 1699) vorgelegt
wurde, erklart daB Siebensaulenaltare — mit dem
iirspriinglich entworfenen Altar in der Kirche S. Ivo
alla Sapienza beginnend —■ in einigen mit den Hoch-
schulen Verbundenen Kirchen erschienen. Man darf
annehmen, dass die Thorner Minoriten, die in den
Besitz des Klosters kamen und das sich dort
findende protestantische Gymnasium auflósten und ein
Klosterstudium fur Theologie veranstalteten, unseren
Altar in ahnlichem Lichte sehen konnten.
Zum Schluss, da sich beide in Thorn zusammen-
gestellte alttestamentliche Darstellungen mit dem
Jerusalemer Tempel verbinden, und der Altar fast
im Ganzen vergoldet wurde, was an die ahnliche
Vergoldung des ganzen Tempels durch Salomo erin-
nert, kann man in dem Altar das Bild dieses alttesta-
mentlichen Gebaudes sehen, welches ais Symbol der
Kirche Christi verstanden ist.
Die Siebensaulen-Durchbrucharchitektur des Thor-
ner Altars wurde zum Vorbild fur einige Altare in
der nahen Umgebung, namlich in Niesewanz (Nie-
żywięć), Grutta (Gruta), Schatzenhain (Strzelno) und
Kulm (Chełmno) und beeinflusste die Altare u.a. in.
Muehlenfeld (Młyniec), Kulmsee (Chełmża) und Ko-
nitz (Chojnice).
Ubersetzung von Ewa Żakowska

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