Nr. 4.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
101
sie fällt wohl noch vor die erwähnte
Madonna in der Louvregalerie. Unter
allen Umständen gehört das Gemälde
in die Periode noch vor den gezierten
höfischen Bildnissen von P. Mignard
und seinen Zeitgenossen.
Bei einem Damenbildnis aus dem
frühen 18. Jahrhundert kann man zwar
an der Vorzüglichkeit der Mache
nicht zweifeln, doch wird auch unter
wohl Unterrichteten eine Meinungsver-
schiedenheit darüber bestehen können,
ob das Werk rein italienischen Ursprungs
ist, oder von einem in Italien gebildeten
Franzosen um 1700 geschaffen ist. Das
sind für den Bildermenschen die
„petites choses qui vexent“. Eines soll
nicht verschwiegen werden, daß der
signierte Maratta im Louvre: Portrait
de Marie-Madeleine Rospigliosi, zur Ver-
gleichung in Frage kommt. Aber Maratta
ist kräftiger und bestimmter in der Be-
handlung der Gewandfalten. Mehr zu
beachten scheint mir der französische
Maler Laurent Fauchier, der, zu
seiner Zeit berühmt, dann vergessen,
erst durch die Studien eines L. Gonse
in den französischen Provinzgalerien
wieder ein wenig hervorgerückt worden
ist. Man wird gut tun, eine Benennung
nicht zu übereilen. Das Porträt wird
dadurch nicht schlechter, daß man es
einstweilen als unbekannt um 1700
katalogisiert, oder sich sonst zu einer
allgemeinen Angabe entschließt.
Die Weise des Norblin de la
Gourdaine spricht ziemlich deutlich
aus einem überhöhten Bildchen, das als
Watteau geführt wurde und eine Gesell-
schaft im Freien darstellt. Ein zweiter
angeblicher Watteau (kleines Breitbild)
hat sich leider als unbrauchbare, un-
charakteristische Kopie nach einem Bilde
im Besitz des deutschen Kaisers entpuppt.
Eine Findung des Mosesknaben
wird mit einiger Berechtigung dem
Charles de Lafosse zugeschrieben.
Ich hatte den Eindruck, als handelte es
sich um eine gut gelungene alte Kopie
nach einem Charles van Loo, doch
möchte ich keinerlei abschließende Be-
nennung wagen.
Vermutlich von J. B. Peronneau
(1715—1783) ist eine hübsche lebens-
große Halbfigur: Junge Frau mit einer
Kasserolle bei sich. Zum mindesten wäre
der Stil dieses Malers geschickt genug
nachgemacht, um ihn in der Galerie zu
repräsentieren.
Vermutlich P. Mignard: Madonna. (Lemberg.)
J. B. Grenze ist durch eine treff-
liche Kopie nach der „Priere du matin“
vertreten, einem Bilde, von dem es
mehrere alte Exemplare gibt. Das viel-
leicht beste aus dem Museum zu Mont-
pellier war 1900 in der rückblickenden
Ausstellung französischer Kunst in Paris
zu sehen. (Abbildung im illustrierten
Katalog jener Ausstellung.)
Dem Boissieu möchte ich das
anbei nachgebildete mittelgroße Gemälde
zuschreiben. Jean Jacques Boissieu ist
zwar besonders als Radierer weit be-
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
101
sie fällt wohl noch vor die erwähnte
Madonna in der Louvregalerie. Unter
allen Umständen gehört das Gemälde
in die Periode noch vor den gezierten
höfischen Bildnissen von P. Mignard
und seinen Zeitgenossen.
Bei einem Damenbildnis aus dem
frühen 18. Jahrhundert kann man zwar
an der Vorzüglichkeit der Mache
nicht zweifeln, doch wird auch unter
wohl Unterrichteten eine Meinungsver-
schiedenheit darüber bestehen können,
ob das Werk rein italienischen Ursprungs
ist, oder von einem in Italien gebildeten
Franzosen um 1700 geschaffen ist. Das
sind für den Bildermenschen die
„petites choses qui vexent“. Eines soll
nicht verschwiegen werden, daß der
signierte Maratta im Louvre: Portrait
de Marie-Madeleine Rospigliosi, zur Ver-
gleichung in Frage kommt. Aber Maratta
ist kräftiger und bestimmter in der Be-
handlung der Gewandfalten. Mehr zu
beachten scheint mir der französische
Maler Laurent Fauchier, der, zu
seiner Zeit berühmt, dann vergessen,
erst durch die Studien eines L. Gonse
in den französischen Provinzgalerien
wieder ein wenig hervorgerückt worden
ist. Man wird gut tun, eine Benennung
nicht zu übereilen. Das Porträt wird
dadurch nicht schlechter, daß man es
einstweilen als unbekannt um 1700
katalogisiert, oder sich sonst zu einer
allgemeinen Angabe entschließt.
Die Weise des Norblin de la
Gourdaine spricht ziemlich deutlich
aus einem überhöhten Bildchen, das als
Watteau geführt wurde und eine Gesell-
schaft im Freien darstellt. Ein zweiter
angeblicher Watteau (kleines Breitbild)
hat sich leider als unbrauchbare, un-
charakteristische Kopie nach einem Bilde
im Besitz des deutschen Kaisers entpuppt.
Eine Findung des Mosesknaben
wird mit einiger Berechtigung dem
Charles de Lafosse zugeschrieben.
Ich hatte den Eindruck, als handelte es
sich um eine gut gelungene alte Kopie
nach einem Charles van Loo, doch
möchte ich keinerlei abschließende Be-
nennung wagen.
Vermutlich von J. B. Peronneau
(1715—1783) ist eine hübsche lebens-
große Halbfigur: Junge Frau mit einer
Kasserolle bei sich. Zum mindesten wäre
der Stil dieses Malers geschickt genug
nachgemacht, um ihn in der Galerie zu
repräsentieren.
Vermutlich P. Mignard: Madonna. (Lemberg.)
J. B. Grenze ist durch eine treff-
liche Kopie nach der „Priere du matin“
vertreten, einem Bilde, von dem es
mehrere alte Exemplare gibt. Das viel-
leicht beste aus dem Museum zu Mont-
pellier war 1900 in der rückblickenden
Ausstellung französischer Kunst in Paris
zu sehen. (Abbildung im illustrierten
Katalog jener Ausstellung.)
Dem Boissieu möchte ich das
anbei nachgebildete mittelgroße Gemälde
zuschreiben. Jean Jacques Boissieu ist
zwar besonders als Radierer weit be-