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Die Gartenkunst — 10.1908

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Schall, H.; Singer, Wolfgang: Der Garten des Prof. E. v. Seidl in Murnau in Oberbayern
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Geßner, Albert: Wechselwirkung der Bau- und Gartenkunst beim Miethause: Vortrag, gehalten in der Sitzung der Gruppe Brandenburg am 10. April 1907, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0015

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x, 1

DIE GARTENKUNST.

o

als Kunstwerk gelten lassen wollen, und weiß mich in
guter Gesellschaft, schreibt doch kein Geringerer als
Dürer: „Darum sieh die Natur fleißig an, richte dich
danach und geh nicht von ihr ab in deinem Gutdünken,
daß du meinest, du wollest das Bessere von dir selbst
finden, denn du würdest verführt. Denn wahrhaftig steckt
die Kunst in der Natur; wer sie heraus kann reißen, der
hat sie“. An anderen Stellen verläßt Seidl die Rück-
sichten auf Genossenschaft
und Standort und läßt nur
die künstlerische Phantasie
arbeiten, auch so manch
prächtiges Bild schaffend
z. B. an den Teichen mit
ihrer nach rein dekorativen
Rücksichten komponierten
Bepflanzung von überaus
malerischer Wirkung und
mehr noch in den benach-
barten Stauden- und Sonnen-
blumenfeldern. Aber ge-
rade hier, wo des Künstlers
Farbensinn wahre Freuden-
orgien feiert, bleibt bei ge-
nauerem Hinsehen doch
manches zu wünschen übrig,
denn da hat Seidl nur
mit den Farben, nicht aber
mit dem lebendigen Wesen
der Pflanzen und Blumen
gearbeitet und das ist der
Punkt, in dem alle Laien-
gärten ihre Schwächen ha-
ben. Wohl hat dem Künstler,
der selbst in manch freier
Stunde mit Lust und Ver-
ständnis sich Naturstudien
hingibt, ein sehr tüchtiger
„Gärtner“*) in Muthesius’
Sinne als Handlanger zur
Seite gestanden (das be-
weist überall im Garten der
vorzügliche Zustand der Ge-
hölze, Blumen, Gemüse und
Früchte), aber all das überaus verschiedenartige
Pflanzenmaterial des Seid Ischen Gartens den Regeln
der Kunst und den Lehren der Pflanzenkunde voll-
kommen entsprechend zu verwenden, wird nur dem
berufsmäßigen Gartenkünstler gelingen, in dessen
Formensprache übersetzt die reiche Seidlsche Ideen-
welt in jauchzende Lieder voller Kraft und Anmut und
Freude ausklingen müßten und dem es sicher eine
Wonne wäre, zusammen mit solch einem verständnis-
vollen Architekten Haus und Garten in einheitlichem
Geiste zum harmonischen Kunstwerke zu bilden.
*) Wann endlich wird der Unterschied zwischen Gärtnerei
und Gartenkunst wenigstens dem gebildeten Publikum klar
werden ?

Rasch waren die genußreichen Stunden unter der
liebenswürdigen Führung des beneidenswerten Be-
sitzers dieses idyllischen Tuskulums verpflegen, aber
dauernd bleiben mir eine Menge von Anregungen aus
dem selbstgeschaffenen Denkmale eines Künstlerlebens,
aus dem lachenden Werke eines Lebenskünstlers.
W. Singer, Kissingen.
Wechselwirkung der Bau-
und Gartenkunst beim
Miethause.
Vortrag, gehalten in der Sitzung
der Gruppe Brandenburg am
io. April 1907 von A. üeßner,
Architekt, Berlin.
Meine Herren! Ich bin
der liebenswürdigen Ein-
ladung Ihres Herrn Versitzen-
den gefolgt, einige Gedanken
hier wiederzugeben, die sich
mir bei dem Bauen von
Mietshäusern aufdrängen und
die ich gern da niederlegen
möchte, wo sie vielleicht am
meisten Aussicht haben, als
bescheidene Anregung für
ein weiteres Ausbauen und
Verbessern hingenommen zu
werden. — Da ich nun vor
dieser Versammlung von
Fachleuten als Draußen-
stehender, als Laie, mich
unmöglich mit dem gärtne-
risch Fachlichen in meinen
Ausführungen beschäftigen
kann, so möchte ich mir
erlauben, mein Thema ein
klein wenig anders zu fassen,
als auf den Einladungen ge-
druckt stand, um eben Ge-
legenheit zu haben, mehr
als Architekt zu Ihnen
sprechen zu dürfen. — Ich
möchte daher sprechen von der „Wechselwirkung
der Bau- und Gartenkunst beim Mietshause“.
Meine Herren! Wieviel Schönheitswerte unsere
moderne Stadt gegenüber der mittelalterlichen einge-
büßt hat, ist eine Klage, die alle ästhetisch feiner
Empfindenden mit immer kräftigeren Worten anstimmen;
und die Rufe nach Umkehr schallen heute aller Orten
durch das Land. — Der Städtebau ist ein Kapitel, das
alle einsichtigen Köpfe aufs Eindringlichste beschäftigt;
und von allen erdenklichen Seiten versucht man dem
schwierigen Problem zu Leibe zu rücken, versucht man
die verschiedenen Erfordernisse einer neuen, einer ver-
änderten Zeit mit den ästhetischen Werten, die uns
die Vergangenheit lehrt, wieder in Einklang zu bringen.


Aus dem Garten des Prot. E. v. Seidl in Murnau in Oberb.
7. Gartenlaube.
 
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