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Die Gartenkunst — 10.1908

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Mielke, Robert: Heimatschutz und Landesverschönerung: Vortrag gehalten auf der Hauptversammlung der D. G. f. G. in Mannheim, [2]$dvon Robert Mielke, Charlottenburg
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Pietzner, Hans: Mein Standpunkt zu Bauers Schillerpark-Entwurf
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0170

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160

DIE GARTENKUNST.

X, 9

heilen in den Grundsätzen und Ausführungen, die um
so größer sind, je zielbewußter und künstlerisch sicherer
diese Gartenverwaltungen arbeiten. Die eine sucht die
Unebenheiten des Geländes und die Reste der ehemals
ländlichen Vegetation zu erhalten und sie künstlerisch
zu verwerten: die andere rottet sie aus ; jene bevor-
zugt Baumalleen, diese schattige Plätze; hier wird eine
große Rasenfläche beliebt, dort wird sie durch über-
flüssige Wege zerschnitten; kurz — es bilden sich
Verschiedenheiten aus, die namentlich an den Grenzen
zweier Gemeinden recht fühlbar und künstlerisch be-
einträchtigend wirken müssen. Es sollten sich die
Vororte zu einer Interessengruppe vereinigen, um die
Grundzüge ihrer Landschaftskunst möglichst großzügig
zu gestalten, was wahrscheinlich auch wirtschaftlich
manche Vorteile bietet. Namentlich könnten dadurch
auch die Laubenstädte, welche ein starker Beweis für
die Sehnsucht unserer Stadt- und Industriebevölkerung
nach Natur und Grün sind, systematisch gefördert, ja
vielleicht auch eine andere im Keim vorhandene Siede-
lung — die Gartenstadt, welche eigentlich praktisch
die mittlere Linie zwischen Heimatschutz und Landes-
verschönerung zieht — organisch an bestehende Orts-
formen angeschlossen werden. Eine Großstadt möchte
ich hier nennen, die meines Erachtens großzügig und
einheitlich in der Pflege der Gartenkunst vorgegangen
ist, was in diesem Falle allerdings eine politische Ur-
sache hat. Ich meine Hamburg, das den Vorzug hat,
von einzelnen geringen Ausnahmen abgesehen, eine
einzige staatliche Gemeinschaft mit dem umgebenden
Gelände zu bilden. Ich bin zwar nicht unterrichtet,
wie die Landschaftskunst hier eingerichtet ist; aber
ich habe den Eindruck, daß Vorort und Großstadt
hier nach denselben künstlerischen Grundsätzen ge-
leitet werden, die ich jeder anderen Großstadt wünschen
möchte.
Eine andere Aufgabe des Landschaftskünstlers,
in der sich Heimatschutz und schaffende Kunst die
Hand reichen, stellen die Kleinsiedelungen dar, zu
denen ich kleinere Städte, Dörfer, Einzelhöfe, Kurörter
und Sommerfrischen oder auch geschlossene neue In-
dustrieansiedelungen rechne. Vielfach — namentlich
bei Höfen und Dörfern — dürfte eine unmittelbare
Mitwirkung des Landschaftskünstlers ausgeschlossen
sein, und das ist auch gut; denn wir müssen bei reinen
Wirtschaftsanlagen auf eine künstlerische Gestaltung
verzichten, weil die Gärtnerei einen schwer auszu-
gleichenden Gegensatz mit dem Werktagsleben des
Landmannes bildet, der ja mit seinem ganzen Wesen
an und für sich in der formenreichen Natur steht.
Andererseits befähigt ihn diese Eigenart zu einem aus-
gebildeten Dilettantismus im besten Sinne, von dem
nicht nur die Bauernkunst, sondern auch die prächtigen
Bauerngärten mancher deutschen Landschaften, z. B.
in den unteren Elbmarschen, der Weichselniederung
u. a. vorzügliche Belege sind. (Schluß folgt.)

Mein Standpunkt zu Bauers Schillerpark-Entwurf.
Von Hans Pietzner in Breslau.
Es handelt sich für mich darum zu zeigen, daß man dem
Beschluß des Preisgerichts: der Lösung Bauers den i. Preis
zuzuerkennen, nicht ohne, wie ich glaube, berechtigten Vorbe-
halt gegenüberstehen muß.
Vorausgeschickt sei dabei, daß Bauers Arbeit eine gerade-
zu „ideale“ Lösung darstellt; ohne alle Frage steht sie sehr hoch,
die Konzeption ist durchaus künstlerisch, ja geistreich, ein ge-
schickt abgefaßter Erläuterungsbericht erzeugt eine gewisse
Stimmung zugunsten des Bauerschen Vorschlags. —
Aus den Programmbedingungen greife ich folgendes her-
aus: „Bevölkerungsreiche Gegend -- fünfgeschossige Reihen-
häuser ringsum.“ Das ist in gewisser Weise für die Behand-
lung der Aufgabe bestimmend und soll es sein, sonst würde
es das Programm nicht hervorheben. „Die Hauptkuppen der
das 25 ha große Gelände durchziehenden dünenartigen Sand-
wellen sollen möglichst erhalten bleiben.“ „In der Nähe des
Rasenspielplatzes für Schülerspiele ist eine kleine Baulich-
keit mit weithin sichtbarer Uhr usw. vorzusehen.“
Programmbedingungen geben die Richtlinien für die Be-
handlung der Aufgabe.
„Schillerpark.“ Aus diesem Namen heraus mit seinen
Beziehungen entwickelt Bauer eine bestechende, künstlerisch
hochbedeutsame Lösung, die den Schillerpark darstellen soll,
den Inbegriff alles dessen, was man als Naturdenkmal für
diesen deutschen Geistesheros, den Lieblingsdichter der deut-
schen Jugend, wünschen kann. Ihm ist der Name Programm.
Mit Recht? Ganz gewiß und doch wieder nicht! Nach meinem
Empfinden lag die künstlerische Aufgabe hier eben anders als
Bauer sie auffaßt und durchführt. Der Berichterstatter der
„Gartenkunst“, Z ah n, einer der Preisrichter, beginnt schwung-
voll seinen Bericht über das Resultat des Preisausschreibens
so: Im Nordosten Berlins ist auf einem bald von
der weiter fortschreitenden Bebauung umschlos-
senen Gelände ein echtes märkische s Lan dsc h afts-
bild, wenigstens soweit die Bodenformation in
Frage kommt, erhalten. Märkischer Sand, Streu-
sand von bester Besch affenheit, liegt hier in mäch-
tiger Schicht, bildet eine starkgewellte Oberfläche,
läßt deutlich den Verlauf von Dünen erkennen.
Hier soll ein Park entstehen, ein Volkspark im
wahren Sinne des Wortes, ein Denkmal gleich-
zeitig dem Dichterfürsten, dessen Namen es trägt.
— Wie tritt nun Bauer an die Aufgabe heran? Den nörd-
lichen Teil des Geländes ebnet er ein, den südlichen größten-
teils ebenfalls, die Höhenkuppen werden planiert und es ist für
seine, immer wieder sei es hervorgehoben, an sich höchst
wirkungsvolle, wahrhaft künstlerische Lösung der Boden be-
reitet. Das ist aber doch nicht das, was wir wollen! Wäre
es nicht vielleicht richtiger gewesen, diese so bezeichnende
Geländeformation sorgsam zu schonen, sie in ihrer Wirkung
künstlerisch noch zu steigern? War nicht so, voll märkischer
Eigenart, hier ein Schillerpark möglich, der ganz bodenständiges
Kunstwerk, auch ein Schillerdenkmal war seiner Art? Ehrt
nicht schließlich auch ein jeder deutsche Volksstamm unsere
größten Männer in seiner Weise?
Nun sehen wir im einzelnen: Eine bevölkerungsreiche
Gegend, fünfgeschossige Reihenhäuser ringsum. Diese letzteren
sind in ihrer ungünstigen Wirkung fast ausgeschaltet durch
den dichten Pflanzungsrand, der den ganzen Park umschließt.
Auf diesen konnte mit Recht auch kein Entwurf verzichten. —
Bevölkerungsreichtum bedingt gute und viele Verkehrsmöglich-
keiten. Hier fehlt es meines Erachtens bei Bauers Entwurf
und wohl bei anderen auch. Der kleine Mann, der Arbeiter
wie der Geschäftstreibende hat keine Zeit auf seinem Wege
zur Arbeitsstätte, zum Geschäft große Umwege zu machen.
Ohne viel Umschweife muß er sein Ziel auf in jeder Jahres-
zeit gleichmäßig gut zu passierenden Wegen erreichen können;
 
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