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Die Gartenkunst — 10.1908

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Hoemann, Reinhold: Die Einfachheit in der Gartenkunst: Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst am 27. Juli 1908 zu Potsdam, [1]
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H.: Sudbrooke Holme bei Lincoln
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Müller, Jul. F.: Der regelmäßige Garten und die Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0164

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154

DIE GARTENKUNST.

X, 9

stimmte Arten genügen für den Schmuck an einem
Tage, am andern Tage mag man anderes nehmen.
Ich möchte das Kapitel schließen mit dem Schluß-
sätze Schefflers in seinem Aufsatz „Die Blume im
Hause“ (Moderne Kultur von Prof. Heyk). Dieser
Schlußsatz lautet:
Wenn das neue Haus fertig gestellt ist, wenn wir
die Räume erdacht, gebaut und geschmückt haben,
wenn das Interieur Geist von unserem Geist geworden
ist, ein Ausdruck unseres wahrhaftigen Wesens und
ein Gegenbild unseres reinsten Strebens, so bringen
wir als letztes ein paar schlanke Blumenstengel hinein
und setzen sie sorgsam in das belebende Naß. Und
während die hellen Blumenaugen aufleuchten und der
Stimmung die letzte Note geben, wird uns das stumme
geheimnisvolle Rätselwesen in seiner unfaßbar holden
Schönheit zu einem wortlosen, aber darum nicht min-
der tiefen Symbol für all die Bemühungen um ein
eigenes charaktervolles Heim, die nun ihren Abschluß
gefunden haben. — Sie sehen, meine Herrn, welch
große Wertschätzung der Blume als Schmuck des
Hauses und Sie sehen, welche Einfachheit in ihrer
Verwendung.
Ganz ähnlich könnte man über Balkon und Fenster-
schmuck sprechen und würde wieder zu dem Schluß
kommen, daß charaktervolle, edle Einfachheit in ihrer
künstlerischen Wirkung der komplizierten, meist ganz
charakterlosen Vielfachheit fast stets überlegen ist.
(Schluß folgt.)

Sudbrooke Holme bei Lincoln.
Wir bringen Seite 147 bis 151 eine Anzahl Auf-
nahmen aus dem Park von Sudbrooke Holme bei Lin-
coln, die uns von unserm Mitgliede Rud. Thumann
zur Verfügung gestellt sind und im Zusammenhänge
mit dem Seite 148 wiedergegebenen Lageplan die von
Herrn Thumann durchgeführte Neugestaltung der Um-
gebung des Herrenhauses dieses englischen Landsitzes
zeigen.
Den brieflichen Mitteilungen Herrn Thumanns ent-
nehmen wir darüber folgendes:
Sudbrooke Holme, welches eine deutsche Meile
nördlich von Lincoln entfernt liegt, gehört einer alten
Lincolnshire-Familie; der jetzige Besitzer, Mr. C. C. Sib-
thorp, ist einer der größten Grundbesitzer von Lincoln.
Das Herrenhaus ist von außen ziemlich einfach,
aber sehr geräumig und stammt zum Teil aus dem
Jahre 1600. Im Jahre 1780 ist es umgebaut und ver-
größert worden. Es liegt inmitten eines spezifisch
englischen Parkes, der vorwiegend malerische alte Eichen
und Buchen, aber auch viele alte Eibenbäume aufzu-
weisen hat. Er ist ungefähr drei Quadratkilometer
groß.
Die sich an das Wohnhaus auf der Süd- und Ost-
seite anschließende Terrasse ist 6 Meter breit und mit
Steinplatten belegt. An ihren Rändern befinden sich

etwas erhöhte und mit einer Steinleiste abgefaßte
Rasenstreifen. Auf der Südseite führen eine, auf der
Westseite zwei Treppen zum Garten hinunter. Die
Ballustrade ist ungefähr einen Meter hoch und steht
auf einer ebenso hohen Ziegelsteinfuttermauer, die außen
mit Rankrosen bekleidet ist.
Die Wege haben eine Breite von ca. drei und
einem halben Meter; ihre Anordnung war vielfach durch
die Rücksichtnahme auf die vorhandenen alten Bäume
bedingt.
Die auf dem Plane (Seite 148) dunkel gehaltenen
Teile sind Gehölzpartien, die gegen das übrige Ge-
lände etwas erhöht liegen und aus immergrünen und
laubabwerfenden Gehölzen bestehen. Auf der Ostseite
genießt man einen freien weiten Blick in den Park,
nach Süden blickt man in den Park und auf die
Kathedrale von Lincoln. Um den Blick nicht zu be-
einträchtigen wird, auf der Ost- und Südseite die Ein-
friedigung, die erforderlich ist, um Wild und Vieh vom
Garten abzuhalten, durch eine in einen Einschnitt ver-
senkte Mauer — sogenannten Aha — gebildet.
Der Plan Seite 148 zeigt nur den von Herrn Thu-
mann umgeänderten Teil des Gartens. Nördlich grenzt
an diesen Teil der Küchengarten an, getrennt von ihm
durch eine Mauer. An ihrer Südseite entlang zieht
sich ein langer Blumenweg mit Staudenrabatten. An
den Blumenweg schließt sich östlich ein sogenannter
Florentiner Garten, aus dem wir vielleicht später einige
Ansichten nebst Plan bringen können. Der im Lageplan
als italienischer Garten bezeichnete Teil ist im Jahre
1800 angelegt worden und enthält reichen Schmuck
an Blumen, Vasen, immergrünen Bäumen u. dgl.
Herr Thumann, der die italienischen Renaissance-
Gärten gut kennt, hat sich bei der Neugestaltung der
Anlagen auf Sudebrooke Holme ziemlich eng an diese
Vorbilder gehalten. Er befindet sich seit 3 Jahren auf
der Besitzung und es ist ihm bei seinen Arbeiten von
dem Besitzer, der ein kunstverständiger Herr ist, ziem-
lich freie Hand gelassen. H.

Der regelmäßige Garten und die Malerei.
Von Jul. F. Müller in Steglitz.
Wir besitzen heute trotz Jägers, v. Falkes und
Tuckermanns Werken noch keine Wissenschaft von
der Gartenkunst. Auf dem historischen Gebiet fehlt
uns eine klare Scheidung der Entwickelungsepochen
des landschaftlichen Stils, es fehlt die Geschichte
der Kompositionselemente des geometrisch-architek-
tonischen Gartens, deren Kenntnis uns für die
moderne Ausgestaltung des Hausgartens von Nutzen
sein könnte, soweit es sich um Gartenformen der
deutschen Renaissance handelt. Weit ungelöster sind
die ästhetischen Probleme in der Gartenkunst, sowohl
bei Kunstkritikern wie bei Gartenkünstlern, was die
einschlägige Literatur der letzten Jahre zur Genüge
beweist.
 
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