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Die Gartenkunst — 10.1908

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Hoemann, Reinhold: Die Einfachheit in der Gartenkunst: Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst am 27. Juli 1908 zu Potsdam, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0177

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X, 10

DIE GARTENKUNST

107

Der Pücklersche Schlag bei Schloß Ettersberg bei Weimar.


Die Einfachheit in der Gartenkunst.
Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung
am 27. Juli 1908 zu Potsdam.
Von Reinhold Hoemann, Gartenarchitekt, Düsseldorf.
(Schluß.)

Doch weiter, vom Hause zum Garten. Auch im
Garten ist Einfachheit einer übergroßen Vielfachheit
entschieden vorzuziehen. Zeigt aber unser heutiger
Garten (ich will zunächst vom Hausgarten sprechen),
zeigt also unser Hausgarten Einfachheit ? Die Antwort
muß lauten: „nur selten“.
Was ist unter Einfachheit hier zu verstehen, soll
das etwa heißen, für den Garten stehen wenig Mittel
zur Verfügung, deshalb muß er einfach sein, für
reiche Mittel ist sicherlich Vielfachheit erwünscht und
direkt berechtigt ? ?!
Nein, die künstlerische Einfachheit im Garten hat
mit den für den Garten verfügbaren Geldmitteln ab-
solut nichts zu tun, auch der reiche Garten kann und
sollte viel mehr als er es ist, einfach sein! Ich will
nun wieder keine theoretische Erörterungen über die
künstlerische Einfachheit anstellen, sondern an leben-
digen Beispielen zu zeigen suchen, was gemeint ist.
Ich selbst wohne in einer sogenannten Villenvorstadt
und beobachte so tagtäglich hundertfach, wie es ist.
Ich trete ans Fenster straßenwärts und blicke auf den
Vorgarten des Nachbars. Dieser Vorgarten ist 17 m

der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst

lang und 6 m tief. Trotzdem laufen schmale ge-
schwungene Wege um 2 unregelmäßig geformte
Beete. Am efeuumrankten Gitter entlang steht zu-
nächst eine Einfassung von Ziersträuchern, ’pr. Ifd. m
I Strauch in je einer anderen Art, zwischen den
Sträuchern stehen dann noch an Bäumen in dem kleinen
Garten 2 Roßkastanien, 1 Rotdornhochstamm, 2 Kugel-
akazien , eine Buchenlaube ist auch noch vorhanden,
auf den Beeten Magnolien, Rosen, bunte Stauden etc.
das alles eine kaum beschreibbare Vielgestaltigkeit,
richtiger ein Durcheinander sondergleichen, einem
Trödlerladen vergleichbar. Kein Charakter ist in dem
Garten; trotzdem einzelne Pflanzen heute noch schön
sind, ist kein Schönes in dem Ganzen. Was ich hier
schildere, ist keineswegs eine Ausnahme, es ist leider
die Norm. Es fehlt dem Besitzer auch nicht an Liebe
zu seinem Garten, aber das Empfinden für wahre Garten-
schönheit ist ihm, wie dem größten Teil der Allge-
meinheit völlig verloren gegangen; wäre es vorhanden,
würde der Gartenbesitzer mit einem kleinen Bruchteil
der Pflanzen sich begnügen, den Garten viel einfacher,
viel schöner machen.
 
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