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Die Gartenkunst — 10.1908

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Encke, Fritz: Wie sind die städtischen Anlagen für die Bevölkerung praktisch nutzbar zu machen?
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Großmann, J. P.: Zwei Dresdner Stadtplätze$von J. P. Großmann, Garteningenieur, Dresden-Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0228

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218

DIE GARTENKUNST.

X, 12

Radfahrsport u. dergl. Auch das Licht-, Luft-, Sonnen-
bad und das Wasserfreibad müssen hier genannt wer-
den. So mancher heute unbenutzte Uferrand an Seen
und Flüssen kann hier leicht nutzbringend ausgestaltet
werden.
Eine weitere Frage, welche in diesem Rahmen zu
erörtern sein wird, ist die: Wie kann man die Liebe
zur selbständigen Betätigung im Garten, zur gesunden
und erziehlichen Gartenarbeit fördern ? In vielen Städten
hat man den Versuch gemacht, kleine Pachtgärtchen
herzurichten, die vielfach die Bezeichnung Schreber-
gärten tragen. Wie diese auszubilden sind, ob und
wie die Pächter zu gemeinsamer Tätigkeit zu ver-
einigen sind, das sind Fragen, wohl wert zu eingehen-
der Erörterung.
Endlich scheint mir eine geeignete Bepflanzung
der Schulhöfe der Besprechung wert, da hier, wie
kaum anderwärts Gelegenheit ist, eine geeignete Aus-
wahl von Pflanzen während ihrer ganzen Entwickelungs-
periode den Kindern vorzuführen. Auch erscheint die
Frage gerechtfertigt, ob es nicht möglich ist, die bei
den Schulen vorhandenen Spielflächen nach der Schul-
zeit als öffentliche Spielplätze zu benutzen.
Diese knappen Ausführungen wollen den Vorträgen
der Herren, welche die Referate über die.Einzelgebiete
übernommen haben, nicht vorgreifen, sie wollen nur
einen Überblick bieten über das gesamte Gebiet, das
auf unserer Tagung erörtert werden soll.

Zwei Dresdener Stadtplätze.
Von J. P. Großmann, Garteningenieur, Dresden-Leipzig.
Die Gestaltung des Stadtplatzes ist abhängig von
dem Zweck, dem er dienen soll. In alter Zeit diente
er meist nur zu Marktzwecken oder zu Rats- und
Volksversammlungen unter freiem Himmel.
Eine gärtnerische Ausgestaltung kannte man nicht.
Im neuzeitlichen Städtebau spielt der Stadtplatz eine
ganz andere Rolle. Der Marktbetrieb ist in Verkaufs-
läden und Markthallen konzentriert und Rats- und
Volksversammlungen finden in großen Sälen statt.
Die Bedeutung des Stadtplatzes liegt jetzt mehr
auf ästhetischem, verkehrstechnischem und auf hygieni-
schem Gebiete. Ein Ruhepunkt im Verkehrsbetriebe
soll er sein, eine wohltuende Unterbrechung langer
Strassenzüge, ein Orientierungspunkt im Straßengewirr
und nicht zumindest eine grüne Oase im Häusermeer,
ein Aufenthaltsort der Städter im Grünen.
Während unsere Altvorderen in der Gestaltung
abgeschlossener, gegen Windzug geschützter Stadtplätze
Meister waren, sie also alle hygienischen und Schön-
heitsfragen usw. wohl beachteten, ist in der Neuzeit
hiergegen viel gesündigt worden. Der Zweck des
Stadtplatzes wurde vielfach verkannt, ganz besonders
aber fehlte man darin, daß man ihn nicht intim und
abgeschlossen genug gestaltete. Man suchte sogar

etwas darin, möglichst viel Verkehr an einem Platze
zusammenzuführen und über denselben zu leiten.
Schlechtgeführte Straßenzüge erweiterte man an den
Schnittpunkten zu Verlegenheitsdreiecken, welche nicht
Platz noch Straße waren und mit welchen auch die
gärtnerische Kunst beim besten Willen nichts anfangen
konnte. Die Kreisform, das Oval waren oft die größte
Phantasieleistung bei Gestaltung von Stadtplätzen.
Über die weitere Ausgestaltung dieser auf dem Reiß-
brett mit Zirkel schön projektierten Plätze zerbrach
man sich kaum den Kopf und der Gartenkünstler
mußte für die Sünden des Städtebauers büßen, wenn
er aus der verfehlten Platzanlage auch gärtnerisch
nichts Befriedigendes schaffen konnte. Meist kam
man über eine rein dekorative Gestaltung des Platzes
nicht hinaus. Von Erholung kann auf ihm keine
Rede sein, es soll vielmehr von den Umgangsstraßen
aus dem Passanten ein schönes Bild sich bieten.
Zum Verweilen und Genießen kann er den geschäf-
tigen Städter nicht fesseln.
In neuester Zeit ist hierin zwar ein Wandel zum
Besseren eingetreten, aber die Bebauungspläne aus
den letzten Jahrzehnten werden noch lange mit ihren
verfehlten Platzanlagen uns zu schaffen machen. Unser
Bestreben muß nun darauf gerichtet sein, zu retten,
was noch zu retten ist, um derartige mißglückte Plätze
durch gärtnerische Kunst zu ästhetischen und praktisch
befriedigenden Plätzen auszugestalten. In den beiden
im Grundplan veröffentlichten Entwürfen für zwei
Dresdener Stadtplätze ist hierzu der Versuch gemacht
worden.
Hier ist zunächst der Nürnberger Platz, welcher
vom Baurat Professor Tscharmann und mir gemeinsam
entworfen ist, während der Entwurf des anderen
Platzes von mir allein aufgestellt wurde. Dieser Platz
liegt in vornehmer Gegend, im sogen. „Zelleschen
Viertel“ in Dresden und ist von vierstöckigen Häusern
umgeben. Er bildet eigentlich nur eine ovale, nicht
sehr glückliche Erweiterung der Nürnbergerstraße,
geteilt durch die quer über den Platz führende Liebig-
straße in zwei gleiche Hälften. Ein weiterer Mißstand
besteht darin, daß er in der Axe der Nürnbergerstraße
liert, welche von Ost nach West führt und den
herrschenden Winden sehr ausgesetzt ist.
Es war bei Gestaltung dieses Platzes daher vor
allem erforderlich, durch reichliche hainartige An-
pflanzung von Bäumen, namentlich enggepflanzten Bir-
ken, den Wind zu brechen und den Platz etwas zug-
freier zu machen. Aus gleichem Grunde und auch
aus ästhetischen Gesichtspunkten ist die verkehrslose
Liebigstraße nicht gerade, wie ursprünglich projektiert,
über den Platz geführt, sondern gebrochen.
Der Platz stellt sich also dar als Birkenwäldchen,
in dessen Mitte ein von Kastanienbäumen umgebenes
Blumengärtchen eingelegt und von den Umgangsstraßen
durch Gebüsch abgegrenzt ist. Zahlreiche Bänke im
Schatten der Kastanien und zwei kleine Kinderspiel-
plätze sollen zum Aufenthalt einladen. Ein Wasser-
 
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