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Die Gartenkunst — 10.1908

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Heicke: Die neue Anlage in Bad Nauheim, "ein Dokument moderner deutscher Gartenkunst", [2]
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Verschiedene Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0025

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X, 1

DIE GARTENKUNST.

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nur denkbare „Decksträucher“-Material — Amorphen,
Berberitzen, Caraganen, Viburnum, Spiraeen, Rosen,
Syringen, Koelreuterien, Lorbeeren, Symphoricarpus,
Prunus Pissardi, Rhamnus, Ligustrum, Cornus, Aronia,
Sambucus, Rhus usw. usw., untermischt mit gleich-
mäßig über die Fläche verteilten Birken, Linden, Ahorn,
Silberpappeln, Akazien, Eschen usw. und hier und da
in das Dickicht eingesprengten Koniferen (Pseudotsuga
Douglasi, Picea pungeus (natürlich auch P. p. glauca),
P. Engelmanni, Larix, Abies Nordmanniana, Juniperus
in verschiedenen Formen u. dergl.) zur Anpflanzung
dieses Fehmelwaldes benutzt worden.
Dabei lassen sich der Art der Anpflanzung nach
drei Abschnitte unterscheiden: im ältesten Teile ist
alles ganz wahllos kunterbunt durcheinandergeworfen;
später hat man die einzelnen Sorten der Sträucher
truppweis zu 100—150 Stück nebeneinandergepflanzt
und im letzten Pflanzabschnitte ganze Ackerparzellen
gewissermaßen in Reinkultur mit je einer oder, wo die
eine Sorte nicht ausreichte, in zwei Sorten bepflanzt,
dazwischen dann in größeren Abständen einzelne baum-
artige Sachen eingesprengt.
Man wollte unter feinsinniger Berücksichtigung der
Verschiedenartigkeit der Holzarten, ihrer Wuchs- und
Farben- und Formenwerte malerische Gruppierungen
erzielen. Man hat ohne Rücksicht auf Größe, Form,
Licht- oder Schattenbedürftigkeit wahllos alles zu-
sammengepflanzt; ob es zusammenpaßt nach den natür-
lichen Bedürfnissen der Arten oder den Schönheits-
anforderungen, darnach ist nicht gefragt worden. Dicht
am Rande des Weges stehen genau die gleichen Sachen,
die man auch antrifft, wenn man 100 m in das Dickicht
eingedrungen ist. Kleinbleibende Sträucher stehen unter
und zwischen den starkwüchsigsten Bäumen. Zusammen-
stellungen in z. B. Pseudotsuga Douglasi dicht neben
und unter sie jetzt schon unterdrückenden Silberpappeln,
sind nicht selten. Überhaupt kann man schon jetzt
in den zuerst gepflanzten Teilen wahrnehmen, wie die
starkwüchsigen Arten die schwächeren überwuchern,
wie der Kampf ums Dasein unter diesen wahllos zu-
sammengepflanzten Beständen aufzuräumen beginnt,
wie hundert- und tausendweise die am falschen Platze
stehenden Individuen — an sich wertvolles Material —
zugrunde gehen.
Man hat die Reize der Landschaft durch die An-
lage heben, ihre Schönheiten erschließen wollen. Statt
dessen waren für die Anordnung der Pflanzungen offen-
bar lediglich die Ackergrenzen und die Form der Par-
zellen maßgebend und die Folge ist, daß die ganze
Anlage so wenig wie möglich sich in die Landschaft
einfügt, daß in den unteren Teilen jeder Ausblick in
die nähere oder fernere Umgebung zugepflanzt ist und
die Fernsichten von den höher gelegenen Stellen aus
teilweise schon jetzt, teilweise aber mit Sicherheit in
wenigen Jahren gänzlich durch die sich mächtig ent-
wickelnden mittleren und unteren Pflanzungen zuge-
wachsen sind, wenn nicht das Kulturinstrument Axt
schon sehr bald in energischer Weise gehandhabt wird.

Am erträglichsten ist die Sache noch in den am
höchsten gelegenen Teilen. Dort sind augenscheinlich
der Grasnutzung wegen die vorhandenen Wiesenflächen
frei gelassen und nur die sich rückenartig von oben
nach unten in die Wiesen einschiebenden Bodenan-
schwellungen schon in früheren Jahren bepflanzt worden.
Dort oben ist im Anschluß an den eigentlichen Wald auch
die Wahl des Pflanzenmaterials ziemlich gut getroffen.
Eichen, horstweise abwechselnd mit Birken, Buchen,
Douglasfichten und Lärchen ergeben in Zukunft sicher
ruhige schöne Bilder — aber der kleinliche Geist, der
das Ganze zurzeit beherrscht, verleugnet sich auch hier
nicht: wo sich im Laufe der natürlichen Entwickelung
hier und da die Ränder lockern und malerische Konturen
bilden wollten, sind schleunigst die Lücken mit Thurya
Lobbi, Picea Engelmanni, P. pungeus glauca, Kastanea
vesc.a und dergl. in ängstlicher Reihenpflanzung unter
Einhaltung der Parzellengrenzen zugepflanzt — beileibe
aber nicht mal eine malerische Gruppe frei in die Wiese
hineingesetzt worden.
Gut an der ganzen Anlage ist eigentlich nur die
Wegeführung, insofern als man sich auf die notwendig-
sten; Wegezüge beschränkt und diese in schlanken
Bogönlinien und angenehmen Steigungsverhältnissen
ang&rdnet hat. Auch die Behandlung des Donners-
grabens — einer mit alten Waldbestand — hochwipfe-
ligeij Eschen und breitausladenden alten Eichen — be-
wachsenen Schlucht ziemlich in der Mitte der ganzen
Anlage — ist nicht übel; sie könnte fast als ein Bei-
spiel dafür gelten, wie man die ganze Sache hätte
anfassen sollen.
Und wie Ironie wirkt es, wenn man in einer Frank-
furter Tageszeitung liest: Der Verwalter des Forst-
reviers Bad Nauheim hat sich um den Ausbau der
Neuanlagen die größten Verdienste erworben, ihm ist
es'ih erster Linie zu danken, daß der dortige Wald-
park ein vorbildliches Dokument neuer
deutscher Gartenkunst geworden ist! — Also
auf nach Bad Nauheim!! Heicke.

Verschiedene Mitteilungen.
Großstädtischer Müll und seine Verwendbarkeit zu Auf-
füllungen für Gartenanlagen. Bei größeren Anlagen in der
Umgebung unserer Großstädte fehlt es oft an geeignetem
Material zu Bodenanschüttungen und es ist bereits hier und
da die Verwendbarkeit des Mülles zu solchen Zwecken er-
örtert worden, zumal ja seine Beseitigung in den meisten
Städten eine brennende Frage geworden ist und es ohne
Zweifel von großer Bedeutung sein würde, ihn für Garten-
anlagen in größerem Umfange verwenden zu können. Ge-
legentlich einer Umfrage, die ich unlängst über diese Frage
zu veranstalten hatte, bekam ich unter anderen von Herrn
Promenadeninspektor Kr e i s s - Braunschweig eine sehr aus-
führliche Auskunft über Versuche, die er mit derartigem
Material in seinem Wirkungskreise gemacht hat. Ich glaube,
daß seine Mitteilungen interessant genug sind, um ihre Ver-
öffentlichung an dieser Stelle zu rechtfertigen. Herr Kreiss
 
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