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Die Gartenkunst — 10.1908

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Großmann, J. P.: Zwei Dresdner Stadtplätze$von J. P. Großmann, Garteningenieur, Dresden-Leipzig
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Prestele: Japans Pflanzenwelt und Gartenkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0230

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DIE GARTENKUNST.

X, 12

Straße zu sowieso abgeschlossen werden muß. Die
entlang dem Wasserbassin angepflanzten Rosenrabatten
bedürfen keiner besonderen Einfassung und die übrigen
Rasenflächen brauchen nur mit einem ganz niedrigen
Bandeisen abgegrenzt zu werden. Hierdurch ist eine
Zerreißung der Platzflächen, wie sie bei der Verwen-
dung hoher Einfassungsgitter nicht umgangen werden
kann, vermieden.
Alles in allem charakterisiert sich dieser Platz
ebenfalls als ein vom Straßengetriebe durch dichte
Grenzpflanzung abgeschlossener öffentlicher Garten,
welcher gleichzeitig repräsentativen Zwecken dient,
dadurch, daß er nach der Elbe zu offen gehalten ist.
Durch eine Treppenanlage und Kaskade findet er die
Uferböschung hinab nach den Elbwiesen zu seine
Fortsetzung.

Japans Pflanzenwelt und Gartenkunst.
Von Major ä. D. Prestele, Wolfratshausen.
(Schluß.)
Unmittelbar daran reiht sich die Zeit der Azaleen,
mit ihnen hat im Mai der Sommer seinen Einzug
gehalten. Es blühen dann auch die verschiedenen
Getreidearten, wie Weizen und Gerste; Um diese Zeit
weilt der Japaner gerne draußen in seiner Wunderwelt,
alt und jung erfreut sich ihrer Herrlichkeit. Ist doch
um diese Zeit der Anblick der Zaubergärten bei Tokio
durch den Reichtum der märchenhaften Farben ge-
radezu überwältigepd — so wie ihn die Dichter längst
entschwundener Zeiten geschildert.
Ein Farbenmeer von Purpur und Rosa breitet sich
vor dem erstaunten Auge, weicher duftiger Flaum der
abgefallenen Blüten auf allen Pfaden vor den Füßen
des Wanderers aus, während die gefüllten Kirschblüten
noch an den Bäumen prangen. Weiße und gelbe Töne,
wie schwebende Sommerwolken jeden Zweig um-
schließend, erheben sich vor dem wogenden Hinter-
grund der fein gegliederten zarten grünen Blätter der
Bambushaine.
Ist die Azaleenblüte beendet, beginnt im Juni und
Juli die Zeit der Wistarien mit ihren grüngelbschil-
lernden Blättern und den langen traubenähnlichen blaß-
lilafarbigen Blütentrauben und der besonders beliebten
Päonien, „der Königin der Blumen“, ferner der Schwert-
lilien und der gleich der Kirsch- und Apfelblüte die
Schaulust weckenden Trichterwinde. Schon bei Morgen-
dämmerung ist das Volk auf den Beinen und zieht in
Scharen nach den Gärten, in denen die Trichterwinden
zur Schau gestellt sind. Diese haben eine große An-
zahl „Amateure“. Beinahe jeder rühmt sich einiger
selbstgezogener Sorten, von denen gegenwärtig wohl
mehr als tausend Varietäten existieren. Nachdem im
— meist sehr heißen — August die mit dem Buddhis-
mus aus China eingeführte Lotosblume — die heilige
Blume, die „obwohl im tiefsten Schlamme wachsend

rein und makellos bleibt“, „auf den Kelchen goldener
Lotosblumen wird im Paradies der Begnadete thronen“ —
auf den Weihern andächtig von groß und klein be-
wundert worden, sieht der Japaner im September,
wo die Taifune vom Südwesten oft sehr rasche
und jähe Temperaturschwankungen mit sich bringen
und die Wälder sich zu verfärben beginnen, in der
Herbststimmung ein zweites Blühen und erfreut sich
des prächtigen, bunten Farbenwechsels, welcher auch
die Waldregionen unseres deutschen Vaterlandes um
diese Zeit in allen Abstufungen von roten, braunen
und gelben Tönen in wunderbarer Harmonie so fesselnd
und anziehend macht. Zwar Großartigkeit und Er-
habenheit, wie sie sich beim Anblick unserer bayeri-
schen Berge über eine weite Ebene oder über einen
See hin zeigen, fehlen im allgemeinen der japanischen
Landschaft mit alleiniger Ausnahme des weißen Zaubers
desFujiyama, der in den wolkenlosen Himmel hineinragt.
Bei ihr ist alles in einem kleineren und zierlicheren
Maßstab ausgeführt als bei uns, Land, Leben und
Himmel sind anders als es sich der Europäer vor-
zustellen vermag. Die große Anzahl winterharter
Laubbäume mit ihrem bleibenden Grün läßt die Glut-
farben herbstlicher Stimmung bei dem unendlichen
Reichtum an Hügeln und Hainen, Tälern und Meeres-
buchten, Landzungen und Inseln, wo Meer und Himmel
in demselben schönen, klaren Blaßblau zusammen-
fließen, voll zu Geltung kommen.
Als purpurner Fleck heben sich der Kirschbaum,
als -ziegelrote feurige Blütenwolke die Blätter des
Ahornbaums von seiner Umgebung, den nunmehr gleich-
falls sich braun färbenden Reisfeldern ab, die Eiche
schimmert in sattem Goldbraun, die Birke ist in das
strahlende Gelb des Bernsteins getaucht. Wie in
einer festlichen Stimmung zeigt sich die Natur.
Auch im Oktober zur Zeit der Reisernte,
strahlt die Sonne meistens vom blauen Himmel auf
das nun völlig herbstlich gekleidete Gefilde. Gleich-
sam wie zum Schluß des Jahres bieten die sich nun in
unbeschreiblichen Varietäten entfaltenden Blüten der
Chrysanthemumpflanze, der Lieblingsblume der Japaner,
Gelegenheit zu ekstatischen Gefühls- und Gemüts-
äußerungen, zum Höhepunkt des Blumenkults und ge-
radezu verblüffenden künstlichen Arrangements. Es
werden in Tokio zu diesem Zwecke volkstümliche Aus-
stellungen in sauber gehaltenen Gartenanlagen veran-
staltet. Hier zeigt sich die aparte japanische Garten-
kunst auf einer Flöhe, wie sie auf dem ganzen Erden-
runde nicht wieder angetroffen wird. Auf einer Theater-
bühne sind lebensgroße Figuren zu einer dramatisch
bewegten Gruppe — hier und da Episoden aus der
japanischen Geschichte darstellend — vereinigt.
Alle Gewänder derselben sind aus dem blüten-
reichen Chrysanthemen zusammengesetzt, flatternde
Kimonos, fliegende Ärmel und Überkleider in zartesten
Mustern und feinster Farbenzusammenstellung sind
gebildet von echten, nicht künstlichen, sondern lebenden,
wurzelnden Topfpflanzen; lediglich Hände und Gesicht
 
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