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Die Gartenkunst — 10.1908

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Maasz, Harry: Studie zu einem Gartenstadtplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0047

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DIE GARTENKUNST.

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Harry Maaß, Stuttgart: Studie zu einem Gartenstadtplatz. Blick B (vergl. Plan Seite 38.)

Studie zu einem öartenstadtplatz.
Von Harry Maaß.

Vor einer Reihe von Jahren fielen mir gelegentlich
einmal einige Flugblätter und Schriften über die Ziele
und Bestrebungen der Gartenstadtgesellschaft in die
Hände und ließen den Entschluß in mir reif werden,
vorliegende Studie über einen Gartenstadtplatz auszu-
arbeiten.
Es muß mit Freuden begrüßt werden, wenn in
Sachen des modernen Städtebaues den Ansichten und
Vorschlägen der Gartenkünstler Beachtung geschenkt
wird und die Zeit liegt hoffentlich nicht mehr allzu
ferne, wo der Gartenkünstler einen Platz neben dem
Städtebauer erhält. Was die Reißbrett- und Winkel-
arbeit für Früchte gezeitigt hat, darüber kann ich wohl
hinweggehen, man sieht es ja überall bei der „Ver-
schönerung“ und Regulierung alter Stadtteile, ja ganzer
Städte. Der Kunstwart bringt in fast jeder seiner
Halbmonatsnummern Beispiele dieser entsetzlichen Un-
kultur.
Was schadets, wenn die große Linde, das Wahr-
zeichen einer Straßenkreuzung, der Axt zum Opfer
fällt, wenn nur die zukünftige Straße recht fein gerade
ausgeht, oder warum soll diese und jene Baumgruppe
erhalten bleiben, da sie dem Verkehr vielleicht hinder-
lich ist? Fort damit! Der am grünen Tisch entworfene
Plan ist so und nicht anders, er wurde genehmigt und
wehe dem, der ein Titeichen daran zu ändern wagt.

So verschwindet manch reizendes Idyll erbarmungslos
und. macht einem Fassadenmeer Platz, aus dem Öde
und Kälte den Besucher angrinst. Oder ist es in-
zwischen anders geworden? Über schüchterne Anfänge
ist die Besserung noch nicht hinaus gekommen. Zu
welch einer köstlichen Gruppierung und Umrahmung
hätte ein einzelner Baum, hätte diese Baumgruppe bei-
getragen! Schnurgerade Alleen werden angepflanzt und
alljährlich zur Herbst- und Frühlingszeit sieht man eine
Kolonne emsiger Gärtner an ihnen herumschneiden,
um sie noch steifer, noch öder als sie schon sind, zu
formen. Ich bin absolut kein Gegner dieser geraden
Straßenalleen, im Gegenteil heiße ich sie gerade dort
willkommen, wo sie die Erzeugnisse einer Maurerpolier-
kunst dem Auge verbergen. Aber doch nicht überall
dort, wo eine neue Straße gebaut wird, diese hoch-
beinigen, besäbeiten Karrikaturen!
Bilder dieser Art können nur dort entstehen, wo
der Stadtplan ohne gartenkünstlerischen Beirat ge-
schaffen wird. Erst wenn die Straße fertig projektiert
ist, ruft man den Gärtner, der durch Baummaterial der
Straße den Schatten und auch den nötigen Anstrich
verleihen soll.
Wie manch schönes Vegetationsbild könnte im
Städterahmen einerseits erhalten bleiben, andrerseits
aber geschaffen werden, wenn mehr als bisher der
 
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