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Die Gartenkunst — 10.1908

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Encke, Fritz: Julius Trip, weiland städtischer Gartendirektor in Hannover: das Lebensbild eines deutschen Gartenkünstlers
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0030

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20

DIE GARTENKUNST.

X, 2

werden von der Gartenverwaltung etwa 274 ha unter-
halten.
Rechnet man hierzu noch den forstlichen Teil der
Eilenriede mit 597 ha und den im Jahre 1903 von
der Stadt angekauften Tiergarten bei Kirchrode mit
95,5 ha, so ergibt sich eine Ausdehnung der städti-
schen Grünanlagen von fast 1000 ha, die der Ein-
wohnerschaft Hannovers als Erholungsplätze dienen.
Durch die neuerdings erfolgte Eingemeindung von 6
Vororten dürften sie reichlich auf 1000 ha angewachsen
sein. Demgegenüber hat sich die Größe der königlichen,
fiskalischen und privaten Anlagen allerdings von 232 ha
auf 135 ha verringert. Die gesamte Grünfläche beträgt
somit über 1100 ha, welchen eine Einwohnerzahl von
ca. 300000 gegenübersteht, so daß Hannover hinsichtlich
der Größe der Grünanlagen auf den Kopf der Bevölke-
rung wohl an zweiter Stelle in Deutschland stehen dürfte.
Die städtische Gärtnerei an der Heidestraße und
die dazu gehörigen Baumschulen dehnen sich auf einer
Fläche von über 10 ha aus. 10 Gewächshäuser, 3 Über-
winterungsräume und 600 Frühbeetfenster dienen neben
zahlreichen Anzuchtsbeeten zur Heranzucht und Über-
winterung der Gewächse, welche während der Sommer-
monate auf etwa 75 Blumenbeeten und großen Parterres
der städtischen Anlagen und bei Festlichkeiten zu
Dekorationen verwendet werden.
130000 Topfpflanzen, 1000 Azaleen, 800 Nadel-
hölzer und 22 500 Stauden finden alljährlich in den
Blumenanlagen der Stadt Verwendung und 50 Aus-
schmückungen bei gemeinnützigen Veranstaltungen sind
durchschnittlich jährlich von der Stadtgärtnerei aus-
zuführen.
Die Baumschulen und Staudenkulturen haben einen
Bestand von 270000 Stück verschiedener Pflanzen. Die
Baumpflanzungen auf Alleen, Schulhöfen und öffent-
lichen Plätzen. sind von 3500 auf 10000 Stück ver-
mehrt worden.
Dementsprechend ist auch das Verwaltungsper-
sonal zahlreicher geworden. An der Spitze steht der
Gartendirektor, den 3 Obergärtner in der Leitung der
Verwaltung unterstützen. Hierzu kommen ein Bureau-
vorsteher, eine Schreibhilfe, je nach Bedarf 3 oder 4
Techniker und 6 Aufsichtsbeamte. Die Anleitung und
Aufsicht bei den praktischen Arbeiten bewirket! 11
Obergehilfen und Friedhofsgärtner. Die Zahl der Gärt-
ner und Arbeiter beträgt rund 200; dazu kommen noch
50 Arbeitsfrauen.

An Gehältern werden bezahlt 28650 M: An Unter-
haltungskosten werden verausgabt:

Im ganzen rund 250000,00

Für die Schmuckplätze, Restaurations-
gärten, Alleepflanzungen und die
' ~ Jb I
Gärtnerei . . . . . , . . .
75920,00
für den Maschpark.
10000,00
für die Eilenriede
18380,00
für die städt. Schulgärten.
3940,00
für die .Krankenhaus- und Stiftsgärten
8920,00
für die Friedhöfe . .
104693,00

Ich unterlasse es, nachdem im vorhergehenden in
dürren Zahlen und Aufzählungen die Entwickelung
der Gartenverwaltung in Hannover unter Trips Leitung
zur Darstellung gebracht ist, seine einzelnen Schöpfungen
bis ins kleinste aufzuzählen. Es genügt meiner Meinung
nach, diejenigen hier kurz zu nennen, welche der Stadt
ihr besonderes Gepräge geben in Flinsicht auf ihre
gartenmäßige Ausschmückung.
Jedem, der die Stadt Hannover besucht, fällt die
eigenartige Georgstrasse (Abb. 2) auf mit ihrem über-
reichen Pflanzenschmuck. Der Theaterplatz, ein Teil
jener Anlagen, war denn auch gewissermaßen die
Visitenkarte, welche Trip den Hannoveranern vorlegte.
Die beigegebene Abbildung 3 gibt die feinsinnige
Art wieder, in welcher er stellenweise Gewächse von
fremdartiger Physiognomie zu wirkungsvollen Gruppen
zu vereinigen verstand. Was aber seine Anlagen be-
sonders auszeichnete, das war ihre außerordentlich
saubere Flaltung. Die reichen Blumenzusammen-
stellungen auf den zahlreichen Beeten wurden vom frühen
Frühjahr bis zum Spätherbst .sofort nach dem Abblühen
eines. Flores erneuert und waren an Üppigkeit der
Kultur und Exaktheit der Anordnung in Deutschland
unübertroffen. Soviel Anfeindungen ihm die ersten
Eingriffe bei der Herstellung dieser Anlagen brachten,
soviel Anerkennung hat die Ausschmückung dieser
„Gartenstraße1' vom Cafe Kroepke bis zum Aegidien-
torplatz, welche den vornehmsten Teil Hannovers
bildet, später gefunden.
In ähnlicher Weise sind viele kleinere Plätze aus-
gestattet, so u. a. der Vorplatz des Neuen Hauses
(Abb. 4). Auch einige offene Friedhöfe sind von ihm
mit Geschick umgestaltet und so dem Erholungs-
bedürfnis der Anwohner dienstbar gemacht worden.
Seine größten Schöpfungen sind jedoch die Auf-
schließung und Verschönerung des der Stadt zunächst
liegenden Teiles der Eilenriede (Abb. 6) und der
Maschpark. Seinen Standpunkt bei der Behandlung
des Schönheitswaldes, d. h. eines Waldes, der nur als
Erholungsstätte der Stadtbewohner dienen soll im
Gegensatz zum Wirtschaftsforste, hat er wiederholt in
Vorträgen dargelegt. So treffend diese nach meiner
Meinung sind, so haben sie doch hinsichtlich der Eilen-
riede heftige Angriffe aus Forstkreisen zur Folge ge-
habt. Trip hatte aber die Genugtuung, daß schließ-
lich nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch
die ■ städtischen Behörden seine Anschauungen und
Maßnahmen guthießen.
Auch sein Maschparkprojekt ist nicht ohne Kampf
zur Ausführung gelangt (Abb. 7). Hinsichtlich der
Parkgestaltung lassen sich ja, mehr noch als bei
anderen gartenkünstlerischen Schöpfungen, verschiedene
Standpunkte einnehmen. In der Tat kann man über
die Anordnung des Teiches verschiedener Meinung
sein. Man darf dabei aber nicht vergessen, daß der
beabsichtigte Eindruck erst dann vorhanden ist, wenn
die Pflanzungen ein größeres Alter und ihre volle Höhe
erreicht haben. In Betreff der Flächengliederung des
 
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