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Die Gartenkunst — 10.1908

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Trip, Julius: Darlegung des Standpunktes, welcher für die Bewirtschaftung von Waldkomplexen in unmittelbarer Nähe der Städte maßgebend sein sollte
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0042

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32

DIE GARTENKUNST.

X, 2

lichten und verjüngen müssen, wenn im Altbestande
die große Mehrzahl seiner Baumexemplare den un-
angenehmen Begriff des Absterbens und der Fäulnis
verkörpert, ganz abgesehen von den praktischen Er-
wägungen, welche die daraus resultierende Zunahme
von Schädlingen aller Art uns aufzwingen und zum
Einschreiten nötigen.
Solche, einem
gewissen Naturprin-
zip folgenden künst-
lerischen Schlußfol-
gerungen, welche in
erster Linie vom Ge-
fühl des Ausführen-
den abhängen, wer-
den ihn bei allen
Maßnahmen der Be-
standeserhaltung,
Verschönerung und
Verjüngung leiten
müssen. Die Forst-
technik wird hierbei
erst in zweiter
Linie in Betracht
kommen können,
in der Art, daß wir
uns fragen: „Wie
weit können und
müssen wir forst-
wirtschaftliche
und technische
Erfahrungen
hierbei anwen-
den und wo ist
die Grenze die-
ser Anwendung
im Hinblick auf die
Erreichung unseres
Zieles. —•
DieseFrage bil-
det auch den Schlüs-
sel zur modernen
F orstästhetik, die
zurzeit noch im er-
sten Stadium der
Klärung sich befin-
det und in dem Abb. 19.
Streit derMeinungen
zwischen der reinen Forstwirtschaft und der durch
ästhetische Gesichtspunkte modifizierten Waldpflege
sich hoffentlich zugunsten der extremsten Richtung
aller ästhetisch fühlenden Forstmänner entwickelt.
Je nachdem Wirtschaftlichkeit und Technik auf
der einen Seite und ästhetische Rücksichtnahme <auf
der anderen vorwiegt, werden wir eine stufenreiche
Skala der verschiedenen Auffassung von Forstästhetik
beobachten, die schließlich auch zu Schlußfolgerungen
führen kann, wie solche von Sa lisch sie in seiner

Forstästhetik bringt, in welcher er bei der Besprechung
reihenweise gepflanzter Bestände deduziert, daß auch
Ordnung und regelmäßige Ausbildung der Stämme im
Reviere ein gewisses ästhetisches Gefühl erregen
können.
Der ganze Begriff Forstästhetik ist ein Wider-
spruch in sich selbst, eine Wirtschaftsästhe-
tik kann es nicht
geben und man wäre
meines Erachtens
nur berechtigt, von
der Anwendung
einer Waldästhe-
tik (im Sinne des
Naturwaldes) auf
den Wirtschafs-
wald zu reden.
Immerhin wird
Ausbildung,. Erhal-
tung und Verjün-
gung des Schön-
heitswaldes ein gu-
tes Maß forsttech-
nischen Könnens
erfordern, aber auch
vor allem eine
gründliche Beherr-
schung der in bezug
auf schulmäßige
methodische Aus-
bildung viel älteren
Parktechnik, deren
intensive Handha-
bung in den wald-
artigen Partieen un-
serer großen Land-
schaftsparks so
schöne Erfolge in
den letzten beiden
Jahrhunderten ge-
zeitigt hat.
In einer Ver-
einigung und einem
Zusammenwirken
beider wird allein
das Heil für unsern
Wald zu suchen und
zu finden sein.
Solches Zusammenwirken gärtnerischer und forst-
licher Technik beherrscht der erfahrene Gartenkünstler
vollkommen, und ihm haben wir nächst dem künstleri-
schen Können der betreffenden Schöpfer und späteren
Wirtschafter so herrliche von Gartenkünstlern ge-
schaffene und gepflegte Schönheitswälder wie der Tier-
garten in Berlin, das Bois de la Cambre in Brüssel, die
waldartigen Teile der Parkanlagen in Muskau, das Bois
de Boulogne in Paris und in gewisser Beziehung auch
das Bois de Vincennes und andere mehr zu verdanken,


Bachszenerie im Park zu Hohenaschau in Oberbayern.
 
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