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Die Gartenkunst — 10.1908

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Maasz, Harry: Studie zu einem Gartenstadtplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0048

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38

DIE GARTENKUNST.

X, 3

Gartenkünstler bei Erweiterung und Umgestaltung der
Städte zu Rate gezogen würde, um sein Für und Wider
in die Wagschale zu legen.
Wie man alten Baumbestand dem Städtebild er-
halten kann, zeigt uns die Stadt Kiel, nicht etwa meine
ich hier das Versetzen älterer Bäume, welches ja in
neuerer Zeit mit vielen Unkosten überall geschieht, ich
habe hier vielmehr Bäume und Baumgruppen im Auge,
die ohne Rücksicht auf die Lage der Straße erhalten
und entsprechend der Höhenlage derselben ummauert
wurden. Und das geht alles auch ohne den Verkehr
zu behindern.
Diese kleine Abschweifung so nebenbei. Nach
dem Vorbild alter Städteplätze mit ihren vorspringenden
und zurückliegenden Ecken, die ihnen malerische
Schönheit verlei-
hen, wählte ich
meinen Garten-
stadtplatz.
Die umliegen-
den Gebäude lie-
gen bald an der
Straße, und erhal-
ten ihr Gärtchen
der Straße abge-
wandt. Bald sprin-
gen sie zurück und
der Weg zu ihnen
führt durch üppig
berankte Lauben
und zwischen blü-
henden Blumen-
rabatten hindurch.
Während hier eine
Mauer mit grün-
umwobenem Gar-
tenhäuschen be-
standen denGarten
vom Platz trennt
(Seite 43), begrenzt
dort freudig gestrichenes Lattenwerk oder eine sauber
geschnittene Hecke mit Torbogen das Anwesen des
Bürgers (Seite 40). Überall, wohin das Auge schaut,
anmutige Szenerien, üppiges Grün, aus dem das rote
Ziegelwerk der Dächer lustig hervorlugt. Im Schatten
dichtbelaubter Kastanien plätschert ein Brunnen aus
Ziegelsteinen aufgebaut, einfach in seiner Form, aber
zweckdienlich (Seite 41); und steinerne Ruhesitze bieten
Gelegenheit zur Erholung. Dort wo die Mauer den höher
gelegenen Garten vom Platz trennt, erblühen Ritter-
sporn, Malven, Eisenhut und Kapuzinerkresse, die
charakteristischen Pflanzen unserer Bauerngärten und
allerlei schönblühendes Gesträuch verbindet sich eng
mit dem Steinwerk der Mauer, durch deren Holzbe-
krönung Blütenwerk schimmert, ein Ahnen weckend
von dem Liebreiz des dahinter sich verlierenden
Gartens (Seite 42). Unter einem Rosendach im Winkel
der Mauer rieselt ein Brünnlein (Seite 39).

Der zu einem Rosengarten ausgestaltete kreis-
förmige Platz ist von einem 80 cm hohen Lattengitter
mit dahinter liegender Hecke eingefriedigt. Den Mittel-
punkt bildet eine Sonnenuhr auf blumenumgürteter
Rasenfläche. Bänke laden zur Ruhe ein. An den Zu-
gängen stehen auf Steinpostamenten in Kübeln Horten-
sien, deren blaue Färbung mit den gelben Rosen wirk-
sam kontrastiert (Seite 37).
Von einer weiteren Erläuterung der Skizzen will
ich absehen, sie sollen für sich selbst sprechen.
Wenn wir nun der Frage näher treten, wo die
öffentlichen Plätze in einer Gartenstadt zu wählen sind,
so meine ich vor allen Dingen dort, wo alter Baum-
bestand vorhanden ist, der als Hauptschmuck natürlich
erhalten und gepflegt werden muß und um den sich
die künstlerischen
Anlagen am wir-
kungsvollsten
gruppieren kön-
nen. Ferner an
Kreuzungspunk-
ten mehrerer Ver-
kehrsstraßen und
in der nächsten
Umgebung öffent-
licher Gebäude, die
durch ihre archi-
tektonische Aus-
gestaltung wir-
kungsvoll in der
allgemeinen grü-
nenden und blü-
henden Idylle da-
stehen.
Vor dem
Schulhause, unmit-
telbar am schat-
tigen Spielplatz,
liegt der feinge-
pflegte Schulgar-
ten, in welchem die wichtigsten Pflanzen von den Kindern
selbst gezogen und gepflegt werden. Getreidearten,
Nutzpflanzen, Gift- und Arzneipflanzen sind auf sorgsam
gesäuberten Rabatten geordnet. Hier auf Kalkstein-
gruppierungen leuchtet vom Frühjahr bis zum Herbst
die Flora unserer Hochgebirge, während dort in Wasser-
behältern die Vegetation der Sümpfe und des Wassers
der Schuljugend zur Anschauung gebracht wird. Die
Schulgärten könnten so angelegt werden, daß sie gleich-
zeitig der gesamten Bevölkerung als Quelle der Be-
lehrung dienen.
Je nach Größe der Einwohnerzahl hat man auf
eine Anzahl öffentlicher Spielplätze Bedacht zu nehmen,
die gleichzeitig zur Abhaltung von Volksfesten dienen.
Baumpflanzungen spenden den Zuschauern sowie den
erholungsbedürftigen Spielern wohltuenden Schatten.
Besonders charakteristische Landschaftsausschnitte
müssen erhalten bleiben und durch Anlage von Fuß-

Harry Maaß, Stuttgart: Studie zu einem Gartenstadtplatz. Lageplan.
Die eingeschriebenen Buchstaben geben die Standorte für die Bilder Seite 37—43 an.
 
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