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DIE GARTENKUNST.
X, 3
Walther Kiehl, Saaleck: Aufnahme aus dem Eichwald
bei Posen.
Dieser Teil wird, da hier das anerkannt gute und
einzige Wirtshaus liegt, faßt ausschließlich besucht
und ist besonders an Sonntagen übervölkert, während
der nördlich des Bahndammes gelegene
Teil von den Posenern ganz vernach-
lässigt wird, obgleich er nach meinem
Empfinden der landschaftlich schönere
Teil ist; doch hier gibt es nichts zu
essen und zu trinken.
Wie schon erwähnt, ist der Eichwald
von Posen durch einen angenehmen Spa-
ziergang durch die alte vierreihige Pappel-
allee leicht zu Fuß und zu Wagen zu
erreichen; ferner sorgt eine häufige Zug-
verbindung nach der direkt am Walde
gelegenen Station Luisenhain für die
Idinausbeförderung der bequemen Leute.
Leider ist über die herrliche Pappelallee
bereits das Todesurteil gesprochen; in
wenigen Jahren soll sie verschwinden.
Die Straße liegt, wie das angrenzende
Gelände im Hochwassergebiet der Warthe
und ist daher von einer rationellen Be-
bauung ausgeschlossen. Sie soll nun in
ihrer ganzen Länge hochwasserfrei gelegt
werden und so der Bebauung erschlossen
werden. Hier soll ein Landhausviertel erstehen — Zu-
kunfsträume. — Die schönste Gelegenheit zu einem vor-
nehmen Villenviertel hat man sich unbegreiflicherweise
in Posen entgehen lassen. Die Hänge, die sich von der
erwähnten Pappelallee hinauf nach Wilta ziehen, sind
wie geschaffen zu einer derartigen Anlage, doch dort
liegt das allerschmutzigste Viertel der Stadt. Ein
Zeichen, wie wenig planmäßig man bisher in Posen
in dieser Beziehung vorgegangen ist. Nun sollen mit
ungeheuren Kosten auf von Natur wenig dazu geeig-
neten Flächen, nicht allein hier, sondern auch auf dem
sorgfältigst eingeebneten und des alten schönen Baum-
bestandes fast völlig beraubten Festungsgeländes Villen-
viertel aus dem Boden gestampft werden. Doch zurück
zum Eichwald.
Der Eichwald war in früheren Zeiten zum Teil
im Privatbesitz eines Fürsten von Radziwill, dessen
Gemahlin, eine geborene Prinzessin Luise von Preußen,
diesen schönen Besitz den Posenern zugänglich machte.
Der Fürst, der seit der letzten Teilung Polens in Berlin
lebte, wurde 1815 zum kgl. Statthalter des Groß-
herzogtums Polens ernannt, das er bis zu seinem 1833
erfolgten Tode verwaltete. Das dritte Kind dieses
Paares war Prinzessin Eliesa, die einst Prinz Wilhelm
von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I. geheiratet
hätte, wenn nicht ein strenges Hausgesetz und höhere
Pflichten dem entgegengestanden hätte. Beide haben
den Eichwald oft zu ihren gemeinsamen Spazierritten
benutzt.
Die schon mehrmals erwähnte Pappelallee wurde
1830 zum Zwecke einer Kolonisation der dortigen
Gegend angelegt, doch bald wurden die Ansiedlungen
der häufigen Überschwemmungen wegen verlassen. Jetzt
nach fast IOO Jahren hat man einen ähnlichen Plan ge-
faßt, ob mit besseren Erfolg, soll die Zukunft lehren. —
Walther Kiehl, Saaleck: Aufnahme aus dem Eichwald bei Posen.
DIE GARTENKUNST.
X, 3
Walther Kiehl, Saaleck: Aufnahme aus dem Eichwald
bei Posen.
Dieser Teil wird, da hier das anerkannt gute und
einzige Wirtshaus liegt, faßt ausschließlich besucht
und ist besonders an Sonntagen übervölkert, während
der nördlich des Bahndammes gelegene
Teil von den Posenern ganz vernach-
lässigt wird, obgleich er nach meinem
Empfinden der landschaftlich schönere
Teil ist; doch hier gibt es nichts zu
essen und zu trinken.
Wie schon erwähnt, ist der Eichwald
von Posen durch einen angenehmen Spa-
ziergang durch die alte vierreihige Pappel-
allee leicht zu Fuß und zu Wagen zu
erreichen; ferner sorgt eine häufige Zug-
verbindung nach der direkt am Walde
gelegenen Station Luisenhain für die
Idinausbeförderung der bequemen Leute.
Leider ist über die herrliche Pappelallee
bereits das Todesurteil gesprochen; in
wenigen Jahren soll sie verschwinden.
Die Straße liegt, wie das angrenzende
Gelände im Hochwassergebiet der Warthe
und ist daher von einer rationellen Be-
bauung ausgeschlossen. Sie soll nun in
ihrer ganzen Länge hochwasserfrei gelegt
werden und so der Bebauung erschlossen
werden. Hier soll ein Landhausviertel erstehen — Zu-
kunfsträume. — Die schönste Gelegenheit zu einem vor-
nehmen Villenviertel hat man sich unbegreiflicherweise
in Posen entgehen lassen. Die Hänge, die sich von der
erwähnten Pappelallee hinauf nach Wilta ziehen, sind
wie geschaffen zu einer derartigen Anlage, doch dort
liegt das allerschmutzigste Viertel der Stadt. Ein
Zeichen, wie wenig planmäßig man bisher in Posen
in dieser Beziehung vorgegangen ist. Nun sollen mit
ungeheuren Kosten auf von Natur wenig dazu geeig-
neten Flächen, nicht allein hier, sondern auch auf dem
sorgfältigst eingeebneten und des alten schönen Baum-
bestandes fast völlig beraubten Festungsgeländes Villen-
viertel aus dem Boden gestampft werden. Doch zurück
zum Eichwald.
Der Eichwald war in früheren Zeiten zum Teil
im Privatbesitz eines Fürsten von Radziwill, dessen
Gemahlin, eine geborene Prinzessin Luise von Preußen,
diesen schönen Besitz den Posenern zugänglich machte.
Der Fürst, der seit der letzten Teilung Polens in Berlin
lebte, wurde 1815 zum kgl. Statthalter des Groß-
herzogtums Polens ernannt, das er bis zu seinem 1833
erfolgten Tode verwaltete. Das dritte Kind dieses
Paares war Prinzessin Eliesa, die einst Prinz Wilhelm
von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I. geheiratet
hätte, wenn nicht ein strenges Hausgesetz und höhere
Pflichten dem entgegengestanden hätte. Beide haben
den Eichwald oft zu ihren gemeinsamen Spazierritten
benutzt.
Die schon mehrmals erwähnte Pappelallee wurde
1830 zum Zwecke einer Kolonisation der dortigen
Gegend angelegt, doch bald wurden die Ansiedlungen
der häufigen Überschwemmungen wegen verlassen. Jetzt
nach fast IOO Jahren hat man einen ähnlichen Plan ge-
faßt, ob mit besseren Erfolg, soll die Zukunft lehren. —
Walther Kiehl, Saaleck: Aufnahme aus dem Eichwald bei Posen.