DIE GARTENKUNST.
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Stimmengewirr der letzten Jahre, bald geschickt in
einigen Zusammenhang gebracht, bald in unglücklich
abgerissenen Strophen oder mit peinlichen Dissonanzen
vorgetragen. Alles dies in verschiedensten Tonarten,
die meinem Empfinden nach meist nicht für den ge-
gebenen Zweck abgestimmt waren.
Neue Ideen und fast in Vergessenheit geratene
alte Motive haben in letzter Zeit bei uns Einzug ge-
halten — das ist eine erfreuliche Tatsache. Nicht
Formen. Es hat fast den Anschein, als wären viele
in dem gefährlichen Irrtum befangen, daß hierin kein
besonderer Unterschied zu sehen sei. Diese Unter-
scheidung ist aber von ganz außerordentlich großer
Wichtigkeit. Ihre Nichtbeachtung kann für die ge-
sunde Weiterentwickelung unserer Kunst verhängnis-
voll werden. Wer das nicht anerkennen mag, wer
aus Bequemlichkeit oder gar aus Geschäftsrücksichten
glaubt, jenen wichtigen Unterschied übersehen zu
deshalb etwa erfreulich, weil nun — wie mancher
ultrakonservative Fachmann befürchten möchte — alt-
bewährte Gartenformen als „unmodern“ aus der Welt
geschafft werden müßten, nein sondern deshalb, weil
wir reicher geworden sind an Ausdrucksmitteln für
unsere Kunst, weil wir mehr sagen können in unserer
Sprache. Aber die Beherrschung guter Wortbildungen
macht noch keinen Redner. Was er sagt ist von
größerer Bedeutung und das „Wie“ wird sich danach
zu richten haben. Was eine Anlage vorstellt, für
welchen Zweck sie geschaffen wurde, das soll sie
deutlich sagen und durch ihre Formen zum Ausdruck
bringen. Also zweckentsprechende Formen
müssen wir wählen, nicht aber modeentsprechende
müssen, dem möge als Warnung dienen die ab-
schreckende Erscheinung, die wir auf dem Gebiete
der fabrikmäßigen Massenproduktion von „Galanterie-
und Modewaren“ beobachten können, wo gedankenlos
die Formen guter neuerer Kunstwerke, ihres
inneren Zusammenhanges beraubt, verständnislos
nachgeahmt werden, um die urteilsschwache Menge mit
diesen „neuzeitlichen“ Erzeugnissen zu ködern. Hüten
wir uns daher vor dieser Gefahr, damit die „Förderung
der Gartenkunst“, „veredelnder Einfluß der Natur“,
„aufrichtige Heimatkunst“, „deutsche Volkserziehung“
und all die andern schönen Worte von heute zur Tat
reifen und nicht zu hohlen Phrasen herabsinken. Wir
wappnen uns erfolgreich gegen diese Gefahr durch
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Stimmengewirr der letzten Jahre, bald geschickt in
einigen Zusammenhang gebracht, bald in unglücklich
abgerissenen Strophen oder mit peinlichen Dissonanzen
vorgetragen. Alles dies in verschiedensten Tonarten,
die meinem Empfinden nach meist nicht für den ge-
gebenen Zweck abgestimmt waren.
Neue Ideen und fast in Vergessenheit geratene
alte Motive haben in letzter Zeit bei uns Einzug ge-
halten — das ist eine erfreuliche Tatsache. Nicht
Formen. Es hat fast den Anschein, als wären viele
in dem gefährlichen Irrtum befangen, daß hierin kein
besonderer Unterschied zu sehen sei. Diese Unter-
scheidung ist aber von ganz außerordentlich großer
Wichtigkeit. Ihre Nichtbeachtung kann für die ge-
sunde Weiterentwickelung unserer Kunst verhängnis-
voll werden. Wer das nicht anerkennen mag, wer
aus Bequemlichkeit oder gar aus Geschäftsrücksichten
glaubt, jenen wichtigen Unterschied übersehen zu
deshalb etwa erfreulich, weil nun — wie mancher
ultrakonservative Fachmann befürchten möchte — alt-
bewährte Gartenformen als „unmodern“ aus der Welt
geschafft werden müßten, nein sondern deshalb, weil
wir reicher geworden sind an Ausdrucksmitteln für
unsere Kunst, weil wir mehr sagen können in unserer
Sprache. Aber die Beherrschung guter Wortbildungen
macht noch keinen Redner. Was er sagt ist von
größerer Bedeutung und das „Wie“ wird sich danach
zu richten haben. Was eine Anlage vorstellt, für
welchen Zweck sie geschaffen wurde, das soll sie
deutlich sagen und durch ihre Formen zum Ausdruck
bringen. Also zweckentsprechende Formen
müssen wir wählen, nicht aber modeentsprechende
müssen, dem möge als Warnung dienen die ab-
schreckende Erscheinung, die wir auf dem Gebiete
der fabrikmäßigen Massenproduktion von „Galanterie-
und Modewaren“ beobachten können, wo gedankenlos
die Formen guter neuerer Kunstwerke, ihres
inneren Zusammenhanges beraubt, verständnislos
nachgeahmt werden, um die urteilsschwache Menge mit
diesen „neuzeitlichen“ Erzeugnissen zu ködern. Hüten
wir uns daher vor dieser Gefahr, damit die „Förderung
der Gartenkunst“, „veredelnder Einfluß der Natur“,
„aufrichtige Heimatkunst“, „deutsche Volkserziehung“
und all die andern schönen Worte von heute zur Tat
reifen und nicht zu hohlen Phrasen herabsinken. Wir
wappnen uns erfolgreich gegen diese Gefahr durch