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DIE GARTENKUNST.
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immer schärfere Unterscheidung zwischen zweck-
entsprechenden und modeentsprechenden
Formen.
In Erwägung solcher Gedanken wenden wir uns
wieder den Entwürfen des Wettbewerbs zu. Ich
glaube nicht fehlzugehen, wenn ich behaupte, daß die
Mehrzahl der Mode, die Minderzahl dem Zweck der
Anlage entsprach. Ob vielleicht der Abfassung des
Preisausschreibens, wie manche meinen, ein Teil dieser
Schuld zugeschrieben werden müßte oder welche Ent-
schuldigungsgründe geltend gemacht werden könnten,
wollte ich hier nicht ergründen, sondern nur zu zeigen
versuchen, welche Art der Platzbehandlung abzulehnen,
welche zu befürworten sei. Hierzu wurden mir in
zum Teil recht brauchbar wären, so paßten sie hier
nicht hin — sowohl in praktischer als auch ästhetischer
Hinsicht. Ohne auf eine Detailkritik des Entwurfes
näher cinzugehen, wobei etwa das störende Vorspringen
des Hauptbassins in die Flucht der beiden in Nord-
Südrichtung liegenden Wege zu beanstanden wäre,
möchte ich auf einen Fehler aufmerksam machen, der
die Folge der fälschlich angewandten Hausgartentonart
ist (Seite 65). Vielleicht hat es der Verfasser selbst
nicht gemerkt, daß die Pergola auf der netten Skizze
einen übermäßigen Pfosten von 0,85 m Dicke und
3,50 m Höhe erhalten hat, weil ein kleines gemütliches
Pergolamotiv von etwa 2,50 m Höhe und entsprechen-
der Pfostenstärke in Anbetracht der breiteren öffent-
„Was ich will“. Wettbewerbsentwurf für die Ausgestaltung des Nordmarktes in Dortmund. Ansicht.
liebenswürdigster Weise von drei Bewerbern die Ent-
würfe zur Verfügung gestellt, trotzdem ich zweien der
Herren bekennen mußte, daß ich ihre Arbeiten mit
dem Motto» „Was ich will“ und „Meine Idee“ als
Gegenbeispiele — natürlich ohne Namennennung —
benutzen würde. Für diese Selbstverleugnung im Inter-
esse der Sache spreche ich den beiden Herren hiermit
meinen besonderen Dank aus, zugleich aber auch
dem Herrn Architekten Oldemeyer-Bielefeld für die
Überlassung seines Entwurfes mit dem Motto: „Berg-
arbeiter“.
Der Entwurf „Was ich will“ (Seite 64) ist mir
ein charakteristisches Beispiel für eine unrichtige An-
wendung des intimen Hausgartenmotivs auf einen
öffentlichen Platz. Insbesondere im Fabrikarbeiter-
viertel der Stadt ist ein Tummelplatz für die Jugend
zweckmäßiger als eine wohlgepflegte häusliche Wohn-
anlage mit vielen lauschigen Lauben und blumen-
geschmückten Einzelgärten. Wenn diese andernorts
liehen Wege skrupellos zu einer Porta triumphalis ver-
größert wurde. Die Anmut des Grundmotivs muß da-
durch erheblich leiden, wenn nicht gar zerstört werden.
Denkt man sich in die beigefügte Skizze einen Men-
schen auf den 3,50 m breiten Weg eingezeichnet, so
wird man, meine ich, den Fehler zugeben müssen.
Dergleichen kühne Vergrößerungen oder Transposi-
tionen eines guten Motivs in andere Tonarten ver-
mindern fast immer seinen Wert. Um am Beispiel
zu zeigen, wie im großen so auch im kleinen dieselbe
Gefahr vorliegt, erlaubte ich mir auf diese Nebensache
genauer einzugehen.
Der zweite Entwurf mit dem Motto „Meine Idee“
(Seite 62) ist mir ein willkommenes Beispiel für die
Tonart des Feierlich-Pathetischen, was mir hier ebenso
wenig am Platze zu sein scheint, wie das vor-
her besprochene Hausgartenmotiv. Der tempelartige
Brunnenaufbau mit dem mächtigen 10 m hohen
Säulenrund, die strengen Formen des Parterres, die
DIE GARTENKUNST.
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immer schärfere Unterscheidung zwischen zweck-
entsprechenden und modeentsprechenden
Formen.
In Erwägung solcher Gedanken wenden wir uns
wieder den Entwürfen des Wettbewerbs zu. Ich
glaube nicht fehlzugehen, wenn ich behaupte, daß die
Mehrzahl der Mode, die Minderzahl dem Zweck der
Anlage entsprach. Ob vielleicht der Abfassung des
Preisausschreibens, wie manche meinen, ein Teil dieser
Schuld zugeschrieben werden müßte oder welche Ent-
schuldigungsgründe geltend gemacht werden könnten,
wollte ich hier nicht ergründen, sondern nur zu zeigen
versuchen, welche Art der Platzbehandlung abzulehnen,
welche zu befürworten sei. Hierzu wurden mir in
zum Teil recht brauchbar wären, so paßten sie hier
nicht hin — sowohl in praktischer als auch ästhetischer
Hinsicht. Ohne auf eine Detailkritik des Entwurfes
näher cinzugehen, wobei etwa das störende Vorspringen
des Hauptbassins in die Flucht der beiden in Nord-
Südrichtung liegenden Wege zu beanstanden wäre,
möchte ich auf einen Fehler aufmerksam machen, der
die Folge der fälschlich angewandten Hausgartentonart
ist (Seite 65). Vielleicht hat es der Verfasser selbst
nicht gemerkt, daß die Pergola auf der netten Skizze
einen übermäßigen Pfosten von 0,85 m Dicke und
3,50 m Höhe erhalten hat, weil ein kleines gemütliches
Pergolamotiv von etwa 2,50 m Höhe und entsprechen-
der Pfostenstärke in Anbetracht der breiteren öffent-
„Was ich will“. Wettbewerbsentwurf für die Ausgestaltung des Nordmarktes in Dortmund. Ansicht.
liebenswürdigster Weise von drei Bewerbern die Ent-
würfe zur Verfügung gestellt, trotzdem ich zweien der
Herren bekennen mußte, daß ich ihre Arbeiten mit
dem Motto» „Was ich will“ und „Meine Idee“ als
Gegenbeispiele — natürlich ohne Namennennung —
benutzen würde. Für diese Selbstverleugnung im Inter-
esse der Sache spreche ich den beiden Herren hiermit
meinen besonderen Dank aus, zugleich aber auch
dem Herrn Architekten Oldemeyer-Bielefeld für die
Überlassung seines Entwurfes mit dem Motto: „Berg-
arbeiter“.
Der Entwurf „Was ich will“ (Seite 64) ist mir
ein charakteristisches Beispiel für eine unrichtige An-
wendung des intimen Hausgartenmotivs auf einen
öffentlichen Platz. Insbesondere im Fabrikarbeiter-
viertel der Stadt ist ein Tummelplatz für die Jugend
zweckmäßiger als eine wohlgepflegte häusliche Wohn-
anlage mit vielen lauschigen Lauben und blumen-
geschmückten Einzelgärten. Wenn diese andernorts
liehen Wege skrupellos zu einer Porta triumphalis ver-
größert wurde. Die Anmut des Grundmotivs muß da-
durch erheblich leiden, wenn nicht gar zerstört werden.
Denkt man sich in die beigefügte Skizze einen Men-
schen auf den 3,50 m breiten Weg eingezeichnet, so
wird man, meine ich, den Fehler zugeben müssen.
Dergleichen kühne Vergrößerungen oder Transposi-
tionen eines guten Motivs in andere Tonarten ver-
mindern fast immer seinen Wert. Um am Beispiel
zu zeigen, wie im großen so auch im kleinen dieselbe
Gefahr vorliegt, erlaubte ich mir auf diese Nebensache
genauer einzugehen.
Der zweite Entwurf mit dem Motto „Meine Idee“
(Seite 62) ist mir ein willkommenes Beispiel für die
Tonart des Feierlich-Pathetischen, was mir hier ebenso
wenig am Platze zu sein scheint, wie das vor-
her besprochene Hausgartenmotiv. Der tempelartige
Brunnenaufbau mit dem mächtigen 10 m hohen
Säulenrund, die strengen Formen des Parterres, die