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DIE GARTENKUNST.
X, 11
abfinden. Er hat nachher wiederholt in Vorträgen und
Aufsätzen über den Garten und seine Reformbedürftig-
keit sich geäußert und auch dabei konnte man ihm in
vielem recht geben, wenn er oft auch über das Ziel
hinausschoß oder Dinge sagte, die vor ihm von anderen
schon besser gesagt worden waren. Für seinen Berggarten
habe ich aber nur ein Kopfschütteln gehabt! Ich weiß
nicht, worüber ich mich mehr verwundern sollte: über
den vollkommnen Mangel an Vertrautheit mit dem
Pflanzenmaterial, über die unzweckmäßige Geländeglie-
derung oder über die gänzlich vernachlässigte Pflege
des Gartens. Im Schatten hoher Bäume anstatt ge-
eigneten Unterholzes oder bodenbedeckenden Efeus
Blumenfelder mit Herbstastern, hochstämmigen Geranien
und Lantanen, Lobelien, Rudbeckien, Akonitum und
anderen Sachen, die zum Teil so schlecht entwickelt
waren, daß man gar
nicht erkennen konnte,
was es war! Merk-
würdige Treppen mit
Wangen aus glasierten
Ziegelsteinen, die, ein
halben Stein stark, teil-
weise aus den Bö-
schungen, in die sie
eingebaut waren, her-
ausragten. Am Ein-
gänge erst eine Treppe
hinauf, dann wieder
hinunter in einen blauen
Garten, bepflanzt mit
verwilderten Lupinen,
darin zwei Zierbrunnen
mit schmiedeiseren
Kuppeln, über deren
Zweck man sich nicht
klar wurde ! Die Bö-
schungen rechts und
links so steil, daß sie
gar nicht halten konnten; dem Eingang gegenüber
eine trocken aufgeführte Futtermauer mit allerhand
Unkräutern (Chelidonium, Mercurialis, Lamium, Linaria,
Alliaria) bewachsen und oben mit Mohn und Kapu-
zinerkresse bepflanzt. Ich denke, das dürfte ge-
nügen.
Eine wohltuende Ausnahme unter dem vielen Un-
erfreulichen bildete der Garten von Prof. Albin Müller,
von dem wir Seite 193 den Grundriß und Seite 191 u. 195
einige Ansichten bringen. Er hatte rechteckige Form
und wurde an der einen Seite durch das Gebäude für
angewandte Kunst, gegenüber durch das Gebäude für
die Architekturausstellung, vorn durch die Villenstraße
und auf der Rückseite durch eine Pergola begrenzt.
Sein Hauptstück bildete ein vertieft liegendes quadra-
tisches Wasserbecken, dessen Rückwand eine Mauer
bildet, auf der sich große Becken aus rotbrauen Kacheln
erhoben, die mit Blumen bepflanzt waren. Breite Li-
gusterhecken umsäumten die beiderseitigen Wege und Ra-
senstücke, während die Fläche vorn an der vorbei-
führenden Straße mit Blumenschmuck besetzt war.
Der Schöpfer des Gartens hat ihm eine recht klare
und übersichtliche Gliederung gegeben und sich gut
mit der schiefen Lage an der stark abfallende Straße
abgefunden. Ob die Ligusterhecken an den Wegen
wirklich so massig gehalten werden mussten, als sie es
tatsächlich waren (1 m breit), ob das Gebälk der Pergolen
an der Rückseite nicht etwas weniger kräftig gehalten
werden konnte und ob sich nicht die Flächen zu
beiden Seiten des Wasserbeckens horizontal hätten an-
legen lassen —t sie lagen nämlich ansteigend und daher
stieg auch die obere Begrenzungslinie der Liguster-
hecken an, was nicht recht mit der horizontalen Linie
der beiderseits den Garten begrenzenden Bauwerke zu-
sammenklappte — darüber soll nicht gestritten werden.
Der Gesamteindruck
war, wie auch aus den
Bildern ersichtlich ist,
ein sehr guter.
Sehr massives Ge-
bälk war auch zu den
Pergolen verwendet
worden, durch die
Olbrich die Rasenab-
hänge des Hochbehäl-
ters belebt und ge-
gliedert hatte. Ich ver-
mag wirklich nicht die
Notwendigkeit dazu
einzusehen. Um leich-
tem Schlingpflanzenge-
rank eine Stütze zu
bieten, dazu braucht
man doch wahrhaftig
solche Balken nicht!
Wenn man noch we-
nigstens die Zwischen-
räume zwischen den
Balken mit Lattenwerk zum Anheften der Pflanzen-
ranken überspannt hätte, anstatt mit Draht, der vom
Auge kaum wahrgenommen werden konnte. Die archi-
tektonische Gliederung der steilen Rasenböschungen
war recht gut getroffen, insbesondere die der Rück-
seite, wo die Mitte durch einen recht glücklich ge-
lungenen Treppenaufgang mit Brunnennischen usw. be-
tont-war. Nur wollte mir dieser verhältnismäßig ein-
drucksvolle Aufgang nicht recht zu der bescheidenen
Hintertüre passen, zu der er hinaufführte;
Schließlich sei auch noch der Ausstellung für Grab-
malkunst, veranstaltet von Dr. W. von Grolmann in
Wiesbaden, gedacht: eine kleine Friedhofsabteilung
mit einfachen, aber künstlerisch befriedigenden Denk-
steinen. Mit ihrer Vorführung war bezweckt, die den
Grabmalhandel beherrschenden Steinmetzfirmen wieder
künstlerischer Arbeit zuzuführen. Aber auch für die
Aufmachung der Grabstätten und die Einrichtung des
gesamten Gräberfeldes sollte die Ausstellung anregend
Hessische Landesausstellung 1908 in Darmstadt.
Ansicht des Hochbehälters mit dem rückseitigen Aufgang zum Gebäude
für freie Kunst.
DIE GARTENKUNST.
X, 11
abfinden. Er hat nachher wiederholt in Vorträgen und
Aufsätzen über den Garten und seine Reformbedürftig-
keit sich geäußert und auch dabei konnte man ihm in
vielem recht geben, wenn er oft auch über das Ziel
hinausschoß oder Dinge sagte, die vor ihm von anderen
schon besser gesagt worden waren. Für seinen Berggarten
habe ich aber nur ein Kopfschütteln gehabt! Ich weiß
nicht, worüber ich mich mehr verwundern sollte: über
den vollkommnen Mangel an Vertrautheit mit dem
Pflanzenmaterial, über die unzweckmäßige Geländeglie-
derung oder über die gänzlich vernachlässigte Pflege
des Gartens. Im Schatten hoher Bäume anstatt ge-
eigneten Unterholzes oder bodenbedeckenden Efeus
Blumenfelder mit Herbstastern, hochstämmigen Geranien
und Lantanen, Lobelien, Rudbeckien, Akonitum und
anderen Sachen, die zum Teil so schlecht entwickelt
waren, daß man gar
nicht erkennen konnte,
was es war! Merk-
würdige Treppen mit
Wangen aus glasierten
Ziegelsteinen, die, ein
halben Stein stark, teil-
weise aus den Bö-
schungen, in die sie
eingebaut waren, her-
ausragten. Am Ein-
gänge erst eine Treppe
hinauf, dann wieder
hinunter in einen blauen
Garten, bepflanzt mit
verwilderten Lupinen,
darin zwei Zierbrunnen
mit schmiedeiseren
Kuppeln, über deren
Zweck man sich nicht
klar wurde ! Die Bö-
schungen rechts und
links so steil, daß sie
gar nicht halten konnten; dem Eingang gegenüber
eine trocken aufgeführte Futtermauer mit allerhand
Unkräutern (Chelidonium, Mercurialis, Lamium, Linaria,
Alliaria) bewachsen und oben mit Mohn und Kapu-
zinerkresse bepflanzt. Ich denke, das dürfte ge-
nügen.
Eine wohltuende Ausnahme unter dem vielen Un-
erfreulichen bildete der Garten von Prof. Albin Müller,
von dem wir Seite 193 den Grundriß und Seite 191 u. 195
einige Ansichten bringen. Er hatte rechteckige Form
und wurde an der einen Seite durch das Gebäude für
angewandte Kunst, gegenüber durch das Gebäude für
die Architekturausstellung, vorn durch die Villenstraße
und auf der Rückseite durch eine Pergola begrenzt.
Sein Hauptstück bildete ein vertieft liegendes quadra-
tisches Wasserbecken, dessen Rückwand eine Mauer
bildet, auf der sich große Becken aus rotbrauen Kacheln
erhoben, die mit Blumen bepflanzt waren. Breite Li-
gusterhecken umsäumten die beiderseitigen Wege und Ra-
senstücke, während die Fläche vorn an der vorbei-
führenden Straße mit Blumenschmuck besetzt war.
Der Schöpfer des Gartens hat ihm eine recht klare
und übersichtliche Gliederung gegeben und sich gut
mit der schiefen Lage an der stark abfallende Straße
abgefunden. Ob die Ligusterhecken an den Wegen
wirklich so massig gehalten werden mussten, als sie es
tatsächlich waren (1 m breit), ob das Gebälk der Pergolen
an der Rückseite nicht etwas weniger kräftig gehalten
werden konnte und ob sich nicht die Flächen zu
beiden Seiten des Wasserbeckens horizontal hätten an-
legen lassen —t sie lagen nämlich ansteigend und daher
stieg auch die obere Begrenzungslinie der Liguster-
hecken an, was nicht recht mit der horizontalen Linie
der beiderseits den Garten begrenzenden Bauwerke zu-
sammenklappte — darüber soll nicht gestritten werden.
Der Gesamteindruck
war, wie auch aus den
Bildern ersichtlich ist,
ein sehr guter.
Sehr massives Ge-
bälk war auch zu den
Pergolen verwendet
worden, durch die
Olbrich die Rasenab-
hänge des Hochbehäl-
ters belebt und ge-
gliedert hatte. Ich ver-
mag wirklich nicht die
Notwendigkeit dazu
einzusehen. Um leich-
tem Schlingpflanzenge-
rank eine Stütze zu
bieten, dazu braucht
man doch wahrhaftig
solche Balken nicht!
Wenn man noch we-
nigstens die Zwischen-
räume zwischen den
Balken mit Lattenwerk zum Anheften der Pflanzen-
ranken überspannt hätte, anstatt mit Draht, der vom
Auge kaum wahrgenommen werden konnte. Die archi-
tektonische Gliederung der steilen Rasenböschungen
war recht gut getroffen, insbesondere die der Rück-
seite, wo die Mitte durch einen recht glücklich ge-
lungenen Treppenaufgang mit Brunnennischen usw. be-
tont-war. Nur wollte mir dieser verhältnismäßig ein-
drucksvolle Aufgang nicht recht zu der bescheidenen
Hintertüre passen, zu der er hinaufführte;
Schließlich sei auch noch der Ausstellung für Grab-
malkunst, veranstaltet von Dr. W. von Grolmann in
Wiesbaden, gedacht: eine kleine Friedhofsabteilung
mit einfachen, aber künstlerisch befriedigenden Denk-
steinen. Mit ihrer Vorführung war bezweckt, die den
Grabmalhandel beherrschenden Steinmetzfirmen wieder
künstlerischer Arbeit zuzuführen. Aber auch für die
Aufmachung der Grabstätten und die Einrichtung des
gesamten Gräberfeldes sollte die Ausstellung anregend
Hessische Landesausstellung 1908 in Darmstadt.
Ansicht des Hochbehälters mit dem rückseitigen Aufgang zum Gebäude
für freie Kunst.