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Die Gartenkunst — 10.1908

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Goecke, Theodor: Die Gartenkunst im Städtebau: Vortrag, gehalten in der Hauptversammlung des Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst in Mannheim 1907, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49258#0123

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DIE GARTENKUNST.

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wölken aus dem Laube in die Fenster
und Häuser, wenn die Bäume nicht ab-
gespritzt werden. Es heißt also Maß
und Ziel, vor allen Dingen Abstand von
den Straßenwänden halten. Kugelakazien
und Rotdorn mögen näher herangerückt
werden, sonst aber genügen selbst die
üblichen 5 bis 6 m nur in seltenen Fällen.
Dann packe man lieber alle die Baum-
reihen zusammen und mache einen ordent-
lichen Park daraus. Zu wirklichen Garten-
straßen bieten die Wege älterer Zeiten
zwischen den Hecken der Vorstadtgärten
nachahmenswerte Vorbilder, Promenaden
am Wasser entlang und zwar anbauungs-
fähige, wie in den Kurorten, wobei die
Zufahrt zu den Grundstücken hintere
Wirtschaftswege vermitteln. Gärtnerisch
sollte auch die Böschung an Eisenbahn-
dämmen behandelt, mindestens aber
durch Baumreihen verdeckt werden, wenn
öffentliche Straßen die Eisenbahn be-
gleiten, was allerdings nicht immer nötig
ist. Mehr oder minder fallen nun, wie wir gesehen
haben, die bisher besprochenen Anlagen städtischer
Gartenkunst unter den Begriff des „Dekorativen
Grüns“, wenn sie auch vielfach praktischen Neben-
zwecken dienen und zum Teil auch „Sanitäres Grün“
miteinschließen. Fein säuberlich müssen sie aber fast
alle aussehen und gestatten selten Tummelfreiheit der
Masse der Bevölkerung. Insbesondere den Gartenplatz
sucht gewöhnlich der beschauliche Spaziergänger, Sonn-
tags auch wohl die geputzte Bürgerfamilie auf, im
übrigen aber soll er als Schaustück der Gemeinde zur
Empfehlung und Verschönerung gereichen.
Demgegenüber steht nun das
Bedürfnis nach Einrichtungen für
Spiel und Sport, zur Errichtung von
Lauben und Verpachtung von Gärten
(Schrebergärten). Kiel und Chem-
nitz namentlich haben darin schon
viel in ihrem Stadtwalde geleistet
— in Groß-Berlin müssen Spiel-
plätze und Laubenkolonien immer
noch mit der fortschreitenden Be-
bauung den Standort wechseln. Be-
kannt sind Ihnen die weitläufigen
Volksparks in England, deren zahl-
reiche Entstehung zum Teil der
niemals aufgeteilte Gemeinbesitz der
Städte und zum Teil das niemals
erloschene alte germanische Boden-
recht ermöglichten und auch noch
heute ermöglichen. In dieser glück-
lichen Lage sind wir in Deutsch-
land nur in seltenen Fällen; wir
müssen uns mit viel wenigeren, oft
weit abgelegenen Grünanlagen be-

Schloßplatz in Stuttgart.
gnügen und doch wohnen wir weit gedrängter bei-
sammen. Uns fehlt es deshalb noch sehr an „Sani-
tärem Grün“. „Das Sanitäre Grün gehört nicht
mitten in den Staub und Lärm der Straßen, sondern
in das geschützte Innere großer, ringsherum ver-
bauter Baublöcke. Nur in größten Flächenmaßen
verträgt es das Freiliegen an der offenen Straße, wie
dies in den Villen- oder Cottage-Vierteln der Fall ist.
Diese vom Wagenverkehr wenig heimgesuchten Stadt-
teile mit ihren ununterbrochenen zusammenschließen-
den Baumpflanzungen gehören zweifellos auch in die
Gruppe des Sanitären Grün.“ (C. Sitte, Großstadtgrün).


Wohnhot an der Genthiner Straße in Berlin.
 
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