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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 77-149)

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Nr. 131 - Nr. 140 (7. Juni - 19. Juni)
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Montag, den 17. Funk 1-8S

Stt. 1«

schäften wie auch im Werk stnd mehrere hundert
heimische und auswärtige Handwerker tätig. An
den Aufräumungsarbeiten im Werk ist auch eine
Abteilung der Wehrmacht und Arbeitsdienst be-
teiligt.
Ueber den Menschenmassen, die am Sonntag
hinauspilgern an die Stätte, an der deutsche
Volksgenossen auf dem Felde der Arbeit ihr
Leben ließen, liegt tiefer Ernst. Kein unnötig
lautes Wort wird hörbar. Alles steht noch unter
dem Eindruck des furchtbaren Unglücks. Hier
und dort sieht man einen der verletzten Arbeiter,
den Kopf verbunden, den Arm in der Binde.
Immer wieder hört man fragen, wo noch gehol-
fen werden kann. Die Organisation des Hilfs-
werks ist jedoch so mustergültig von Partei, Be-
hörden und vom Werk geregelt, datz allen Er-
fordernissen und Wünschen entsprochen werden
konnte.
Bisher konnten 58 Tote geborgen wer-
den, von denen 38 bereits identifiziert wurden.
Zur Feststellung der Namen der übrigen Toten
sind alle Angehörigen von dem Werk zur Un-
glückszeit tätigen Personen aufgefordert worden,
sich sofort schriftlich oder persönlich bei der
Werksleitung in Reinsdorf zu meldem 96 Ver-
letzte befinden sich noch im Krankenhaus. Die
Leichtverletzten wurden bereits in häusliche
Pflege entlassen oder sind zu einem Teil, wie
bereits am Freitag berichtet wurde, an ihre
Arbeitsplätze zurückgekehrt.
DNB. Berlin, 15. Juni.
Am Dienstag, den 18. Juni 1935, dem Tage
der Beisetzung der Opfer des Unglücks in Reins-
dorf, setzen die staatlichen und kommunalen Ver-
waltungen, Anstalten und Betriebe, die Körper-
schaften, Anstalten und Stiftungen des öffent-
lichen Rechts sowie die öffentlichen Schulen die
Flaggen aufhalbmast.
Der Reichsminister für Volksaufklärung und
Propaganda erläßt folgenden Aufruf: „Das
ganze deutsche Volk trauert um die Kameraden
der Arbeit, die dem furchtbaren Schicksalsschlag
von Reinsdorf zum Opfer fielen. Die Bevölke-
rung gibt ihrem trauernden und ehrenden Den-
ken Ausdruck, indem sie sich durch Trauerbeflag-
gung am Beisetzungstage dem Vorgehen des
Reiches, der Länder und Gemeinden anschließt."
DNB. Berlin, 15. Juni.
Der Apostolische Nuntius Orsenigohat dem
Herrn Reichsminister des Auswärtigen, Frei-
herrn von Neurath, mündlich sein Beileid
aus Anlaß des Explosionsunglücks in Reinsdorf
ausgesprochen. Freiherr von Neurath hat dem
Nuntius seinen aufrichtigen Dank zum Ausdruck
gebracht.
Der Herr R e i ch s b i s ch o f hat den Präsiden-
ten der Kirchenkanzlei veranlaßt, in seinem Auf-
trag an die Obersten Landeskirchenbehörden an-
läßlich des furchtbaren Unglücks von Reinsdorf
folgendes Telegramm zu richten: Die Deutsche
Evangelische Kirche nimmt mit tiefer Bewegung
an dem Reinsdorfer Unglück und an dem Schick-
sal der Verletzten und Hinterbliebenen teil. Sie
bittet die Gemeinden, im morgigen Gottesdienst
ihre Teilnahme zum Ausdruck zu bringen und
Mittel der sonntäglichen Kollekte zur Linderung
der Not zur Verfügung zu stellen.

Die Aufbahrung der Opfer

DNB. Wittenberg, 17. Juni.
Die Toten liegen aufgebahrt in der Kapelle
der WASAG. Hier stehen die Särge in dem
von Kerzenschein erleuchteten Raum. Mitglieder
der Deutschen Arbeitsfront und Arbeitskamera-
den der Opfer halten stumme Ehrenwacht. Man
sieht Angehörige in tiefem Schmerz an einem
der Särge im Gebete verharren.
Dienstag nachmittag wird die Trauerfeier vor
dem Werk auf dem großen Gelände, das viele
tausend Menschen fassen kann, stattfinden. Die
Särge werden im Schatten der Bäume auf die-
sem Platz aufgebahrt werden. Ein Plan des von
der Gauleitung Halle-Merseburg mit der künst-
lerischen Ausgestaltung der Veisetzungsfeierlich-
keiten beauftragten Halle'schen Künstlers Rado-
jewski sieht rings um die Särge einen Ehrenhos
vor. Zehn Meter hohe Pylonen umrahmen die
Stätte der Toten. Die Hintere Front des Ehren-
hofes wird sechs hochaufragende Säulen zeigen,
in deren Mitte ein großes schwarzes Kreuz die
ganze Trauerstätte beherrschen wird. 500 Hor-
thensien in den verschiedensten Farben und Grün-
blattschmuck geben dem Ganzen einen besonders
feierlichen Rahmen. Gegenüber dem Ehrenhos

werden die Hinterbliebenen, die Vertreter der
Reichsregierung und die Trauergäste der Partei
und des Staates Platz nehmen. Formationen der
SA, PO, der Deutschen Arbeitsfront und aller
anderen Gliederungen werden den Ehrenhof säu-
men, auf dem auch die ganze Gefolgschaft der
Westfälisch-Anhaltinischen Sprengstoffwerke Aus-
stellung nehmen wird. Mikrophone und Laut-
sprecher sind angebracht, damit das gesamte
deutsche Volk in einer Reichssendung An-
teil nehmen kann an dieser Trauerfeier. Meh-
rere Hakenkreuzfahnen strit Trauerfloren schlie-
ßen die Trauerstätte ab.
Die Trauerfeierlichkeit ist auf 12 Uhr mittags
festgesetzt und dürfte etwa eine Dreiviertelstunde
dauern. Nach den Klängen des Trauermarsches
aus der „Eroica" werden die Geistlichen beider
Konfessionen, je ein Vertreter des Werkes, der
Partei und der Deutschen Arbeitsfront sprechen.
Wenn das Lied vom guten Kameraden verklun-
gen ist, nimmt ein Vertreter der Reichsregie-
rung das Wort. Der Trauermarsch aus der
„Götterdämmerung" und der Gesang der Natio-
nalhymnen schließen den feierlichen Akt.

Neu-s in Kürze

Der Führer und Reichskanzler hat dem König .
von Schweden zu seinem Geburtstag telegraphisch
seine Glückwünsche ausgesprochen.
Der Führer und Reichskanzler hat den thürin-
gischen Staatsminister Dr. Weber, der bisher
stellvertretender Regierungspräsident in Erfurt
war, durch Bestellung vom 27. Mai 1935 zum
Präsidenten der Negierung in Erfurt ernannt.
*
In der Sitzung der Staatslotteriedirektion am
Samstag wurde ein Gewinn von 100 000 RM.
auf die Nummer 120 822 gezogen. Das Los wird
in Achteln in Württemberg und in der anderen
Abteilung als Ganzes in der Provinz Hannover
gespielt.
*
Dr. Ley hat eine Anordnung erlassen, in der
er die Gauwalter der TAF. als Leiter der Ar-
beitskammern beruft.
*
Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist Sams-
tag um 22.45 Uhr unter Führung von Kapitän
Prüf; zu seiner sechsten diesjährigen Südameri-
kafahrt gestartet; sämtliche Plätze sind ausver-
kauft.
*
Am Samstag begann in Bad Brückenau
die Tagung der Reichsfachgruppenberater und der
Gaufachberater der Reichsfachgruppe Richter und
Staatsanwälte des Bundes Nationalsozialistischer
Deutscher Juristen; Reichsminister Dr. Frank
entwickelte in einer längeren Aussprache das
Kernproblem einer unabhängigen deutschen Recht-
sprechung.
Wie die politische Korrespondenz meldet, haben
die Verhandlungen, die der österreichische Bun-
desminister Stock inger in Budapest mit den
maßgebenden ungarischen Stellen zur Beseitigung
der Hemmnisse des österreichisch-ungarischen
Fremdenverkehrs führte, ein befriedigendes Er-
gebnis gehabt.
* s
Wie der diplomatische Mitarbeiter des „Darly
Herald" meldet, hat die Sowjetregierung bei der >

britischen Regierung Vorstellungen wegen des
geplanten westeuropäischen Luftpaktes erhoben.
*
Der kürzlich zum Botschafter ernannte bishe-
rige britische Gesandte bei der Nanking-Regie-
rung, Sir Alexander Cadogan, hat am Sams-
tag dem chinesischen Staatspräsidenten Linsen
sein Beglaubigungsschreiben überreicht; damit
hat die offizielle Erhebung der britischen diplo-
matischen Vertretung in China zur Botschaft
stattgefunden.
*
Der Sozialistische Gewerkschafts-
verband in Frankreich hat beschlossen,
die Verhandlungen mit dem Kommuni-
stischen Gewerkschaftsverband über die Wiederher-
stellung der gewerkschaftlichen Ein-
heitsfront wieder aufzunehmen.
*
Verhaftung eines Raubmörders
DNB. Wien, 14. Juni. Der von der Züricher
Staatsanwaltschaft wegen Raubmordes steckbrief-
lich verfolgte Joseph Rengel, der im soge-
nannten Hirschengraben bei Zürich eine Haushäl-
terin erwürgt hatte, wurde in Wien verhaftet.
Rengel ist tschechoslowakischer Staatsbürger und
hatte seinen Standort in Wien, von wo er von
Zeit zu Zeit in die Schweiz reiste, wo er stets
seine Raubzüge ausführte. In letzter Zeit hatte
er drei Stationskasfen der Schweizer Bundes-
bahnen ausgeraubt.
Hohe Kerkerstrafen für österreichische
Sozialdemokraten
DNB. Wien, 16. Juni. Ein Schwurgericht in
Leoben (Steiermark) hat heute in einem Hochver-
ratsprozeß gegen die Leiter einer sozialdemokra-
tischen Propagandastelle Franz Walch er und
Genossen das Urteil gefällt. Sämtliche fünf An-
geklagten wurden des Hochverrats schuldig
erkannt. Franz Walcher wurde zu zwölf Jahren
und die übrigen zu Kerkerstrafen in der Dauer
von ein bis sieben Jahren verurteilt.

Krühsommerliches aus -er MichshauptfiaSt

Pfingsten wie noch nie! Pfingsten ist nun ein-
mal die große Sommerouvertüre und will ent-
sprechend gefeiert sein. Schon die Woche vor dem
Fest gab es eigentlich nur ein Thema, das wirk-
lich interessierte: wir wird das Wetter zu Pfing-
sten? Man war durch den frostig kühlen Wonne-
monat Mai hier und da etwas besorgt, aber die
Optimisten behielten wieder einmal recht.
Die Berliner sind in der glücklichen Lage, ihre
Feste — und jedes Wochenende ist für sie ein
Fest — ganz nach Temperament und Veranlagung
zu begehen. Jede Geschmacksrichtung kommt
reichlich auf ihre Rechnung. Der Zug „ins
Grüne" ist natürlich vorherrschend. So nahm
denn wie Vorauszusehen, die Flucht aus der
Stadt gigantische Maße an. Die Reichsbahn und
die Berliner Verekhrsunternehmen stellen sich
nach ihren Erfahrungen entsprechend darauf ein,
wenn allein mit den Fernzügen 465000
Reisende die Reichshauptstadt verließen, um in
ihrer weiteren Umgebung Pfingsten zu feiern.
Die „weitere Umgebung" ist mit einem Wort
gesagt das ganze Deutsche Reich. Auf allen
Bergen, auf allen Flüssen, an der Oft- und an
der Nordsee, überall traf man die Bürger aus
Spree —Athen an.
Wessen Geldbeutel es nicht erlaubte, dem Zug
in die Ferne zu folgen, brauchte deshalb nicht zu
verzagen, schließlich bietet die Mark viele stille
und schöne Reize und ist leicht zu erreichen. Auf
allen Straßen und Wegen traf man die Wander-
lustigen, auf den Fahrstraßen hasteten
die Autos und Motorräder ihren Zielen
zu und auf den zahlreichen Seen, auf der Spree
und der Havel wimmelte es von Wasserfahrzeu-
gen, wie sie sich die kühnste Phantasie nicht ver-
schiedenartiger vorstellen kann. Denn die Ber-
liner haben nun einmal eine große Schwäche
fürs Wch-r.
Gs ist daher auch nicht weiter erstaunlich, daß

diejenigen Berliner, die auf dem durchaus zu
vertretenden Standpunkt stehen, zu Pfingsten fei
es in Berlin am schönsten, den Vororten zu-
streben, die am Wasser liegen, wie Grünau,
Friedrichshagen, Wannsee, um nur die besuch-
testen zu nennen. Wenn uns mitgeteilt wird, daß
an den beiden Pfingsttagen in Grünau 77 000,
in Friedrichshagen 72 000, in Wannsee 48 000
und Nikolassee 70 000 Fahrgäste die Bahnhöfe
verließen, so kann man sich den Betrieb in die-
sen Orten lebhaft vorstellen. Natürlich wurde
auch viel gebadet, doch mehr in der Luft und in
der Sonne, als in dem noch etwas kühlen Wasser.
Eine Tradition, die sich immer mehr einbür-
gert, find die Frühkonzerte zu Pfingsten, die sich
auch in diesem Jahr stärksten Zuspruchs zu er-
freuen hatten. Wenn worteilige Reporter kühn
behaupteten, Berlin sei zu Pfingsten „entvölkert"
gewesen, so muß dem widersprochen werden, denn
auch sämtliche Kaffeegärten in der Stadt selbst
waren überfüllt, in den „Zelten" ging es hoch
her, im Zoo stauten sich die Massen vor den
neuen Freigehegen der Strauße und Känguruhs,
die mit ihren Riesensprüngen viel Beifall ern-
teten.
*
Berlin wird neben seinen vorhandenen zwei
Dutzend Museen bald im Besitz auch eines Luft-
fahrtmuseums sein und damit einen lang-
jährigen Wunsch unserer Piloten erfüllen. Doch
während es sonst üblich ist, erst das Museum zu
bauen oder herzustellen und dann erst die auszu-
stellenden Gegenstände hereinzuholen, sehen wir
bei dem „Luftfahrtmuseum im Werden" den um-
gekehrten Weg. Was wir an historischen Flug-
zeugen aus dem Kriege und der Nachkriegszert
besitzen — bei den schnellen Fortschritten in der
Entwicklung des Flugzeuges ist es schon nach
wenigen Jahren museumsreif — ist im vorigen
Herbst in der Maschinenhalle des Landesausstel-

lungsparkes am Lehrter Bahnhof untergebracht,
und diese Halle wird jetzt zu einem Museum um-
gebaut. Auch der „Do X", dessen Tragflächen
schon in der Halle lagern, wird dort ebenso wie
die „Richthofenstaffel" Aufstellung finden, und
an Besuchern dieses aktuellsten Museums wird es
gewiß nicht fehlen. Dieses Jahr wi'-d allerdings
mit dem Umbau der Halle noch hingehen. Nach
ihrer Fertigstellung wird auch der Landesaus-
stellungspark, der seit Jahren in einen Dorn-
röschenschlaf versunken ist, zu neuem Leben er-
wachen.
Zu den historischen Gebäuden Berlins gehört
auch das Palais des alten Kaisers mit der be-
rühmten „historischen Ecke" unter den Linden.
Am dem Palais werden zur Zeit Instandsetzungs-
arbeiten vorgenommen und auch das Balkongit-
ter wird wieder in der alten Form erneuert. In
der Märzrevolution 1848 wäre der Palast fast
von der Menge gestürmt und dabei Wohl bös
demoliert worden, wenn nicht ein geistesgegen-
wärtiger Berliner mit Kreide an die Mauer des
Baues in großen Buchstaben „Nationaleigentum"
geschrieben hätte. Auch sollen die zahlreichen
Schußlöcher, die das Palais den Spartakisten von
1918 verdankt, nochmals gründlichst verputzt
werden.
*
Welcher Besucher der Ausstellung „Tas Wun-
der des Lebens" ist nicht von der „Lebens-
glocke" stark beeindruckt worden, die alle fünf
Minuten mit ihrem Schlage die Geburt von neun
deutschen Kindern verkündete, während die Sand-
uhr gleichzeitig symbolisch das Verrinnen von
sieben Menschen verkündete. Die „Lebensglocke"
soll nun auf einem der verkehrsreichsten Plätze
der Innenstadt, dem Dönhoffplatz, ihren dau-
ernden Stand finden und in dem Hasten und
Treiben der Reichshauptftadt als unaufdring-
liche aber eindringliche Mahnerin auf das Wer-
den und Vergehen eines Volkes Hinweisen. Ein
Volk lebt, so lange es will!

Da- deutsch-niederländische
Transferabkommen
DNB. Den Haag, 14. Juni.
Das am 12. d. Mts. im Haag abgeschlossene
deutsch-niederländische Transferabkommen regelt
die Behandlung von Zins- und Erträgnisforde-
rungen niederländischer Gläubiger, die unter
das deutsche Moratorium fallen, für die Zeit
vom 1. Juli 1935 bis zum 30. Juni 1936.
Es sieht wie das Ende Juni 1935 ablaufende
vorangehende Abkommen, eine teilweise Trans-
ferierung dieser Forderungen aus dem Erlös
gewisser zusätzlicher deutscher Ausfuhren nach den
Niederlanden, insbsondere von Lieferungen an
die niederländische öffentliche Hand, vor. Wäh-
rend nach dem bisherigen Abkommen die nieder-
ländischen Gläubiger 4,5 Prozent Zinsen in
Gulden ausbezahlt bekommen und der darüber
hinausgehende Zinsbetrag unter Anrechnung auf
das Kapital ebenfalls transferiert werden
sollte, sieht das neue Abkommen eine Daraus«
Zahlung von 3,5 Prozent Zinsen vor.
Darüber hinaus kann der niederländische Gläu-
biger für weitere 2 Prozent seines Zinsanspruchs
gegen Verzicht auf einen etwaigen Mehrbetrag
nach seiner Wahl 4prozentige Fundingsbonds
der Konversionskasse für deutsche Auslandsschul-
den oder eine Auszahlung in Reichsmark erhal-
ten, die er in Deutschland in gewissen Zahlun-
gen für eigene Rechnung (z. B. Reisen, Steuern,
Verwaltungskosten des deutschen Vermögens
u. dergl.) verwenden kann. Für Ansprüche aus
Zinsen und Kapitalbeteiligungen gilt eine ent-
sprechende Regelung. Auch die niederländischen
Inhaber von Dawes- und dounganleihestücken
erhalten künftig nur 3,5 Prozent transferiert
und für den Rest die sogenannte Dawes- und
Goldmark.
Die durch die Neuregelung eingetretene
Transferentlastung kommt dem deutsch-nieder-
ländischen Verrechnungsverkehr zugute. Eine
weitere Entlastung des Verrechnungskontos ist
auf dem Gebiet der Stillhaltezinsen in Aussicht
genommen, die bisher in völligem Umfang zu
Lasten des Verrechnungskontos an die niederlän-
dischen Stillhaltebanken ausgezahlt wurden.
Außerdem wird die niederländische Regierung
durch besondere, im Einvernehmen mit der deut-
schen Regierung getroffenen Maßnahmen dem
Verrechnungskonto neue Mittel zuführen. Ein
Teil dieser Mittel wird bereitgestellt werden,
um aufgrund eines besonderen Reiseverkehrsab-
kommens in beschränktem Umfange den Reise-
verkehr aus Deutschland nach den niederländi-
schen Seebädern zu ermöglichen.
Rücktritt der mexikanischen
Regierung
DNB. Mexiko, 15. Juni.
Im mexikanischen Kabinettsrat
forderte Präsident Cardenas am Freitag
abend den Rücktritt des Kabinetts, um freie
Hand zu erhalten zwecks Heranziehung neuer
Mitarbeiter. Die Minister besprachen sich und
erklärten am Samstag ihren Rücktritt. Man
vermutet, daß keiner der bisherigen Minister in
der künftigen Regierung, die voraussichtlich am
Montag gebildet werden soll, sitzen wird.
Deutschland und die Schweiz
Bundesrat Motta im Nationalrat
DNB Bern, 13. Juni.
Im schweizerischen National! at kam am
Donnerstag vormittag bei Behandlung des Ge-
schäftsberichts des politischen Departements
Bundesrat Motta auch auf die jüngste große
Rede des Reichskanzlers und Führers und auf
die Beziehungen zu Deutschland zu sprechen. Er
stellte mit Befriedigung fest, daß die durch die
Grenzverletzungen zeitweise gestörten Beziehun-
gen zu Deutschland heute wieder besser geworden
seien. Konsequent sei gegenüber allen Nach-
barn die Politik der Nichteinmischung durchge-
führt worden, und zwar gelte das sowohl für
Italien wie für Deutschland. In den Differen-
zen betreffend den Fall Jacob habe Deutschland
ohne jedes Zögern in die schiedsgerichtliche
Regelung eingewilligt. Die Ausführungen in
der Reichstagsrede des Kanzlers betreffend die
Schweiz seien dazu angetan, beruhigend zu wir-
ken. Als. der Kommunist Vodemann- Schaff-
hausen, der den Antrag auf Nichtgenehmigung
des letzten Völkerbundsberichtes wegen der Hal-
tung gegenüber Rußland stellte, versuchte,
deutsche Angelegenheiten und die Person Adolf
Hitlers in beleidigender Weise in die Debatte
zu ziehen, wurde ihm nach zweimaligen Ord-
nungsrufen vom Präsidenten das Wort ent-
zogen. Gegen die wüsten Protestrufe der Lin-
ken stimmte die große Mehrheit des National-
rates für die Wortentziehung.
Niederlage der Roten Truppen in der Provinz
Szetfchwan
DNB. Schanghai, 15. Juni. Nach Berichten
aus Tschöngtu haben die chinesischen Regierungs-
truppen in der Provinz Szetfchwan einen großen
Erfolg gegen die 1. und 3. Rote Division etwa
200 km südlich von Tschöngtu errungen. Die
Schlacht dauerte vom 11. bis 13. Juni. 600 Sol-
daten der Roten Truppen wurden getötet und
mehrere hundert gefangen genommen. Viele von
ihnen kamen auf der Flucht in einem Flusse nm.
 
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