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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Schiebelhuth, Hans: Psychologie des Heimsinns
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0075

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INNEN-DEKORATION

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PSYCHOLOGIE DES HEIMSINNS

jy \ an darf allgemein annehmen, daß die Ge-
j schichte der Zivilisation damit beginnt, daß
*r Mensch das »Werkzeug« entdeckte oder
and. Das Werkzeug, zunächst wirksame Fort-
zung oder Verlängerung des Arms — wurde
k e£enstand der Erkenntnis. Mit ihm, durch es
°nnte der tathafte, freie, kämpferische Geist die
n ? erobern und für den Menschen einrichten.
as Werkzeug ermöglichte es ihm, den Schritt aus
er feuchten, finstern, unwirtlichen Höhle in das
eile warme sichere Gewahrsam des Hauses zu
un- Es ermöglichte ihm, aus der gefahrvollen Ur-
andschaft die gefriedete, beraumte Flur mit Acker,
Weide und Wald, mit Straße und Stadt zu gestal-
ten. Das Heldenlied der Menschheits-Entwicklung
nandelt von nichts anderm als davon, daß das ir-
dischste der Erdengeschöpfe, der Mensch, sich die
Umwelt nach Möglichkeit »zurechtschafft«. Der
Sinn der Zivilisation ist das »Heimischer-Werden«
des überlegensten Geschöpfes auf der Erde.
Versucht man die seelischen Grundlagen zu be-
stimmen, die das Wesen mit dem Werkzeug zu

seinen Erkühnungen ermächtigt haben, so drängen
sich dem Denken sofort ganze Reihen von Fragen
auf. War das Werkzeug ursprünglich Waffe, also
Ausdruck des Abwehrwillens? der Angriffslust?
War es Furcht oder Übermut.was sich im Menschen
anfänglich regte? Oder war das Werkzeug Spiel-
zeug, Ausdruck des Behagens des halbwachen
Geschöpfs in der jungen, mütterlichen Welt? Oder
haben Unbehagen, Hunger, Frost, Scham den er-
sten Tätigungs-Drang erzeugt und geboren?
Liegt unsrer maßlosen Verwirklichung nur Selbst-
bestätigungs-Drang, Behauptungswille, Erhal-
tungstrieb zugrund? Dann dürfen wir die ver-
menschlichte Umwelt, das Heim, alle Zivilisation
als ein Zeichen des Siegs über das Chaos, als das
Symbol der »Schlichtung« erkennen.

Aber der Mensch ist nicht nur das Wesen mit
dem Werkzeug, er ist auch das Wesen mit dem
Traum. In seinen Mythen erschafft er das große
Bild seiner Wünsche: das Eden, das Paradies. Das
ewige Ziel klingt an: Zustand vor oder nach dem
Kampf, Zustand jenseits der trennenden Erkennt-
 
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