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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Kottje, Friedrich: Kunst und Wertgehalt: das seelische Erlebnis des Künstlers
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0451

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INNEN-DEKORATION

439

h1ldhauerin renee sintenis-berlin

selbstporträt-maske. photo: jacobi

KUNST UND WERTGEHALT

das seelische erlebnis des künstlers

Uber das bloß formale »Ordnungs-Gef üge« hin-
aus strebt der wertschaffende Lebenswille nach
Sinnerfüllung seiner gegenständlichen Um-
welt. Er will sie als »Qrganon« und Ausdrucksmittel
seiner Wertgehalte; daher der unendliche Reich-
tum der »Sinnes-Qualitäten«, die in Verbindung mit
den »Gestalt-Qualitäten« unserer gegenständlichen
Welt einen schier unerschöpflichen Ausdruckswert
verleihen, sie zum »Organon der Seele« machen. .
Erst dadurch wird unsere Anschauung beseelt, ver-
innerlicht, die in lebensfremder Veräußerlichung ent-
seelte gegenständliche Welt uns wieder nahe ge-
bracht. . Das Erlebnis des Künstlers in der »An-
schauung« der Welt bezieht sich auf diese beseelte
Anschauung, die überall nach Ausdrucks-Werten
fahndet; sie hat nichts zu tun mit jener entseelten,
kalten, greifenden, analysierenden, konstruierenden
Anschauung des intellektuellen Ordnungs-Denkens.
Diese künstlerische Anschauung der Dinge ist
mit Werte-Spannungen von größtem qualitativen
Reichtum und unerschöpflichem Gehalt geladen.

Nur den Künstlern ist der seelischeAusdrucks-
wert der Sinnesqualitäten stets klar gewesen.
Ihnen sind sie immer viel wirklicher, viel seiender ge-
wesen als die grauen Begriffs-Gespinste und Formen
des abstrakten Denkens der Wissenschaft. Sie haben
stets gewußt, daß in den » Q u a 1 i t ä t e n « erst die gegen-
ständliche Welt zu ihrem Sinn erwacht, daß es die
stumme Sprache der Dinge ist, mit der sie zur Seele
sprechen, um von ihr erlebt, verinnerlicht zu werden
und gleichsam heimzukehren in das wirkliche In-sich-
und Für-sich-Sein des Lebens. . Durch die »magische
Beseelung und Verinnerlichung des Gegenständ-
lichen« wird die Welt des Objektiven, das —, was sie
eigentlich überhaupt nur sein sollte: Werkzeug und
Ausdrucksmittel der Seele, Symbol des Lebens. Diese
magische Beseelung des Gegenständlichen, ihre Hin-
einbeziehung in die Welt der Seele wird nur selten er-
reicht. Ein dämonischer zerstörender Geist treibt die
Objektivationen weit über die Sphäre der Beseelungs-
Möglichkeit hinaus in eine kalte, Ich-fremde, entseelte
und daher verselbständigte Sphäre. . Friedrich kottje.
 
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