Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

DOI Artikel:
Kottje, Friedrich: Ausdruckswille und Intellekt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0370

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
358

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT BERNHARD PFAU-DÜSSELDORF BÜFETTWAND IM SPEISEZIMMER. RIO-PALISANDER

AUSDRUCKSWILLE UND INTELLEKT

Das innerste Wesen des Organischen sowie das
Verhältnis des schaffenden Lebens zu seinen
Schaffens-Produkten, zu seinen Ausdrucksformen
sind mit den Erkenntnisformen unseres im Räume
denkenden »Intellekts« nie zu erfassen. Das wis-
senschaftliche Denken in linearen Kausalreihen
streift noch nicht einmal die Oberfläche der Lebens-
Probleme. Die Analogie zu den planmäßigen techni-
schen »Konstruktionen« unseres Intellekts versagt
bei dem Organismus. . Die technische Konstruk-
tion ist wesenhaft eine »Zusammensetzung«, keine
Differenzierung von innen heraus; das intellektuelle
Bewußtsein steht seinem Objekt äußerlich gegenüber,
es lebt nicht in seiner Gestaltung.



DasschöpferischePrinzip ,das dem organischen
Werden und Gestalten zugrunde liegt, wirkt aus der
metaphysischen Ich-Tiefe herauf. Diese Materialisa-
tion eines bestimmten Lebens-Willens sind für den
Intellekt genau so »magisch« wie die sogenannten
okkulten Phänomene des »unbewußten« Seelenlebens.
Nur künstlerische Ausdrucks- und Gestal-
tungs-Prozesse, wo eine »Idee« sich verkörpert,

wo Formen irrationaler Wesensart aus den Tiefen
der Seele auftauchen, können dazu in Analogie ge-
stellt werden. Der Intellekt steht hier vor einem un-
durchdringlichen Geheimnis, weil er es immer nur
mit der »Analyse des Gewordenen« zu tun hat; er er-
faßt die »Teile«, die Beziehungen von Punkt zu Punkt,
die von seiner Aufmerksamkeit »diskontinuierlich«
fixiert werden. Das schöpferische Werden aber, die
schöpferische Umwandlung, die Umschmelzung eines
ganzen Organismus zu einem neuen Typus, der neue
Ausdruckswille, der in Zeiten der Wandlung sich
in neuen Formen manifestiert, bleibt, wie alles
Schöpferische, für den reinen, gegenständlichen In-
tellekt im Dunkel des »Unbewußten«.



Die eigentümliche Qualität des neuen Ausdrucks-
willens, die sich in einem Kunstwerk offenbart,
können wir nur durch unmittelbare »Einfühlung«
nach- und miterleben; wir erfühlen auch die magische
Wandlung, die dieser Ausdruckswille allen Elemen-
ten, welche er in seinem Gestaltungs-, seinem Organi-
sations-Prozeß sich assimiliert, mitgeteilt hat — wo-
durch in einem beliebig analysierten Teil stets das
 
Annotationen