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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Löwitsch, Franz: Raumwerte - Raumspannung, [2]: ein Beitrag zur Raumwissenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0440

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428

INNEN-DEKORATION

CLEMENS HOLZMEISTER. PALAIS KEMAL PASCHA

GEMÄLDE-GALERIE MIT BLICK ZUM INNENHOE

RAUMWERTE — RAUMSPANNUNG

EIN BEITRAG ZUR RAUM WISSENSCHAFT

Ethisch betrachtet, erscheint die Welt als Wille
zur Macht; ästhetisch: als Wille zur Form,
zur Erscheinung, zur Gestalt. . Mit dem Sehen
einer Erscheinung ist die Intention zu ihrem Bilde
da, der Wille: sie sehend zu gestalten. Das Maß, in
dem die Erfüllung dieses Wollens gelingt, ist identisch
mit der Befriedigung des »Willens zur Form«, ist
das Maß für den ästhetischen Wert der Erscheinung.
Ist die Intensität, mit der sich die Erscheinung dem
Beschauer aufdrängt, ist ihre Formungs-Energie, ist
die Kraft, ihr Wesen gestalthaft auszudrücken.



1 Der »Raumwert« ist der ästhetische Wert eines
Raumes, eines Raumteiles; ist die Intensität, mit der
er sein spezifisches Wesen uns aufdrängt, mit der
er uns bewußt wird, als eng oder weit, hell oder dun-
kel, als Arbeits- oder Ruheraum, als »um uns da-
seiend«, schützend, zwingend, befreiend: geschöpft
aus der unendlichen Tiefe des Raum-Erlebnisses, aus
der Summe der räumlichen Empfindungen, Gefühle,
Willens-Intentionen. Ist die Kraft, mit der ein Raum
sein Dasein und So-Sein zur Geltung bringt. Ist das
Maß, in dem etwas »räumlich« ist. .Vom »Unräum-

lichen« über die ersten unklaren Ballungen der Reize,
die das Dasein von etwas Räumlichem aussprechen,
über die Ausprägung der bestimmten Form — ver-
ständlich durch die sinnhafte Beziehung, die den
Raum an den Menschen bindet — sich steigernd bis
zum Höchstmaße des Räumlichen: des Raumes, der
dröhnt, der den Menschen packt und erschüttert. .
Vom chaotischen Ungeordneten bis zur klar organi-
sierten Welt —, von der raumlosen Gestaltung, die,
indifferent und selbst passiv, den Menschen passiv,
erlebnislos läßt — bis zum raumvollen, mit Raum-
werten geladenen, aktiven Raum, der den Men-
schen aktiviert, zur Tätigkeit zwingt, zur harmoni-
schen Fortsetzung der aus dem Raum stammenden
Tendenzen oder zum Gegenspannen und Widerstre-
ben, der ihn hereinzieht in den Wirbel seiner Strö-
mungen oder hinausschleudert. . Mit den positiven
und negativen Vorzeichen des Gefühles: drückend,
lastend, beängstigend, alle Gedanken und körper-
lichen Bewegungen durch Raum- oder Platzangst
hemmend — oder anregend, befreiend, steigernd. .
Aber ohne den Index »gut« oder »schlecht«. . Um
den »Raumwert« zu erfassen, gilt es, den Raum
 
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