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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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B., ...: Wiener Wohn-Kultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0234

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222

INNEN-DEKORATION

möbelfabrik carl bamberger-wien wohnschlafzimmer mit kleiderschrank

WIENER WOHN-KULTUR

Gibt es eine »Wiener Wohnkultur«? Der
Klärung innenarchitektonischer Probleme
geht man auch in Wien wie anderwärts auf neu-
en Wegen entgegen, — stellenweise den andern
den Weg zeigend. Seit alten Zeiten verspürt man
in Wien immer wieder die Lust, jegliche Aufgabe
auf eigene Weise zu lösen; bei allem Sinn für die
Forderungen und die Formung der Zeit fehlt nie
die »lokale Note«. Sie ist der Schlüssel zum Ver-
stehen wienerischer Wohnkultur, deren Wesen
vielleicht vornehmlich in einem Sinn für Leichtig-
keit der Form, Behaglichkeit und Wärme und in
einem Eingehen auf persönliche Wünsche beruht,
die man hierzulande immer hat. Man begreift, man
fordert Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit, — man
will aber auch Sinnenfreude, Anmut, Heiterkeit.
Und so werden hier Räume geschaffen, die schlicht
und doch gefällig, gepflegt und behaglich wirken:
sie finden den Einklang von modernem Geist und
traditioneller Bürgerkultur, die seit jeher Persön-
lichkeits-Kultur gewesen ist. . Die Abbildungen

(S. 222—226) geben einen Ausschnitt aus der Ar-
beit einer der Werkstätten Wiens, die im Wandel
der Zeit und der Richtungen durch die hohe Stufe
ihres handwerklichen Könnens und ihren Ge-
schmack die Bestrebungen um die zeitgemäße
Innenraum-Gestaltung immer vortrefflich vertre-
ten hat. . Was in diesen Räumen als Vereinigung
von wohnlicher Wärme mit Vornehmheit empfun-
den wird, läßt sich auf die Verschmelzung gegen-
sätzlicher Elemente zurückführen. Der klaren Li-
nienführung steht die Farbigkeit des Materials ge-
genüber, dessen Vielfalt dem Streben nach leben-
diger Ausdrucksform dient. Vom Linienspiel der
schönen Holzmaserung gleitet das Auge zu den
hellen Farben der Schleiflackflächen; von der
Schmucklosigkeit der Möbel heben sich die bun-
ten Stoffe ab: auch diese immer verhalten, leicht
und schwebend. Der Sinn für die Anmut der Li-
nie ist im Grunde nichts anderes als die Verkör-
perung eines echten Gefühls für Rhythmus: opti-
sche Äußerung der wienerischen Musikalität. . b.
 
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