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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Dacqué, Edgar: Verwirklichung durch Technik: Technik entspringt physisch-metaphysischer Notwendigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0202

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INNEN-DEKORATION

architekt karl d1rnhuber-wien anrichte in pyramiden-mahagoni

VERWIRKLICHUNG DURCH TECHNIK

technik entspringt physisch-metaphysischer notwendigkeit

Es wäre unsinnig, die »Technik« etwa mit der
Erfindung der Dampfmaschine, die ja die un-
mittelbare Ursache all der neuzeitlichen Kultur-
umwälzung ist, beginnen zu lassen. Auch nicht
mit dem Erwachen des rationalistischen Wissen-
schafts-Geistes im 15. Jahrhundert. Denn auch
schon vorher und zu allen Zeiten, in allen Völkern
hat dieser Geist des Menschen Häuser gebaut
und Städte, hat Wagen und Pflüge geschaffen
und Brunnen angelegt, hat Gebrauchs-Werk-
zeuge, Webstühle, Kriegswaffen, Töpfe gemacht,
und der Feuersteinsplitter des eiszeitlichen Men-
schen, den er sich zum Handgebrauch oder als
Wurfspitze zurechtschlug, ist auch das erste, und,
wie wir wissen, planmäßig und in Massen-Fabri-
kation hergestellte Produkt der Technik gewesen.

Wo beginnt also jene Technik, die wir allen-
falls romantisch verdammen, und wo endet jene,
die noch zur wohlgepriesenen guten alten Zeit
gehört und allenfalls unsere Billigung findet? .
Gehört der Pyramidenbau, bei dem Tausende
fronten, zur guten alten Zeit? Oder ist es keine,
unsere Staumauer-Bauten geradezu in Schatten
stellende Technik gewesen, wenn man die Welt-
stadt Babylon vor 7000 Jahren auf eine mehrere

Quadratkilometer umfassende Sockelfläche an-
legte, die man aus künstlichen Steinen mehrere
Meter hoch in der Euphrat-Niederung geschaffen
hatte, um sie vor Überschwemmung zu schützen? .
Seit es Menschen gibt, gibt es auch Technik.
Technik ist Äußerung, Wunsch und Wille des be-
wußten Geistes, ist »Verwirklichung« meta-
physischer Ideen und muß daher in seinem Wert
und Unwert rein aus diesem Geist heraus beurteilt
werden. . Insoweit gesteigerte, ja hochgetriebene
Technik jeweils Verwirklichung konstruktiver,
erfinderischer, die Materie gestaltender und bän-
digender Ideen ist — die zum selbstverständlichen
Lebenslauf einer Kultur gehören — ist sie, wie
diese selbst, aus physisch-metaphysischer Not-
wendigkeit entsprungen, gegen die es weder
ein Ja noch Nein gibt, — so wenig wie gegen Ge-
burt, Entwicklung und Altern.

So gilt von der Technik: soweit sie Gestaltung
innerer Idee ist, ist sie echte Kunst, ist sie Ver-
wirklichung: Darstellung jenseitiger Urbild-
haftigkeit in der Materie. Und sie ist gerade in
Bezug auf die Materie von einer Wahrhaftigkeit
und Ursprünglichkeit, die wir in der bildenden
Kunst vielfach verloren haben. . . edgar dacque.
 
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