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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Geron, Heinrich: Das Haus und der Baum
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0222

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210

INNEN-DEKORATION

DAS HAUS UND DER BAUM

Das Haus ist Menschenwerk und gehört wie
alles Menschenwerk einer selbstherrlichen,
einer aus dem geschöpf lichen Zusammenhang her-
ausgehobenen Formwelt an. Es ist gewußte und
gewollte Leistung, es ist zweckhaft und berech-
net ; der Mensch, der es gebaut hat, ist das Wesen,
das sich als Herr über die Erde gesetzt hat, des-
sen dunkle Formdränge und Gestaltungstriebe im
Licht der Erkenntnis und des praktischen Ziel-
willens geklärt sind.. Das Haus ist Konstruktion;
klarsinnig, gradlinig, scharfkantig, starr; streng
und nüchtern ist seine Gestalt. / Der Baum der
vorm Hause steht, der Strauch, der am Zaun auf-
schießt, sie gehören der geschöpflichen Formen-
welt an; unbewußt passen sie sich ihren Lebens-
notwendigkeiten an, ihr So-und-nicht-anders-Sein

vollzieht sich in heiliger Dumpfheit. Sie gedeihen,
werden und vergehen, sie treiben, grünen, blühen;
tragen Frucht und welken ab in ihrem eignen Ge-
heimnis. Ihre Formen haben den Adel der großen
»geschöpflichen Unschuld«. Die Gestalt des
Menschenwerks aber hat den Adel der »schöp-
ferischen Erkühnung«./Wunderbar, wie diese
beiden Formwelten zusammenklingen, sich in ei-
nem Akkord vereinigen und ergänzen können,
wenn das Rauschhafte der Naturform und die
Nüchternheit der konstruktiven Gestalt einander
zum Bilde binden, wenn das Menschenwerk in
seiner hellen, harten, geometrisch-gradwinkligen
Strenge die weiche, runde, gelöste Lieblichkeit
der Pflanzenformen strafft, und selbst dadurch hei-
terer, sinnlich bewegter, entnüchtert wird, h.geron.
 
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