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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Michel, Wilhelm: Der Architekt in der Kulturkrise: soziologische Grundlagen des Wohnungsbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0160

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148

INNEN-DEKORATION

PROF. ERNST SCHNEC'KENBERÜ-BERLIN

BLICK ZUR TREPPE IM DER HALLE SCH.

DER ARCHITEKT IN DER KULTURKRISE

SOZIOLOGISCHE GRUNDLAGEN DES WOHNUNGSBAUES

Architektonisches Schaffen als Beruf ist
k nur möglich, sofern eine gewisse Typik der
Wohnbedürfnisse und eine gewisse Dauer der
sozialen Schichtung gegeben ist. Mit beiden Vor-
aussetzungen ist das architektonische Gestalten
auf das »soziologische Gefüge« bezogen.
Man kann dieseVoraussetzungen auf eine gemein-
same Formel bringen: räumlich und zeitlich aus-
gedehnte Geltung bestimmter Wohnbedürfnisse,
das ist es, was dem Architektenberuf die erste
Grundlage liefert. Der eine Punkt betrifft in seiner
soziologischen Auswirkung die Klassen-Breite,
der andere die Klassen-Stabilität. Der eine deutet
darauf, daß der Architekt, auch wenn er für einen
einzelnen Menschen baut, immer mit einem Kön-
nen arbeitet, das auf einen bestimmten »Kanon«
von Wohnbedürfnissen bezogen und an ihm ent-
wickelt ist. Der andere deutet darauf, daß der
Architekt nie für den bloßen Augenblick, son-
dern stets zugleich eine Strecke weit in die Zu-
kunft hineinbaut. Er will das und er muß das
wollen, weil diese Beziehung auf die nächste

Zukunft zum »Feld« jeder menschenwürdigen
Berufsarbeit gehört. Ein Mensch, der sich und
seine Arbeit ernst nimmt, muß sich die Frage
stellen, wie sich seine Arbeit vor dem Urteil der
kommenden Stunde Gewähren wird. Er muß das
Bewußtsein haben können, die Zeit auf dem
rechten Wege voranzutreiben; sonst ist er nicht
voll als Mensch in seine Arbeit eingesetzt.

Nach beiden Richtungen hin konnte die bis-
herige soziologische Zuständlichkeit das Schaffen
der Architekten ausreichend unterbauen. Unter-
schiede der Wohnbedürfnisse von Schicht zu
Schicht lagen freilich vor. Aber sie waren so, daß
sie vielfach als bloße Unterschiede zwischen ver-
schiedenen Ausführungs-Arten aufgefaßt werden
konnten. Auch stilistische Umbildungen und Neu-
bildungen fanden dauernd statt. Aber sie erfolg-
ten jeweils in so langen Wellen, daß sie nicht
als Abbrüche und Umbrüche fühlbar wurden. .
Das hat sich heute grundlegend geändert. Die
soziale Schichtung zeigt heute eine schroffere
Gliederung als früher. Es geht dabei in Bezug auf
 
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