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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

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Lang, Hugo: Das Rechte Gerät
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0113

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INNEN-DEKORATION

101

DAS RECHTE GERÄT

Unterden volkstümlichen Erzählun-
gen der talmudischen Midrasch-
Literatur gibt es eine lehrreiche kleine
Geschichte, die uns hier angeht. Sie
lautet: »EinGleichnis von einem König,
der einen Freund hatte; ihm ließ der
König sagen: »Wisse, bei Dir will ich
zum Mahle sein; gehe und richte es
her für mich«. . Da ging sein Freund
und richtete her: gewöhnliches Lager,
gewöhnlichen Leuchter, gewöhnlichen
Tisch. . Als der König herankam,
kamen Diener mit ihm und trugen auf
dieser Seite und auf jener Seite Leuch-
ter aus Gold einher vor seinem An-
gesichte. Als sein Freund alle diese
Herrlichkeit sah, ward er beschämt
und verbarg alldas, was er für ihn ge-
richtet hatte, da es gewöhnliches Gerät
war. . Da sprach zu ihm der König:
»Ließ ich Dir nicht sagen, daß bei Dir
ich zum Mahle sein will; warum hast
Du nichts hergerichtet für mich?« .
Sprach sein Freund: »Ich hatte all die
Herrlichkeit gesehen, die mit Dir ge-
kommen war und ward beschämt und
verbarg alldas, was ich für Dich ge-
richtet hatte, da es gewöhnliches Gerät
war«. . Sprach zu ihm der König: »Bei
Deinem Leben! Ich ächte all mein
Gerät, das ich mitgebracht habe, und
bediene mich nur des Deinen, um

Deiner Freundschaft willen«......



Wie können wir hier die Grund-
Essenz dieser kleinen Geschichte für
uns deuten ? Enthält sie nicht im Grund
die schlichte Darlegung, daß »ge-
wöhnliches Lager, gewöhnlicher
Leuchter, gewöhnlicher Tisch«,
d. h. das schlicht gebaute, dem Wesen,
Stand und der Lebensform desMannes
entsprechende Hausgerät das rechte
Gerät ist? Es schafft die echte Um-
welt in der Behausung, in der sich auch
der hohe Gast wohlfühlt. Es bedarf
keiner falschen Repräsentation — sie
ist immer das Unechte und Unerfreu-
liche. . Und immer noch ist es die
Hauptaufgabe, diesem Ziele zuzustre-
ben: daß jeder sich so einrichte, wie
es seinem Stand und Wesen ge-
mäß ist. Und daß Hausgerät solcher
Art erzeugt wird, die es jedem er-
möglicht, seine Behausung in solchem
guten Geiste einzurichten. . . h. lang.

architekt carl moller-köln. schlafzimmer eines )ungen madchens
 
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