Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932
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https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0211
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Nowak-Rischowski, Edith: Das Wohnhaus eines Arztes: eine Arbeit von Professor Adolf Rading, Berlin
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XLIII. JAHRG.
DARMSTADT
JUNI 1932
DAS WOHNHAUS EINES ARZTES
EINE ARBEIT VON PROFESSOR ADOLF RADINO-BERLIN
Das »Haus eines Arztes«, das Adolf Ra-
di n g in Zwenkau bei Leipzig zu bauen hatte,
verrät in seinem schlichten und fast puritanischen
Äußeren nur wenig von dem besonderen Reiz
seiner räumlichen Gestaltung. Die Aufgabe war,
mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln nicht
eben bescheidenen Anforderungen an Wohnkul-
tur, Geräumigkeit und Ausstattung zu entsprechen.
Überdies handelt es sich nicht um ein privates An-
wesen, sondern die Ordinationsräume des Haus-
herrn mußten mitbedacht werden. . Aus der Be-
schränkung auf ein kleines Grundstück bei ge-
gebenen Raum-Erfordernissen erklärt sich die
Hochführung über drei Stockwerke. Der Baukör-
per — ein glatter, weiß verputzter Würfel — ist
aus Gründen der Sparsamkeit nicht gegliedert,
nur der Türkis-Anstrich der Fensterrahmen hebt
sich heraus; womit motivisch gleichsam angedeu-
tet wird, welche künstlerischen Mittel der Ge-
staltung an diesem Bau entscheidend wirken. Das
räumliche Wohlgefühl, die Wohnbarkeit dieses
Hauses ist nicht mit reichen materiellen Mitteln
erzielt, sondern mit wesentlich geistigen: mit einer
Grundkonzeption, die von Raumvorstellungen
und nicht vom Grundriß ausgeht, und mit der
Farbe als formgebendem und raumklärendem
Element. Von jeher hat Rading versucht, die Be-
engung kleiner Wohn-Einheiten durch große, wei-
te Gemeinschaftsräume aufzulösen. Und eben
solch ein »Gemeinschaftsraum«, eine zentrale
Wohn halle, ist der gedankliche und, was wich-
tiger ist, der räumliche Kern der Anlage. Die
Halle ist im Mittelgeschoß gelegen, da das Erd-
geschoß ganz und gar den ärztlichen Funktionen
vorbehalten bleibt und neben den Sprech- und
Wartezimmern nur noch Garage und Hausbesor-
gerwohnung enthält. Schlaf- und Kinderzimmer
nehmen das Obergeschoß ein, und im eigentlichen
Wohngeschoß, dem mittleren, Hegen nur Wirt-
schaftsräume neben der Halle, welche die ganze
Tiefe des Hauses ausfüllt. Mehrere gradwandige
und rechtwinklige Raumteile von verschiedenen
Abmessungen der Breite, Höhe und Tiefe sind zu
einer Einheit zusammengefügt und bei vielfältiger
Ausgestaltung in Farbe und Belichtung harmo-
nisch aufeinander abgestimmt. Von zwei Seiten
strömt Licht in die große Halle ein; der niedriger
gedeckte Teil kehrt nach der Straßenfront eine
Glaswand mit geätzten Scheiben. Gegenüber ist
die Gartenwand fast bis zur vollen Höhe der
1932. VI. 1.
DARMSTADT
JUNI 1932
DAS WOHNHAUS EINES ARZTES
EINE ARBEIT VON PROFESSOR ADOLF RADINO-BERLIN
Das »Haus eines Arztes«, das Adolf Ra-
di n g in Zwenkau bei Leipzig zu bauen hatte,
verrät in seinem schlichten und fast puritanischen
Äußeren nur wenig von dem besonderen Reiz
seiner räumlichen Gestaltung. Die Aufgabe war,
mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln nicht
eben bescheidenen Anforderungen an Wohnkul-
tur, Geräumigkeit und Ausstattung zu entsprechen.
Überdies handelt es sich nicht um ein privates An-
wesen, sondern die Ordinationsräume des Haus-
herrn mußten mitbedacht werden. . Aus der Be-
schränkung auf ein kleines Grundstück bei ge-
gebenen Raum-Erfordernissen erklärt sich die
Hochführung über drei Stockwerke. Der Baukör-
per — ein glatter, weiß verputzter Würfel — ist
aus Gründen der Sparsamkeit nicht gegliedert,
nur der Türkis-Anstrich der Fensterrahmen hebt
sich heraus; womit motivisch gleichsam angedeu-
tet wird, welche künstlerischen Mittel der Ge-
staltung an diesem Bau entscheidend wirken. Das
räumliche Wohlgefühl, die Wohnbarkeit dieses
Hauses ist nicht mit reichen materiellen Mitteln
erzielt, sondern mit wesentlich geistigen: mit einer
Grundkonzeption, die von Raumvorstellungen
und nicht vom Grundriß ausgeht, und mit der
Farbe als formgebendem und raumklärendem
Element. Von jeher hat Rading versucht, die Be-
engung kleiner Wohn-Einheiten durch große, wei-
te Gemeinschaftsräume aufzulösen. Und eben
solch ein »Gemeinschaftsraum«, eine zentrale
Wohn halle, ist der gedankliche und, was wich-
tiger ist, der räumliche Kern der Anlage. Die
Halle ist im Mittelgeschoß gelegen, da das Erd-
geschoß ganz und gar den ärztlichen Funktionen
vorbehalten bleibt und neben den Sprech- und
Wartezimmern nur noch Garage und Hausbesor-
gerwohnung enthält. Schlaf- und Kinderzimmer
nehmen das Obergeschoß ein, und im eigentlichen
Wohngeschoß, dem mittleren, Hegen nur Wirt-
schaftsräume neben der Halle, welche die ganze
Tiefe des Hauses ausfüllt. Mehrere gradwandige
und rechtwinklige Raumteile von verschiedenen
Abmessungen der Breite, Höhe und Tiefe sind zu
einer Einheit zusammengefügt und bei vielfältiger
Ausgestaltung in Farbe und Belichtung harmo-
nisch aufeinander abgestimmt. Von zwei Seiten
strömt Licht in die große Halle ein; der niedriger
gedeckte Teil kehrt nach der Straßenfront eine
Glaswand mit geätzten Scheiben. Gegenüber ist
die Gartenwand fast bis zur vollen Höhe der
1932. VI. 1.