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Von edlen und unedlen Werkstoffen
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10971#0043
INNEN-DEKORATI ON
31
»SCHLAFZIMMER« KLEIDER- UND WÄSCHESCHRANKE: WEISS UND VOGELAUGEN-AHORN MATT POLIERT. - WOHNUNG K. SCH.
VON EDLEN UND UNEDLEN WERKSTOFFEN
Manchmal fühlt man sich versucht, über den
Maßstab nachzudenken, nach welchem wir
edle und unedle Werkstoffe voneinander unter-
scheiden. Der Begriff des Edlen hat mit dem Begriff
des Hochwertigen zu tun, das zeigt sich bei solchem
Nachdenken alsbald. Aber die bloßen Nützlichkeits-
werte können dabei nicht gemeint sein. Kein Metall
ist nützlicher als das Eisen, aber ihm stellen wir
Gold und Silber als die edleren Metalle gegenüber.
Auch das Tannenholz werden wir nicht edel nennen
trotz seiner Tüchtigkeit und ausgedehnten Brauch-
barkeit. Kein Zweifel, daß uns gegenüber dem Tüch-
tigen und Brauchbaren eher das Feine, das Hoch-
gezüchtete als edel gelten wird, und selbst eine ge-
wisse Zartheit, ja Gebrechlichkeit kann unter Um-
ständen dem zu eigen sein, was wir als »edel« emp-
finden und bezeichnen. Gold hat nicht entfernt die
technische Festigkeit des Eisens, aber es besitzt da-
für andre Eigenschaften, die uns in unsrer Frage
vielleicht auf eine Spur helfen. Es hält z. B. seine
Reinheit viel tapferer fest als das Eisen, indem es
sich gegen die Oxydation und andre chemische Ein-
wirkungen sperrt; es spricht mit seinem sonnen-
ähnlichen Glanz menschliche Urempfindungen an;
es fügt sich mit seiner Zähigkeit und Schmiegsam-
keit den verwegensten Gedanken der formenden
Hand. Ist es nicht diese Verbindung von Charakter-
festigkeit mit einer gewissen »Geistigkeit« des Natu-
rells, was uns beim Gold als das Edle bewußt wird?
Wir nennen einen Menschen edel, wenn er in seiner
Art eine Festigkeit zu spüren gibt, ein Stehen auf
seinem inneren Gesetz; wenn er nicht bereitwillig
von einer Nützlichkeitserwägung zur andern »um-
fällt«, wenn er sich und anderen Treue zu halten
weiß und wenn er sich empfänglich zeigt für eine
Verpflichtung auf die Werte einer höheren, geistigen
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»SCHLAFZIMMER« KLEIDER- UND WÄSCHESCHRANKE: WEISS UND VOGELAUGEN-AHORN MATT POLIERT. - WOHNUNG K. SCH.
VON EDLEN UND UNEDLEN WERKSTOFFEN
Manchmal fühlt man sich versucht, über den
Maßstab nachzudenken, nach welchem wir
edle und unedle Werkstoffe voneinander unter-
scheiden. Der Begriff des Edlen hat mit dem Begriff
des Hochwertigen zu tun, das zeigt sich bei solchem
Nachdenken alsbald. Aber die bloßen Nützlichkeits-
werte können dabei nicht gemeint sein. Kein Metall
ist nützlicher als das Eisen, aber ihm stellen wir
Gold und Silber als die edleren Metalle gegenüber.
Auch das Tannenholz werden wir nicht edel nennen
trotz seiner Tüchtigkeit und ausgedehnten Brauch-
barkeit. Kein Zweifel, daß uns gegenüber dem Tüch-
tigen und Brauchbaren eher das Feine, das Hoch-
gezüchtete als edel gelten wird, und selbst eine ge-
wisse Zartheit, ja Gebrechlichkeit kann unter Um-
ständen dem zu eigen sein, was wir als »edel« emp-
finden und bezeichnen. Gold hat nicht entfernt die
technische Festigkeit des Eisens, aber es besitzt da-
für andre Eigenschaften, die uns in unsrer Frage
vielleicht auf eine Spur helfen. Es hält z. B. seine
Reinheit viel tapferer fest als das Eisen, indem es
sich gegen die Oxydation und andre chemische Ein-
wirkungen sperrt; es spricht mit seinem sonnen-
ähnlichen Glanz menschliche Urempfindungen an;
es fügt sich mit seiner Zähigkeit und Schmiegsam-
keit den verwegensten Gedanken der formenden
Hand. Ist es nicht diese Verbindung von Charakter-
festigkeit mit einer gewissen »Geistigkeit« des Natu-
rells, was uns beim Gold als das Edle bewußt wird?
Wir nennen einen Menschen edel, wenn er in seiner
Art eine Festigkeit zu spüren gibt, ein Stehen auf
seinem inneren Gesetz; wenn er nicht bereitwillig
von einer Nützlichkeitserwägung zur andern »um-
fällt«, wenn er sich und anderen Treue zu halten
weiß und wenn er sich empfänglich zeigt für eine
Verpflichtung auf die Werte einer höheren, geistigen