DOI Artikel:
Kropp, Ernst: Die Form des XX. Jahrhunderts, [2]
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10971#0346
INNEN-DEKORATION
»ZIMMER DER SÖHNE IN EINER LANDLICHEN WOHNUNO« - ENTWURF: ARCHITEKT HANS BUSER-BRUGG
WÄNDE U. BODEN: TANNENHOLZ, MÖBEL: MASSIV ESCHENHOLZ, TEPPICHE: DUNKELROT U. DUNKELBLAU
DIE FORM DES X!
VON PROFESSOR ERNST KROPP, STAATL.
Der Schiffbau, ob Ozeandampfer oder Luftschiff,
kann ebenso zum Kunstwerk gesteigert werden, wie
der Hausbau. Es muß uns nur noch klar werden, daß
es sich hier nicht um eine an den Ort gebundene, sta-
tische, organische Form, wie in der Architektur,
sondern um eine frei bewegliche organisch-lebendige
Gestalt und Schönheit in starrer Form handelt. Die
Plastik dieser Gebilde muß erst zum künstlerischen
Ausdruck heranreifen, und es darf, wie es jetzt noch
der Fall ist, nicht nur die innere Ausstattung als
Aufgabe der Kunst betrachtet werden. Mit der plasti-
schen Vollendung der neuen funktionellen Formen
treten wir in das Gebiet der Kunst, und wir sehen
am Beispiel der Insekten, daß wir ebenso in einer
künstlerisch anregenden Beziehung zur Natur stehen
können wie bisher, nur in anderen Formgesetzen,
im Organisch-Lebendigen der starren Form.
Zur Zeit sind wir beim Auto noch in einem Ent-
wicklungsstadium plastischer Einordnung. Einige
äußerlich angebrachte Zubehörteile müssen erst or-
X. JAHRHUNDERTS
AKADEMIE FÜR KUNSTGEWERBE, DRESDEN
(Schluß)
ganisch eingebaut und eingegliedert werden. Das Ge-
sicht des Autos z. B. besteht in der plastischen Lö-
sung von Kühler, Scheinwerfer und Kotschützer, an
der fast alle Firmen noch arbeiten. Ferner macht die
Eingliederung der Ersatzreifen noch viel Kopfzer-
brechen. Es muß hier erwähnt werden, daß die Lö-
sungen keine technischen Aufgaben, sondern ledig-
lich Schönheitsfragen sind, um die die Firmen heute
ringen und die rein nach dem Formgefühl gelöst
werden müssen.
Der neue Mensch fühlt, daß sein Bilden wenig Be-
ziehung zur alten Formenwelt hat, ja daß an seiner
ganzen neuen Gestaltung ein Schmücken im alten
Sinne unmöglich ist. Vor dem Kriege wurde in Berlin
der Versuch gemacht, die Autodroschken mit silber-
nen Weinranken zu bemalen, um die häßliche Form
etwas zu verschönern. Aber die Empörung ging so
weit, daß schließlich derartige Verschönerungen von
der Polizei verboten wurden.
Der Techniker hat bald eingesehen, daß mit Deko-
»ZIMMER DER SÖHNE IN EINER LANDLICHEN WOHNUNO« - ENTWURF: ARCHITEKT HANS BUSER-BRUGG
WÄNDE U. BODEN: TANNENHOLZ, MÖBEL: MASSIV ESCHENHOLZ, TEPPICHE: DUNKELROT U. DUNKELBLAU
DIE FORM DES X!
VON PROFESSOR ERNST KROPP, STAATL.
Der Schiffbau, ob Ozeandampfer oder Luftschiff,
kann ebenso zum Kunstwerk gesteigert werden, wie
der Hausbau. Es muß uns nur noch klar werden, daß
es sich hier nicht um eine an den Ort gebundene, sta-
tische, organische Form, wie in der Architektur,
sondern um eine frei bewegliche organisch-lebendige
Gestalt und Schönheit in starrer Form handelt. Die
Plastik dieser Gebilde muß erst zum künstlerischen
Ausdruck heranreifen, und es darf, wie es jetzt noch
der Fall ist, nicht nur die innere Ausstattung als
Aufgabe der Kunst betrachtet werden. Mit der plasti-
schen Vollendung der neuen funktionellen Formen
treten wir in das Gebiet der Kunst, und wir sehen
am Beispiel der Insekten, daß wir ebenso in einer
künstlerisch anregenden Beziehung zur Natur stehen
können wie bisher, nur in anderen Formgesetzen,
im Organisch-Lebendigen der starren Form.
Zur Zeit sind wir beim Auto noch in einem Ent-
wicklungsstadium plastischer Einordnung. Einige
äußerlich angebrachte Zubehörteile müssen erst or-
X. JAHRHUNDERTS
AKADEMIE FÜR KUNSTGEWERBE, DRESDEN
(Schluß)
ganisch eingebaut und eingegliedert werden. Das Ge-
sicht des Autos z. B. besteht in der plastischen Lö-
sung von Kühler, Scheinwerfer und Kotschützer, an
der fast alle Firmen noch arbeiten. Ferner macht die
Eingliederung der Ersatzreifen noch viel Kopfzer-
brechen. Es muß hier erwähnt werden, daß die Lö-
sungen keine technischen Aufgaben, sondern ledig-
lich Schönheitsfragen sind, um die die Firmen heute
ringen und die rein nach dem Formgefühl gelöst
werden müssen.
Der neue Mensch fühlt, daß sein Bilden wenig Be-
ziehung zur alten Formenwelt hat, ja daß an seiner
ganzen neuen Gestaltung ein Schmücken im alten
Sinne unmöglich ist. Vor dem Kriege wurde in Berlin
der Versuch gemacht, die Autodroschken mit silber-
nen Weinranken zu bemalen, um die häßliche Form
etwas zu verschönern. Aber die Empörung ging so
weit, daß schließlich derartige Verschönerungen von
der Polizei verboten wurden.
Der Techniker hat bald eingesehen, daß mit Deko-