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INNEN-DEKO RATION
VEREINIGTE WERKSTATTEN —MÖNCHEN »SCHLAFZIMMER« HELL KIRSCHBAUM MIT DOPPELTEM ROHROEFLECHT
BETRACHTUNGEN ÜBER EINE KOMMENDE ORNAMENTIK
VON PROF. ERNST KROPP, STAATL. AKADEMIE FQR KUNSTGEWERBE, DRESDEN
(Fortsetzung)
Das erste primitive und naive Schmücken der tung geworden ist. Leider blieb dieser reine Schmuck-
Gegenstände war bei fast allen Völkern dasselbe; trieb in den Anfängen stecken, weil er von dem Nach-
der gleiche spielerische Trieb wie in der Natur ist ahmungstrieb verdrängt wurde. Die Freude an der
hier zu erkennen. Unbewußt und ohne nach der bildlichen Schilderung hat schließlich das ganze
Natur zu schauen, äußert sich ein Verlangen, das Schaffen der Menschen durchdrungen. So wurde das
Material der Form zu beleben, und zwar mit densel- Schöne seiner Umwelt nicht nur zum Bild, sondern
ben einfachen Ausdrucksmitteln wie in der Natur auch zum Schmuck all seiner Dinge. Man kam zu der
wird versucht, mit bewegten Linien und geometri- Ansicht, daß die Gegenstände durch die schmücken-
schen Gebilden die Dinge zu schmücken. Diese den Darstellungen von Menschen, Tieren und Pflan-
Gegenstände zeugen noch vom reinen, unverdorbenen zen nicht nur verschönert würden, sondern daß erst
Schmucktrieb im Menschen und sind von einer Klar- dadurch das Ding zum Kunstwerk wird,
heit und Schönheit der Form, die in späteren Kunst- Je naturgetreuer aber diese schmückenden Beigaben
epochen nicht übertroffen wurde. wurden, desto mehr erwachten die Zweifel an der
Es darf uns nicht wundern, wenn dem neuen Men- Richtigkeit dieses Schmuckes. Der Konflikt von Sein
sehen gerade diese primitiv geschmückten Formen und Schein wurde dadurch fühlbarer. Man fragte
wieder gefallen, ja nahezu modern erscheinen, denn sich schließlich doch: Handelt es sich um die Schön-
sie sind seinem Formgefühl und seiner Formerkennt- heit der Vase oder um die Liebesszene in der Land-
nis verwandt. Im Urtrieb des Schmückens blieb die schaff, die auf die Vase gemalt ist? Handelt es sich
Wesensbestimmung der Dinge unverdorben und rein, um das Schöne, das wirklich Seiende der Vase oder
was auch heute wieder zum Grundsatz der Gestal- um die Kunst des Scheins im Bilde ?
INNEN-DEKO RATION
VEREINIGTE WERKSTATTEN —MÖNCHEN »SCHLAFZIMMER« HELL KIRSCHBAUM MIT DOPPELTEM ROHROEFLECHT
BETRACHTUNGEN ÜBER EINE KOMMENDE ORNAMENTIK
VON PROF. ERNST KROPP, STAATL. AKADEMIE FQR KUNSTGEWERBE, DRESDEN
(Fortsetzung)
Das erste primitive und naive Schmücken der tung geworden ist. Leider blieb dieser reine Schmuck-
Gegenstände war bei fast allen Völkern dasselbe; trieb in den Anfängen stecken, weil er von dem Nach-
der gleiche spielerische Trieb wie in der Natur ist ahmungstrieb verdrängt wurde. Die Freude an der
hier zu erkennen. Unbewußt und ohne nach der bildlichen Schilderung hat schließlich das ganze
Natur zu schauen, äußert sich ein Verlangen, das Schaffen der Menschen durchdrungen. So wurde das
Material der Form zu beleben, und zwar mit densel- Schöne seiner Umwelt nicht nur zum Bild, sondern
ben einfachen Ausdrucksmitteln wie in der Natur auch zum Schmuck all seiner Dinge. Man kam zu der
wird versucht, mit bewegten Linien und geometri- Ansicht, daß die Gegenstände durch die schmücken-
schen Gebilden die Dinge zu schmücken. Diese den Darstellungen von Menschen, Tieren und Pflan-
Gegenstände zeugen noch vom reinen, unverdorbenen zen nicht nur verschönert würden, sondern daß erst
Schmucktrieb im Menschen und sind von einer Klar- dadurch das Ding zum Kunstwerk wird,
heit und Schönheit der Form, die in späteren Kunst- Je naturgetreuer aber diese schmückenden Beigaben
epochen nicht übertroffen wurde. wurden, desto mehr erwachten die Zweifel an der
Es darf uns nicht wundern, wenn dem neuen Men- Richtigkeit dieses Schmuckes. Der Konflikt von Sein
sehen gerade diese primitiv geschmückten Formen und Schein wurde dadurch fühlbarer. Man fragte
wieder gefallen, ja nahezu modern erscheinen, denn sich schließlich doch: Handelt es sich um die Schön-
sie sind seinem Formgefühl und seiner Formerkennt- heit der Vase oder um die Liebesszene in der Land-
nis verwandt. Im Urtrieb des Schmückens blieb die schaff, die auf die Vase gemalt ist? Handelt es sich
Wesensbestimmung der Dinge unverdorben und rein, um das Schöne, das wirklich Seiende der Vase oder
was auch heute wieder zum Grundsatz der Gestal- um die Kunst des Scheins im Bilde ?