Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 50.1939

DOI article:
Möbel und Teppich
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10971#0047

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
INNEN-DEKORATION

35

»TEETISCH IM DAMEN-WOHNZIMMER« GLASAUFLAGE CHAMPAGNERFARBIG GESTRICHEN, FASSE GEDREHT MIT SPIRALE

aber dafür um so inniger zusammen. Er spielt bei ge-
schickter Verwendung ein ganzes Netz eigener Be-
ziehungen, Akzente, leiser Gegensätze in den Raum.
Nicht nur das Stück Boden, das er buchstäblich be-
deckt, sondern auch den »Luftraum«, der darüber ist,
ergreift er mit seinen verschwiegenen organisierenden
Winken. Er wirkt nicht nur in der Dimension der
Fläche, sondern auch in der des Kubus. Er bezeich-
net ein kubisches Raumglied nicht ganz so deutlich
wie etwa ein Baldachin, aber er sendet zarte Raum-
grenzen durchsichtig in die Luft, baut unsichtbar
von unten ein Zelt. Seine Wirkung kann auch dyna-
mischen Charakter annehmen, indem er bestimmte
Wege bezeichnet, die im Raum zu gehen sind. Er
bildet Brücken zwischen Eingangstür und Raum-
mitte, zwischen Schreibtisch und Fensterplatz, und
von dieser Funktion stammt wohl die Bezeichnung
»Brücke« ab, die man den kleineren rechteckigen und
klar bordierten Teppichen gibt. In solcher Verwen-
dung ist der Teppich das vorzüglichste Mittel, uns die
Dingwelt im Raum als eine belebte Landschaft emp-
finden zu lassen, heiter und reizvoll im Zusammen-
spiel der verschiedenen Elemente; und nicht umsonst

wird seit alter Zeit die bewachsene Flur draußen um-
gekehrt mit dem Teppich im Zimmer verglichen.
Aber schön ist auch die gleichsam architektonische
Wirkung, die ein Teppich gerade dann entfalten
kann, wenn er ruhig in der Raummitte liegt, ohne
besondere Beziehung zu einzelnen Möbeln oder
Möbelgruppen. Er bildet dann einen »Hof«, eine
heitere klare Fläche, zu der sich die Möbel wie eine
Umwandung verhalten.

Alle diese Dienste des Teppichs werden dann noch
vielfach modifiziert durch Struktur des Gewebes,
durch Farbe und Ornamentierung. Von der feinen
Bastmatte bis zum dicken Schafwollteppich gibt es
eine schier unendliche Skala von Tastempfindungen,
die ein Teppich ausströmen kann, die sich abstufen
und reizvoll im Raum kombinieren lassen. Wie
schön schickt sich zu hellem Eschen- oder Birnbaum-
holz der moderne Handknüpfer mit seiner echten,
gediegenen Textur, zu einem behaglichen Polster-
möbel das krause Vlies eines ungeschnittenen Flor-
teppichs! Und gerade in hellen modernen Räumen
mit warmtoniger Tapete und einheimischen Möbel-
hölzern lassen sich durch Teppiche fröhliche Farben-
 
Annotationen